Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)
fleißig übt. Denkt daran, mit harter Arbeit kann man alles erreichen. Alles Gute.« Damit wandte sich Mr. Sasstrunk zum Gehen und verließ langsam und traurig den Raum.
Die Tür schloss sich leise hinter ihm, und einige Sekunden lang sahen sich die Schüler wortlos an.
» Tu etwas, Theo«, sagte April schließlich. » Das ist nicht fair.«
Theo war schon aufgestanden. » Kommt, wir gehen zu Mrs. Gladwell. Alle zusammen. Wir besetzen ihr Büro und ziehen erst wieder ab, wenn sie mit uns geredet hat.«
» Gute Idee.«
Mit Theo an der Spitze verließen sie das Übungszimmer, trotteten geschlossen durch den Musiksaal und den Eingangsbereich, überquerten einen offenen Innenhof und folgten im Hauptgebäude einem langen Gang, der sie in die große Halle führte, an der die Direktorin, ganz in der Nähe des Haupteingangs der Schule, ihr Büro hatte. Sie marschierten durch die Tür und bauten sich vor dem Schreibtisch von Miss Gloria, der Schulsekretärin, auf. Zu ihren vielen Aufgaben gehörte es, die Tür zu Mrs. Gladwells Büro zu bewachen. Theo kannte Miss Gloria gut und hatte sie einmal beraten, als ihr Bruder wegen Alkohols am Steuer in Schwierigkeiten gewesen war.
» Hallo allerseits.« Miss Gloria spähte über die Lesebrille auf ihrer Nasenspitze. Sie hatte emsig vor sich hin getippt und wirkte nicht gerade begeistert, dass plötzlich ein Dutzend empörter Achtklässler vor ihrem Schreibtisch stand.
» Hallo, Miss Gloria«, sagte Theo, ohne zu lächeln. » Wir möchten Mrs. Gladwell sprechen.«
» In welcher Angelegenheit?«
Typisch Miss Gloria. Immer wollte sie wissen, worum es ging, bevor man mit Mrs. Gladwell darüber reden konnte. Sie galt als der neugierigste Mensch an der ganzen Schule. Theo wusste aus Erfahrung, dass sie früher oder später ohnehin herausfinden würde, was die Schüler auf dem Herzen hatten, und rückte daher gleich damit heraus.
» Wir waren in Mr. Sasstrunks Musikunterricht«, erklärte er. » In dem Kurs, den die Schule gerade gestrichen hat; darüber wollen wir mit Mrs. Gladwell reden.«
Miss Gloria zog missbilligend die Brauen hoch. » Sie ist beschäftigt, sie hat eine sehr wichtige Besprechung.« Dabei deutete sie mit dem Kopf auf die Tür zu Mrs. Gladwells Büro. Die war natürlich wie immer geschlossen. Theo war schon oft bei der Direktorin gewesen, normalerweise zu konstruktiven Gesprächen, manchmal jedoch auch aus weniger erfreulichem Anlass. Erst im vergangenen Monat war er– zum ersten Mal seit der vierten Klasse– in eine Schlägerei verwickelt gewesen, und Mrs. Gladwell hatte ihn hinter eben dieser geschlossenen Tür ins Gebet genommen.
» Wir warten«, sagte er.
» Sie ist sehr beschäftigt.«
» Sie ist immer beschäftigt. Sagen Sie ihr, dass wir da sind.«
» Ich kann jetzt nicht stören.«
» Gut, dann warten wir.« Theo sah sich in dem großen Raum um. Im Sekretariat gab es mehrere Bänke und ein Sammelsurium von Stühlen, die schon bessere Tage gesehen hatten. » Und zwar hier«, sagte er, und seine Klassenkameraden ergriffen sofort von Bänken und Stühlen Besitz. Diejenigen, die keinen Platz mehr fanden, ließen sich einfach auf dem Boden nieder.
Wenn Miss Gloria schlechte Laune hatte, war nicht gut Kirschen essen mit ihr, und genau das war jetzt offenbar der Fall. Diese Invasion aufgebrachter Schüler gefiel ihr ganz und gar nicht.
» Theo«, befahl sie brüsk, » ihr geht jetzt nach draußen und wartet in der Eingangshalle.«
» Und warum nicht hier?«, konterte Theo.
» Ich habe gesagt, ihr sollt draußen warten«, fauchte sie aufgebracht.
» Wer sagt, dass wir nicht im Sekretariat warten können?«
Miss Gloria lief rot an und platzte fast vor Wut. Klugerweise biss sie sich auf die Zunge und holte erst einmal tief Luft. Sie war nicht befugt, die Schüler aus dem Sekretariat zu verweisen, und ihr war klar, dass Theo das wusste. Ihr war auch bekannt, dass Theos Eltern angesehene Anwälte waren, die ihren Sohn durchaus vor Erwachsenen in Schutz nahmen– wenn diese Erwachsenen im Unrecht waren und Theo im Recht. Vor allem Mrs. Boone hielt mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg, wenn Theo für eine gerechte Sache kämpfte.
» Also gut«, sagte sie. » Aber verhaltet euch ruhig. Ich habe zu tun.«
» Danke«, erwiderte Theo. Fast hätte er hinzugesetzt, dass sie bisher noch keinen Mucks von sich gegeben hatten, aber er verkniff sich jede Bemerkung. Die Schlacht war gewonnen, damit wollte er es gut sein lassen.
Fünf Minuten lang sahen sie
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