Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)
Miss Gloria zu, die sich alle Mühe gab, beschäftigt zu wirken. Aber es war schon fast vier Uhr, und der Unterricht war seit einer halben Stunde zu Ende. Viel war nicht mehr los. Einige Minuten später öffnete sich die Tür zu Mrs. Gladwells Büro, und ein junges Elternpaar kam heraus.
Die beiden gönnten Theo und seinen Freunden kaum einen Blick– offenbar hatten sie ein unangenehmes Gespräch hinter sich und wollten nur noch weg. Mrs. Gladwell kam ins Sekretariat, sah das Gedränge und wandte sich an Theo.
» Tolle Leistung bei der Debatte heute.«
» Danke.«
» Was ist hier los?«
» Mrs. Gladwell, wir sind Mr. Sasstrunks Musikgruppe und wir möchten wissen, warum der Kurs gestrichen wurde.«
Sie seufzte und lächelte. » Irgendwie habe ich so was erwartet«, sagte sie geduldig. » Kommt rein.«
Die Schüler trotteten im Gänsemarsch in ihr Büro, mit Theo als Schlusslicht. Als er die Tür schloss, stellte er fest, dass Miss Gloria sie beobachtete, und konnte sich ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen. Immerhin erwiderte sie das Lächeln.
Drinnen bauten sich die Schüler vor Mrs. Gladwells Schreibtisch auf. Es gab nur drei Besucherstühle, und keiner wollte sich vordrängen. Mrs. Gladwell hatte Verständnis dafür.
» Danke, dass ihr gekommen seid, Kinder. Das mit der Musikgruppe tut mir wirklich leid«, sagte sie und griff nach einem Dokument. » Das hier ist eine Mitteilung, die ich heute Morgen vom städtischen Amt für Schulwesen erhalten habe. Sie stammt direkt von der Nummer eins, Mr. Ortis McCord, dem Leiter der Behörde und meinem Chef. Der Schulbeirat ist vergangene Nacht zu einer Sondersitzung zusammengetreten, um dringende Finanzfragen zu klären. Offenbar erhalten die Strattenburger Schulen etwa eine Million Dollar weniger als ihnen ursprünglich von der Stadt, dem County und dem Bundesstaat zugesagt worden war. Alle drei sind für das Budget der Schulen zuständig, und aus verschiedenen Gründen wurden die Mittel gekürzt. Überall in der Stadt werden Teilzeitlehrkräfte entlassen. Exkursionen werden abgesagt. Arbeitsgemeinschaften und Wahlkurse wie Mr. Sasstrunks Musikunterricht werden gestrichen. Die Liste ist endlos. Das ist sehr ärgerlich, aber ich bin machtlos.«
Mrs. Gladwell verstand sich wirklich darauf, Dinge zu erklären. Die Schüler hingen an ihren Lippen, und allmählich dämmerte ihnen, dass sie nichts dagegen unternehmen konnten.
» Wie ist das mit der Finanzierung passiert?«, fragte Theo.
» Das ist eine schwierige Frage. Die einen machen die Rezession und die schwächelnde Wirtschaft dafür verantwortlich. Die Steuereinnahmen sind eingebrochen, deswegen fehlt es an allen Ecken und Enden. Andere behaupten, die Schulen würden das Geld zum Fenster hinauswerfen, besonders das Schulamt ist dieser Meinung. Ich weiß selbst nicht, woran es liegt. Auf jeden Fall bin ich an die Weisungen gebunden. Ihr seid nicht die einzigen Betroffenen, ich muss einen Hausmeister, zwei Kantinenangestellte und vier Teilzeittrainer entlassen und sechs andere Wahlkurse streichen. Außerdem musste ich Mr. Pearce gerade mitteilen, dass er mit seiner siebten Klasse im Naturkundeunterricht nicht wie jedes Jahr zum Atomkraftwerk Rustenburg fahren kann.«
» Das ist ja furchtbar«, sagte Susan. » Das ist so eine interessante Exkursion.«
» Ich weiß, ich weiß. Mr. Pearce fährt da seit Jahren hin.«
» Ich finde es nicht in Ordnung, Leute einzustellen, ihnen Zusagen zu machen, und dann mittendrin den Kurs platzen zu lassen«, sagte Theo.
» Nein, ich finde das auch nicht in Ordnung, Theo. Aber für die Verträge bin ich nicht zuständig. Im Schulamt gibt es einen Anwalt, der sich um diese Dinge kümmert.«
Die Schüler sahen einander an, das mussten sie erst einmal verdauen.
» Es tut mir wirklich leid«, sagte Mrs. Gladwell. » Ich würde gern etwas für euch tun, aber es liegt nicht in meiner Hand. Bestimmt werden sich Mr. McCord und der Schulbeirat vor Beschwerden kaum retten können, dieser Weg steht euch natürlich auch offen.« Sie legte eine lange Pause ein. » Wenn das alles ist, würde ich jetzt gern zu meiner nächsten Besprechung gehen.«
» Danke, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben, Mrs. Gladwell«, sagte Theo.
» Dafür bin ich da.«
Niedergeschlagen und mit düsteren Mienen verließen die Schüler das Büro.
Drei
Schon seit der Zeit vor Theos Geburt arbeiteten seine Eltern gemeinsam in einer kleinen Kanzlei, die sich Boone & Boone nannte. Die Büroräume
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