Theo Boone - Unter Verdacht: Band 3 (Heyne fliegt) (German Edition)
war diesem ebenfalls klar, dass es nur eine Frage von Sekunden war, bis Woody die Oberhand gewann und anfing, Baxters Gesicht zu bearbeiten. Um seinen Freund zu schützen, stürzte sich Griff daher mit einem improvisierten Schlachtruf ins Getümmel. Theo und den anderen Zuschauern blieb der Mund offen stehen.
Wer sich prügelte, wurde automatisch vom Unterricht suspendiert. Die Hausordnung ließ da keinen Spielraum, und die Lehrer machten immer wieder deutlich, was sie von Schlägereien hielten– nämlich nichts. Die von Mrs. Gladwell verhängten Strafen waren unterschiedlich. Eine Rangelei auf dem Schulhof gab vielleicht eine Suspendierung von einem Tag und drei Stunden Nachsitzen. Eine ausgewachsene Prügelei mit aufgeplatzten Lippen und blutigen Nasen brachte zum Beispiel drei Tage Suspendierung, keine Wahlfächer nach der Schule und einen Monat Bewährung.
Theo war kein Schlägertyp. Seine letzte Rauferei war in der vierten Klasse gewesen, als er sich mit Walter Norris im städtischen Schwimmbad einen erbitterten Ringkampf geliefert hatte. Doch während er wie erstarrt die Schlägerei beobachtete, spürte er plötzlich den Drang einzugreifen. Schließlich schlug sich sein Freund Woody für seine Ehre. Da musste Theo ihm wenigstens zu Hilfe kommen. Und eine Suspendierung war schließlich nicht das Ende der Welt. Seine Eltern würden durchdrehen, aber letztendlich würden sie sich schon wieder beruhigen. Was hatte seine Mutter noch gesagt? » Theo, du darfst das nicht auf dir sitzen lassen. Angriff ist die beste Verteidigung. Du bist im Recht, also lass dir das nicht gefallen.«
Ike würde stolz auf ihn sein.
Manchmal blieb einem Mann nur der Kampf.
Theo ließ seinen Rucksack fallen, brüllte etwas, das noch nicht einmal er selbst verstand, und stürzte sich ins Getümmel.
Zwölf
Auf der einen Seite des Tisches saßen Baxter und Griff, auf der anderen Woody und Theo. Die gegnerischen Seiten musterten einander. Allmählich ließ die Anspannung nach, und sie kamen wieder zu sich. Baxter hielt einen Eisbeutel an die Wange, sein linkes Auge war vollständig zugeschwollen. Er sah furchtbar aus. Woody war stolz darauf, aber er unterdrückte das Lächeln. Angesichts der drohenden Suspendierung und der Tatsache, dass seine Eltern vor Wut kochen würden, war ein Grinsen fehl am Platz. Griffs Gesicht zeigte genauso wenig Spuren des Kampfes wie das von Woody, während an Theos geschwollener Unterlippe ein wenig getrocknetes Blut klebte. Er tupfte mit einem Taschentuch daran herum. Schlimmer war der pulsierende Schmerz in seinem Kopf, dem er einem Fußtritt von Baxter oder Griff verdankte, als er zu Boden gegangen war. Das erwähnte er allerdings nicht.
Mr. Mount saß am Ende des Tisches und bedachte die Jungen mit empörten Blicken. Wütend hatte er die Kämpfenden getrennt und zu dem kleinen Leseraum in der Bibliothek gescheucht, in dem sie jetzt saßen und allmählich wieder zur Besinnung kamen. Während die Sekunden und Minuten verstrichen, beruhigten sich nach und nach die Gemüter. Ihr Atem ging wieder regelmäßiger. Der Puls normalisierte sich allmählich. Eine ordentliche Schlägerei trieb den Blutdruck gewaltig in die Höhe.
» Was war los?«, fragte Mr. Mount schließlich.
Alle vier starrten auf den Tisch. Nichts. Kein Wort.
» Könnte das etwas mit dem Gerücht zu tun haben, dass Theo gestern festgenommen wurde?«, fragte Mr. Mount und sah Theo direkt an, der den Blick nicht von der Tischplatte hob.
Mr. Mount wusste, dass Woody ein Hitzkopf war und Baxter gern stänkerte. Ihm war auch klar, dass Griff Baxter nachlief wie ein Hündchen. Allerdings hätte er nie gedacht, dass sich Theo Boone auf eine Schlägerei einlassen würde. Aber Mr. Mount war schließlich selbst einmal ein Junge gewesen und hatte Verständnis. Vermutlich hatten Baxter und Griff auf Theo herumgehackt, und Woody hatte seinen Freund verteidigt.
Draußen wurden Stimmen laut. » Das dürfte Mrs. Gladwell sein. In eurer Haut möchte ich nicht stecken.« Damit erhob er sich und verließ den Raum.
» Wir halten alle dicht, ist das klar?«, zischte Woody, sobald sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. » Alle, verstanden? Kein Sterbenswörtchen!«
Kaum hatte er zu Ende gesprochen, da öffnete sich die Tür, und Mrs. Gladwell stürmte herein. Die Jungen wussten auf den ersten Blick, dass sie erledigt waren.
Mit bohrendem Blick musterte sie einen nach dem anderen, während sie sich langsam am Ende des Tisches niederließ. Mr. Mount
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