Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme
Wort gesprochen und war verschwunden, sobald Suradets Handlanger auftauchten.
»Der Seedämon mit seinen Riesenscheren hatte gerade nach ihm schnappen wollen, da beschwor diese Landratte einen Wirbelsturm herauf und verschwand. Weggeflogen ist er mitsamt seinem Schiff, dieser Hundsfott!«
Rian atmete erleichtert auf. Dann hatten also auch Pirx und Grog überlebt. Sie war sicher, dass Arun mit den beiden einen Handel geschlossen hatte; sie waren gewieft und würden sich nicht so schnell irgendwo aufknüpfen lassen. Also bestand immer noch Hoffnung auf Rettung.
Das Schiff bewegte sich nur mehr träge schaukelnd vorwärts, Rian sah es an der Öllaterne an der Decke. Der Hafen musste nah sein und damit auch der Moment, in dem die Piraten der Prinzessin ihr weiteres Schicksal offenbaren würden.
Nervös ging sie in der Kajüte auf und ab. Die geknoteten Schnürenden der Hose schleiften dabei hinter ihr her über den Boden und schienen Schnickschnacks Aufmerksamkeit zu fesseln. Der Blick seiner kleinen bernsteinfarbenen Augen folgte den springenden Knoten. Schnickschnack reckte den Hals vor, legte die Flügel an und machte sich damit noch dünner, als er sowieso schon war. Plötzlich schoss er vor und stürzte sich auf die Enden der Lederbänder wie ein Habicht auf die Beute.
Rian fuhr zusammen und kickte das gefiederte Tier reflexartig mit einem kräftigen Tritt in die nächste Ecke. Schnickschnack kreischte erbost auf und griff sie an. Zu ihrer Verteidigung blieb der Elfe nichts anderes übrig, als nach allem zu greifen, was erreichbar war, und nach ihm zu werfen.
Die Tür zur Kajüte wurde aufgerissen, Alriego stand im Rahmen. »Was ist denn hier los?«, fragte er brummend und blies seinen schnaufenden Atem durch die borstigen Barthaare.
Schnickschnack rappelte sich kläglich krächzend auf, hüpfte auf einem Bein über den Boden und hinauf aufs Bett.
»Er wollte mir die Zehen abhacken!«, antwortete Rian halb im Scherz.
Statt dass sich der Papagei aufplusterte, knabberte er deutlich verlegen an seinen Krallen herum. »Die Bommeln haben einfach so verführerisch gezappelt und gezuckt«, sagte er schließlich kleinlaut. »Auch wenn ich nicht mehr essen und nicht mehr trinken muss, erinnere ich mich dennoch daran, wie es war, als ich frei und ungebunden in den Bäumen hockte, mich an frischen süßen Früchten satt gegessen und hin und wieder einem Wurm nachgejagt habe.«
Auch Schnickschnack hat also eine Vergangenheit aus schöneren Tagen,
dachte Rian und stieg vom Stuhl.
»Sind wir da?«, fragte sie den Walrossmann. Mit ihm hätte sie gern noch einige andere Dinge angestellt: ihn beispielsweise langsam auf offener Flamme geröstet oder in einen Mörderameisenhaufen geworfen. Ihr fielen eine Menge unangenehme Todesarten ein. Doch sie würde Alriego nicht die Genugtuung ihres Hasses geben. Rian stand in königlicher, unnahbarer Haltung vor ihm, die Miene ausdruckslos.
Alriego sah sie lange an und nickte dann langsam.
Zurück an Deck, kam Rian nicht mehr aus dem Staunen heraus. Sie hatte eine Stadt erwartet, vielleicht ein wenig kleiner und heruntergekommener als Temasek, aber das, was sich auf dem Wasser bis zur Insel Langkawi ausbreitete, glich eher einem riesigen Flickenteppich. So weit das Auge reichte, schwamm ein Boot neben dem anderen; kleine und große, in jeder erdenklichen Farbe und Form. Die Palette reichte von einfachen Floßbauten, auf denen genau wie auf dem Jermal eine Wellblechhütte stand, bis hin zu Mehrmastern, deren Segel zu Dachplanen umfunktioniert worden waren. Dicht an dicht drängten sich die Kähne aneinander, viele nur mit Tauen und schmalen Planken verbunden. Elfen jeder Couleur drängelten und liefen über die Stege, die teils auf Pfählen und teils wie Hängebrücken zwischen den Schiffsbehausungen vorbei und von der schwimmenden Welt zum Festland führten.
»Willkommen in Langkawi, der Stadt der Seezigeuner und Heimat der Orang Laut«, sagte Alriego mit einem ausladenden Schwenker seiner Armflosse. Es klang feierlich.
»Das müssen Hunderte, nein Tausende Schiffe sein, die hier vor Anker liegen«, staunte die Prinzessin.
»Die meisten sind schon lange nicht mehr seetauglich. Aber als wahre Söhne und Töchter des Meeres ziehen wir die schwankenden Planken eines Bootes nun mal dem festen Untergrund an Land vor.« Stolz schwang in der Stimme des Seeräubers mit.
»Dann hast auch du deinen ganz persönlichen Hafen?«, fragte Rian.
Ihr Zorn war verflogen. Der Pirat hatte nur
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