Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
haben alle Stützpunkte dieser Schatten-Vatwaka plattgemacht, aber aus denen war nichts rauszubekommen. Erst mithilfe eines Plans, den sie in deiner Manteltasche fanden, und ominösen Informationen von einem Typen namens Carlos konnten sie schließlich den Ort ausfindig machen, an dem du gefangen gehalten wurdest. Den Rest kennst du.“
„Die Erben haben den Orden komplett zerschlagen?“, fragte ich beeindruckt. „Nur wegen mir?“
„Die Erben, zusammen mit den Neristas und den anderen ‘Shimet, die hier wohnen. Die haben anscheinend einen exzellenten Musikgeschmack, wusstest du das?“
Ich nickte müde und Polly fuhr fort: „Jedenfalls hast du offenbar bei ziemlich vielen Leuten einen Stein im Brett. Ainia sagt, dass sie Louis nur mit Mühe davon abhalten konnten, die Sache im Alleingang zu erledigen, so außer sich war er. Und nun versteht er natürlich nicht, weshalb du ausgerechnet ihm eine Audienz verweigerst.“
„Weil …“
Ja, weil? fragte mein Herz.
„Weil ich den dringenden Verdacht habe, dass er es überhaupt nicht ernst mit mir meint.“
Was sich mit dem, was du eben gehört hast, überhaupt nicht in Einklang bringen lässt, stellte mein Verstand fest.
Ich merkte, dass ich emotional immer noch in der steinernen Zelle festsaß und in meiner Hilflosigkeit und Unsicherheit verharrte.
Du bist nicht mehr hilflos. Du kannst einfach rausgehen und alles mit ihm klären.
„Wie kommst du nur darauf?“ Polly schüttelte ungläubig den Kopf. „Der Mashim hat sein Leben für dich riskiert. Mehrfach.“
Zögernd erzählte ich ihr von unserem traumhaften Wiedersehen und dem herben Erwachen, als ich Celestes Haar entdeckt und das Funkgespräch zwischen Louis und ihr belauscht hatte.
„Ell, du musst mit ihm reden. Bitte.“
„Na gut. Später. Morgen. Vielleicht.“ Ich fühlte mich noch nicht gewappnet für die Wahrheit. Lieber noch eine Weile in der ahnungslosen Grauzone, im Zwielicht verharren. Ich konnte auf Helligkeit verzichten, wenn ich nur keine Dunkelheit riskieren musste.
„Nein, jetzt!“, widersprach Polly entschieden und stand auf. „Ainia hat mir erzählt, dass du nun schon seit drei Wochen hier vor dich hinvegetierst. Deshalb hat sie mich geholt. So kann es nicht weitergehen.“
„Nein, Polly, bitte“, flehte ich und griff eilig nach ihrer Hand, um sie aufzuhalten.
„Sprich mit ihm.“
Ell, lass es. Und falls du es doch irgendwie nach draußen schaffen solltest … Halt dich einfach raus aus meinem Leben, okay? sagte Louis.
„Ich kann noch nicht –“
„Vertrau mir.“ In ihrem drängenden Blick spiegelten sich Reue über verpasste Chancen und Hoffnung auf Glück, auch wenn es nicht ihres war.
Es wird nichts mehr Schreckliches passieren, okay? Wir lassen es einfach nicht zu, sagte Louis.
Zögernd gab ich nach und nickte.
Was soll’s. Schlimmer als sechs Tage da unten kann es nicht werden.
Nachdem Polly nach einer weiteren Umarmung das Zimmer verlassen hatte, dauerte es maximal eine Minute, bis Phoenix an die Tür klopfte und fragte: „Ell? Da ist –“
„Lass ihn rein.“
Da ich nicht wusste, wohin, blieb ich auf dem Bett sitzen und konzentrierte mich auf den ocker-azurblau-gestreiften Teppich zu meinen Füßen. Ich hörte, wie sich vorsichtige Schritte näherten.
„Ell?“ Louis’ Schatten schob sich in mein Blickfeld, dann zerstörte er meine freie Sicht auf die Teppichstreifen, indem er sich vor mich hinkniete. Nun waren wir auf Augenhöhe, aber ich blickte nicht auf, beobachtete nur wie aus tausend Kilometern Entfernung, dass er meine Hände in die seinen nahm und sie drückte.
„Ell. Schau mich an.“
Das klang so flehend, dass ich einen winzigen Blick riskierte – und an seinem hängenblieb. Polly hatte recht gehabt: Louis sah wirklich erledigt aus. Dunkle Schatten umgaben seine Augen, er war blass und schlecht bis gar nicht rasiert. Trotzdem machte mein Herz einen kleinen, unbedachten Hüpfer.
Status fertig/trotzdem sexy. Kennen wir schon, bemerkte es.
„Es tut mir unendlich leid, was passiert ist. Ich verstehe, dass du sauer bist, aber ich habe wirklich angenommen, das Bahnhofsgebäude sei sicher.“
Dachtest du, sie hätte ihre Bürsten nur im Wochenendchalet auf dem Lande verteilt oder was?
„Wenn ich gewusst hätte, dass ihr eine Fehde mit dem Orden habt und dass sie tatsächlich so dreist sein würden, in das Bahnhofshaus einzudringen und dich zu entführen, hätte ich dich doch keinen einzigen Schritt alleine –“
„Sie sind
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