Theo
Erwachsenengesten.)
»Warum nicht?« – »So nicht!«, erwidert Theo. – »Sag nicht ›so nicht‹!« – »Warum nicht?«, fragt Theo. (Endlich ein erfrischender Dialog.) – »›So nicht‹ sagen nur Erwachsene, wenn ihnen die Argumente ausgehen.« – »Sooo nicht!«, wiederholt Theo, um das Gegenteil zu beweisen. »Erzählst du mir was?«, fragt der Interviewer ein letztes Mal scharf. »Nein«, antwortet Theo ein letztes Mal schärfer. – Liebe Leser, was sollen wir tun? Er hat halt jetzt so eine Phase.
Nun gut, erzählen wir einmal von Theo, wozu wir ihn nicht unbedingt persönlich brauchen: Er wiegt 14,80 Kilo, ist derzeit exakt einen Meter groß (eignet sich also hervorragend zum Ausmessen von Wohnungen). In der Schuhgröße halten wir bei Nummer 27, an dieKragenweite lässt er niemanden heran. Seine Schlafenszeiten sind geregelt, und zwar von ihm selbst. Sein Wortschatz ist vollständig, er kennt sogar einige Wörter zu viel. Seine Stimme ist flexibel genug, dass man ihm nur schwer einen Wunsch abschlagen kann. Lispeln: bei Bedarf. (Erfahrungsgemäß sitzt den Erwachsenen dann die Geldbörse lockerer.) Wiener Dialekt: vorhanden. (Mit »Do haut’s obe« meint Theo: Es schneit heftig. Mit »Do haut’s heit oba uantlich obe« meint er: Heute schneit es aber ziemlich heftig. Da »Do haut’s obe«-Sätze immer einen Lacherfolg bei den Alten nach sich ziehen, verwendet Theo »Do haut’s obe«-Sätze auch, wenn es gerade nicht heftig schneit.)
Theos Hobbys: Reiten (auf Opa), Springen (Opa und Oma), Rodeo (mit Onkel Michi), Segelfliegen (mit jedem, der Hände hat und drehfähig ist), Fischen (mit dem Löffel in der Suppe), Schlagzeug (mit dem Löffel statt der Suppe). Theo ist zwar nicht musikalisch, aber er hört gern Musik, zumindest seine eigene. Am liebsten, wenn sie bereits jemand mit den Worten »Theo, kannst du bitte endlich aufhören zu schreien!« interpretiert hat.
Seine Freizeit verbringt er, wenn es schön ist, am Gartenzaun. – Nicht die gesamte: Tante Erika, die Nachbarin, kann nämlich nicht länger als zwei Stunden übers Wetter plaudern. Die grundsätzlichen Gespräche, in die Theo die an der Bushaltestelle wartenden Fahrgäste nach dem Frühstück (bis zur Abenddämmerung) verwickelt hatte (Theo: »Was machst du da?«Passant: »Ich warte auf den Bus.« Theo: »Warum?« Passant: »Weil ich in die Arbeit fahre.« Theo: »Warum?« Und so weiter), wurden ihm im Frühjahr zu langweilig. Seit Sommer spricht er also nur noch mit den Bus-Chauffeuren selbst. Theos Spezialität: die versteckte Anrede. – Theo versteckt sich im Gebüsch und spricht die Lenker an. Falsch: Er schreit sie an: »Hallo Busfahrer!« Einige sind daraufhin unfähig, die Fahrt fortzusetzen. Andere erholen sich schneller. Bevor sie losfahren, fährt Theo fort: »Wohin fährst du? Nach Mauerbach runter? Oder nach Hütteldorf rauf?« Theo hofft auf Hütteldorf. (Eines seiner Wörter des Jahres, vermutlich wegen des herrlich durch die Zunge zu schleudernden »l« zwischen Hütte und Dorf.)
Sagt der Fahrer: »Mauerbach«, fragt Theo enttäuscht: »Nicht nach Hütteldorf runter?« Sagt der Fahrer: »Hütteldorf«, tut Theo so, als hätte er ihn nicht verstanden und fragt: »Nach Hütteldorf runter?« Mauerbach-Fahrer dürfen sich aus dem Staub machen. Hütteldorf-Fahrern wünscht Theo entweder »Gute Fahrt!« oder »Gute Reise!«, je nach seiner spontanen Vorstellung, wie weit Hütteldorf von daheim entfernt sein mag.
Theo hatte dieses Jahr natürlich auch Urlaub. Eine Woche waren sie Ski fahren in Kärnten, die einen mehr, die anderen weniger. Theo besuchte zwar einen Skikurs, aber insgesamt nur eine Stunde lang. »Er war doch noch zu klein«, erzählt sein Vater. Theo wirft ihm einen vernichtenden Blick zu. Er hasst sowohl die Formulierung als auch ihre Bedeutung, als auch die Mitleidsmiene,die diejenigen aufsetzen, die so etwas von ihm behaupten.
Für eine Sommerwoche stieg die Familie im Kinderhotel Brennseehof ab. »Dort hab’ ich einen Rucksack gekriegt«, berichtet Theo. (Er bricht hiermit erstmals sein Schweigen.) Besonders nett (und somit Frau des Jahres) war eine gewisse Tante Barbara, nicht nur wegen des klingenden Namens. Theo machte bei ihr den Kinderführerschein. Blöderweise zählt der auf Wiens Straßen wenig.
Mit den Großeltern ging es wieder nach Bibione ins Camp Capalonga. Dort lernte Theo italienisch Rad fahren (das heißt: mit Hilfsrädern und zwischen zwei Pizzamahlzeiten). Er ringt nach Luft und
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