Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)
eindrucksvoll– er war klein, hatte ein rotes Gesicht, und seine dickliche Gestalt steckte in einem schlecht sitzenden Anzug– und nach einigen Minuten hielt Mrs. Boone es nicht mehr aus.
» Diese Witzfigur hast du gewählt!«
Mr. Boone blickte schuldbewusst drein und stritt es nicht ab.
» Hast du das wirklich, Dad?«, fragte Theo, der sich nicht vorstellen konnte, dass irgendjemand so einen Menschen wählte.
» Habe ich«, gab sein Vater notgedrungen zu.
Mit dreizehn interessierte sich Theo Boone nur am Rande für Politik. Was er im Fernsehen sah, fand er ziemlich abschreckend. Er wusste, dass seine Mutter liberal eingestellt war, sein Vater eher konservativ, wobei beide immer wieder betonten, wie gemäßigt sie im Grunde seien. Sie selbst sahen sich in der Mitte. Nachdem er sich einige ihrer Diskussionen angehört hatte, war ihm klar geworden, dass es gar nicht so einfach war, gemäßigt zu sein. Zum Glück waren seine Eltern so klug, in Theos Anwesenheit nicht über Politik zu streiten. Sie stritten sich überhaupt selten, zumindest nicht, wenn er dabei war.
Theo stellte eine scheinbar harmlose Frage. » Wo kommen die zweihundert Millionen Dollar überhaupt her?«
» In erster Linie aus Mitteln des Bundesstaates«, erwiderte sein Vater, » aber die Stadt und das County leisten auch ihren Beitrag.«
» Aber wenn die Stadt an allen Ecken und Enden sparen muss, Kurse streicht, Polizeibeamte und Hausmeister entlässt«, fragte Theo, » wie kann dann Geld für diese Umgehungsstraße da sein?«
» Volltreffer«, sagte seine Mutter und lachte.
» Der Großteil des Geldes kommt vom Bundesstaat«, behauptete Mr. Boone .
» Ich denke, der Bundesstaat streicht auch Mittel.«
» Volltreffer«, sagte seine Mutter wieder und lachte.
» Warum sagst du immer ›Volltreffer‹, Mom?«, wollte Theo wissen.
» Weil du genau die richtigen Fragen stellst, Theo, und es keine schlüssigen Antworten gibt. Die Umgehungsstraße wäre in jedem Fall Geldverschwendung, ob in guten oder schlechten Zeiten, aber sie jetzt zu bauen, wo Stadt, County und Bundesstaat das Geld ausgeht, ist einfach absurd.«
Da Theos Eltern Anwälte waren, gab bei Diskussionen grundsätzlich keiner von beiden nach. Trotzdem hatte Theo den Eindruck, dass sein Vater nicht so engagiert für die Umgehungsstraße war wie seine Mutter dagegen. Das Gespräch war erneut ins Stocken geraten, als ein Sprecher des Sierra Clubs auf dem Bildschirm erschien– das Timing hätte nicht besser sein können. Mrs. Boone schaltete als stolze und uneingeschränkte Herrin über die Fernbedienung den Ton lauter.
» Diese Umgehungsstraße war schon vor zehn Jahren eine absolute Fehlplanung, und das gilt heute mehr denn je. Sie kreuzt an zwei Stellen den Red Creek, was die Qualität der städtischen Wasserversorgung beeinträchtigen wird. Die Trasse führt dicht an der Jackson Elementary School vorbei, das heißt, Tag für Tag rollen fünfundzwanzigtausend Fahrzeuge, von denen viele schwere Lkws sind, direkt an einem Schulgelände vorbei, auf dem vierhundert Kinder spielen. Was das an Lärmbelastung und Luftverschmutzung bedeutet, kann sich jeder selbst ausmalen!«
Mrs. Boone stellte den Ton noch lauter.
» Die Umweltverträglichkeit wurde nicht mit der erforderlichen Sorgfalt geprüft«, fuhr der Mann vom Sierra Club fort. » Dieses Projekt wird von Politikern durchgepeitscht, die von den Transportunternehmen bezahlt werden.«
Als ein weiterer Politiker das Wort ergriff, schaltete Mrs. Boone eilig den Ton weg.
» Was ist der Sierra Club?«, fragte Theo.
» Eine Bande radikaler Umweltschützer, die sich an Bäume ketten«, sagte sein Vater.
» Einer der bedeutendsten Umweltverbände der Welt«, verkündete seine Mutter.
» Aha«, sagte Theo und aß einen Bissen. Wie die meisten Kinder genoss Theo die seltenen Augenblicke, in denen seine Eltern unterschiedlicher Meinung waren. Er beschloss, die Debatte in Gang zu halten. » Eins verstehe ich nicht. Wenn Bundesstaat und Stadt pleite sind, woher stammen dann die zweihundert Millionen Dollar?«
» Frag deinen Vater«, kam es wie aus der Pistole geschossen von Mrs. Boone , die den Ball damit blitzschnell und treffsicher auf die andere Seite des Zimmers befördert hatte.
» Es werden Kredite aufgenommen«, erklärte Mr. Boone . » Wenn der Staat pleite ist, heißt das noch lange nicht, dass er kein Geld mehr ausgeben kann und wird. Ist die Staatskasse leer, wird eben eine Anleihe aufgelegt.«
» Eine Anleihe
Weitere Kostenlose Bücher