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Theo

Titel: Theo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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besonders. Deshalb scheut er sich nicht, die entscheidenden Schritte selbst zu tun.
    Viele Schritte sind es im Übrigen ohnehin nicht. Von der oben erwähnten Tante-Erika-Aussichtswarte im Garten geht es den Zaun entlang bis zum nächsten Eck und dann im rechten Winkel noch ein paar Meter weiter. Dort befindet sich, unmittelbar an den Garten angrenzend und nur durch die Drahtmaschen getrennt, die Bushaltestelle. Es kann nicht mehr lange dauern, da wird man Theo auch dort eine Sitzgelegenheit hinschaffen müssen. Denn im Gespräch mit den wartenden Fahrgästen vergehen die Stunden wie im Flug.
    An guten Tagen liegt Theo schon früh auf der Lauer. Denn die morgendlichen Busbenützer mit ihren hängenden Schultern und ihren dicken Aktenkoffern sind die stillsten und angenehmsten überhaupt, wahrscheinlich befinden sie sich noch im Halbschlaf.
    Durch den Zaun verschafft sich Theo einen kurzen Überblick über das Angebot. Dann sucht er sich einen besonders müden Menschen aus (die betteln förmlich danach, aufgeweckt zu werden, und entpuppen sich oft als die lustigsten). Nun wartet Theo, bis sich dieentsprechende Person zum Garten gedreht hat, und ruft: »Hallo!« Oder: »Na hallo, hallo, hallo!« Oder, wenn es keine Zeit zu verlieren gilt, gleich: »Wer bist du?« Manchmal, da muss es Theo aber schon extrem eilig haben, oder es kommt gerade ein Bus: »Hallo, ich bin der Theo. Und wer bist du?«
    Die Reaktionen sind unterschiedlich. Manche erschrecken. Andere murmeln ein paar Worte und drehen sich weg. Die meisten freuen sich über die gelungene Überraschung und verraten Theo sogleich ihren Namen. Auch danach kann man sie unterscheiden. Die einen sind unkompliziert und sagen: »Ich bin der Rudi.« (Michi, Gitti, Sissi …) Andere stellen sich schon deutlich verhaltener als »Herr Rudolf« oder, ein wenig anbiedernd, als »Onkel Rudolf« vor.
    Theo hat Fremde aber auch schon als »Ich bin Herr Ingenieur Rudolf Pospischil« kennengelernt. Diese neigen dazu, Theo durch den Gartenzaun die Hand zu schütteln, als wollten sie ihm sogleich einen Rasenmäher verkaufen. Mit diesen Typen lässt sich erfahrungsgemäß am wenigsten anfangen.
    Auf ein vollständiges Bushaltestellengespräch mit Theo müssen wir hier aus Platzgründen verzichten. In Form eines kleinen Dialog-Konzentrats wollen wir aber zeigen, in welche Richtung sich derlei Unterhaltungen normalerweise bewegen.
    Theo, die Hände in den Gartenzaunmaschen: »Hallo.« Der Fremde: »Ja hallo, wer bist denn du?« Theo: »Ich bin der Theo. Und wer bist du?« Der Fremde: »Ich binder Rudi.« Theo: »Was machst du da?« Rudi: »Ich warte auf den Bus.« Theo: »Wo ist der Bus?« Rudi: »Der ist noch nicht da.« Theo: »Müss ma warten.« Rudi: »Ja, da müssen wir warten.« Theo (weil es ihm ja doch keine Ruhe lässt): »Wo ist der Bus?« Rudi: »Der ist gerade auf dem Weg hierher, der wird bald kommen.« Theo: »Müss ma warten.« Rudi: »Ja, das müssen wir.«
    Theo (weil es nun an der Zeit ist, die ganze Wahrheit zu verraten, einmal muss sie ja heraus): »Der Bus is schon g’fahrn!« (Keiner kann es besser wissen als Theo, er wohnt ja hier.) Rudi: »Das war der vorige Bus, das macht nichts, es kommen immer wieder neue Busse.« Theo bleibt dabei: »Der Bus is schon g’fahrn. Da is er g’fahrn!« (Zeigt von der Bushaltestelle in Fahrtrichtung.) Rudi: »Theo (falls er sich den Namen gemerkt hat), du wirst sehen, es wird bald wieder ein Bus kommen.«
    Theo: »Wo ist der Bus?« (Theo lässt offen, ob er den davongefahrenen oder den bald eintreffenden meint, oder ob er überhaupt bereit ist, die beiden zu unterscheiden, ob er nicht vielmehr philosophisch den Bus »an sich« meint.) Rudi (bleibt am Boden der Realität einer Haltestelle): »Wahrscheinlich ist der Bus gerade bei der vorigen Station eingetroffen, es kann nicht mehr lange dauern, bis er hier eintrifft.« Theo: »Müss ma warten.«
    Mama kommt und mischt sich ein: »Theo, nervst du schon wieder die Leute?« Rudi lacht und macht Gesten, die darauf hindeuten, dass er sich nicht genervt,sondern gut unterhalten fühlt. Theo: »Das ist der Rudi.« Mama zu Rudi: »Verzeihung, er glaubt, er muss alle Leute anquatschen.« Theo: »Der Rudi wartet auf den Bus.« Mama: »Alle Leute hier warten auf den Bus. Das ist die Bushaltestelle, Theo. Und jetzt komm herein.« Theo: »Der Bus is schon g’fahrn.« Mama: »Es fahren hier ständig Busse. Es wird bald wieder einer kommen.« Theo: »Müss ma warten.« Mama: »Die Leute

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