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Theo

Titel: Theo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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auch diesmal wieder standhalten können?
    Na ja, zunächst bemüht er sich um Druckausgleich. Er drückt mir seinen neuen grünen Plastikteller plus Stab in die Hand, um sich davon zu überzeugen, dass es mir nicht, aber so gar nicht, aber so überhaupt nicht gelingt, Stock und Scheibe auch nur in die Nähe eines Balanceaktes zu bringen. »Mach dir nix draus, ich hab auch eine Weile braucht, bis ich’s gekonnt hab«, sagt er, reißt mir das Gerät aus der Hand, schwingt die Scheibe hoch, lässt sie mühelos kreisen. – Jetzt hat er ihn, den gütigen, gar ein bisschen mitleidigen PISA-Blick. – Das war gemein.
    Da gehe ich bildungspolitisch gleich einmal aufs Ganze: »Theo, sagt dir der Ausdruck ›PISA-Studie‹ etwas?« Theo (gelangweilt): »Ja, darüber reden sie dauerndim Radio, wie schlecht die österreichischen Schüler sind.« – »Und, Theo, sind sie es?« (Sie sehen, das Gespräch bewegt sich bereits auf beträchtlich hohem Niveau.) Theo: »Weiß ich nicht. Du, ich muss jetzt kurz nachschauen, wie’s beim Slalom steht.«
    Mit der Linken balanciert er weiter die Scheibe, mit der Rechten bedient er den Bildschirm fern. Nach wenigen Sekunden wird klar – man erkennt es an der Totengräberstimme des Kommentators: Kein Österreicher hat Chancen auf einen Sieg. Im Gegenteil: Bode Miller aus Übersee wird wieder gewinnen. »Na geh«, seufzt Theo und schleudert die grüne Scheibe Richtung Universum. Ich: »Wieso, freust du dich nicht für Bode Miller?« (Jetzt wird sein kosmosoziales Gewissen geprüft.) Theo: »Nein, ich helf’ zu den Österreichern!«
    Um jetzt aber doch wieder auf »PISA« zurückzukommen, vertiefe ich mich in Theos Deutschhausübungsheft und mache Notizen. »Was schreibst du da?«, fragt er mich. – »Eh nix, schau ruhig weiter Slalom«, erwidere ich. (Damit hat Bode Miller keinen Auftrag mehr, Theo ist nun voll bei der Sache.) Es ist wirklich erstaunlich, was in diesem Heft steht. Vor allem die rot hervorstechenden Schlussbemerkungen der Lehrerin – davon hätten wir zu unserer Zeit nicht einmal zu träumen gewagt: »Ausgezeichnet, Theo!« »Sehr ausführlich und sehr gut nacherzählt!« »Die Beschreibung ist dir ganz toll gelungen! Wunderbar!« – Überschwänglich schwärmt sich die Lehrkraft durch seineLektionen. »Darf ich aus deinem Hausaufgabenheft zitieren?«, frage ich. »Zum Beispiel, wie du deinen Schulfreund Claus beschreibst? Ich schreibe eh nur seinen Vornamen, damit man nicht weiß, wer er ist.« Theo: »Kannst ruhig ›Claus Fischer‹ schreiben. Fischer heißt sowieso jeder Dritte in Österreich.« (Na gut, medienrechtlich bin ich jedenfalls abgesichert.) Zu Claus Fischer fiel Theo unter anderem ein: »Wie jeder österreichische Gleichaltrige ist er hauptberuflich Schüler.« – Nicht schlecht für einen Autor, der erst in neun Jahren Zutritt zu heimischen Spielkasinos haben wird, oder? Und dann erst der Schlusssatz der Beschreibung! Da steht: »Und ich glaube, dass er noch viel erleben wird.« Genial. Dieses offene und doch so lebensbejahende Ende, wo man sich insgeheim schon auf Teil zwei mit Claus Fischers brandneuen Abenteuern freut. Hier merkt man sehr schön den literaturpositivistischen Ansatz von Theos großem Vorbild Thomas Brezina.
    Fast noch feiner gelingt die Beschreibung zum Thema: »Meine Mama«. Da spart Theo nicht mit überraschenden Details wie: »Sie ist nach wie vor mit meinem Vater verheiratet, der drei Tage früher das Licht der Welt erblickt hatte.« Zwischen den Zeilen lässt er erkennen, dass er die Familie von innen heraus ganz gut kontrolliert: »Zurzeit bin ich ihr einziges Kind und werde es mit großer Wahrscheinlichkeit auch für immer bleiben.« In wirklich heiklen Angelegenheiten hält er sich diplomatisch bedeckt: »Ihre Statur ist nicht so leichtfestzulegen, man kann schlank dazu sagen, ich weiß es aber nicht genau.« Stark wieder das Finale, da weiß Theo einfach, was Lehrerinnen und Mütter gerne lesen: »Ich finde, dass sie sehr nett ist, und ich würde sie auch nie gegen eine andere Mama tauschen.« Bravo, Theo, gut gemacht, die bleibt dir!
    Inzwischen ist ihm in seiner linken Hand langweilig geworden, die Rechte war dank Bode Miller ohnehin unterbeschäftigt. Also musste ein neues Gerät her. Es besteht aus zwei Stäben, an denen eine Schnur befestigt ist, auf welcher Theo einen Zylinder tanzen lässt, der wie durch ein Wunder nicht herunterfällt. »Willst es auch einmal probieren?«, fragt er schadenfröhlich. »Und nächstes

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