Theodor: Im Zeichen des Bösen (German Edition)
unsere Wege“, setzte er noch hinzu und sah dabei auf Wesley, der ihn erschrocken anblickte. Henriece wandte sich um und war in der Dunkelheit verschwunden, ehe einer von ihnen etwas sagen konnte. Jedoch hielt er nach wenigen Schritten inne und lauschte...
„Verdammt“, hörte er Bill fluchen. „So war das nicht gemeint!“
„Sie waren seine Kinder“, hörte er Wesley darauf sagen. „Der Spanier und das Mädchen.“
„Was sagst du da?“ Bills Stimme überschlug sich. Henriece rührte sich nicht von der Stelle.
„Sie waren seine Kinder“, wiederholte sich Wesley. „Es stand alles in den Schriftrollen – und Pater Athelwolds hat es herausgefunden.“
„Seine Kinder? Und was für Schriftrollen?“
„Wir haben sie verbrannt – alle haben wir sie verbrannt.“ Henriece fühlte die Angst in Wesleys Wesen. Seine Stimme versagte mehrmals.
„Es ist vorbei“, vernahm er Wesleys flache Stimme nur noch vage. „Endgültig vorbei – und ich habe nichts begriffen. Über all die Jahre hinweg habe ich nichts begriffen. Weißt du, dass ich ein Mörder bin? Weißt du das? Ich habe March erschossen, Bill. Ich habe sie kaltblütig erschossen. Und das nur, damit sie ihm nichts mehr sagen kann. Einfach nichts mehr sagen, und dabei empfand ich es damals als harmlos. Aber er war da – verdammt noch mal, Bill, er war immer schon da. Er hat uns benutzt. Die ganzen Jahre über hat er uns einfach nur benutzt.“
„Wen meinst du?“ Helens Stimme vibrierte. Henriece ahnte, dass Wesley ihnen nun das Zeichen unter seiner Brust zeigen wird. Ein Ausruf Helens bestätigte seine Vermutung.
„Du bist einer –?“ Bill stockte.
„Ich habe es nicht gewusst. Erst als wir Pater Athelwolds gefunden hatten – aber da war es schon zu spät. Um Jahre zu spät.“
„Um Jahre zu spät?“
„Ich –“ Ein lautes Krachen ließ Henriece zusammenzucken. Er wirbelte herum und sah, wie John Baker blutüberströmt mit erhobenem Beil auf Wesley zu gerannt kam. Bill riss seinen Revolver hoch und drückte ab. Vier Kugeln bohrten sich in den Körper des Holzfällers, ohne jedoch die geringste Wirkung zu zeigen.
Wesley starrte auf die blutige Schneide, die wie das Messer einer Guillotine auf ihn hinab fuhr und sich in seiner linken Schulter versenkte. Augenblicklich sackte er zusammen und wurde von dem Gewicht Bakers umgeworfen, der tot auf ihm zum Liegen kam.
Henriece musste sich beherrschen. Er wollte sich nicht offenbaren. Er wollte sich auf die Suche nach Chrissie begeben – und Harry Bansly zur Strecke bringen...
Das Röcheln, das zu ihm drang, sagte ihm, dass es Wesley schwer erwischt hatte. Mit einem Ruck warf Bill den leblosen Körper Bakers beiseite. Das Beil steckte bis zur Hälfte in Wesleys Schulter und hatte wahrscheinlich den linken Arm abgetrennt, der verdreht nur noch vom Stoff seines blutgetränkten Hemdes gehalten wurde.
Henriece hielt den Atem an. Seine Finger krampften sich um das Athamé. Leises Stöhnen drang zu ihm. Wesley lebte noch!
Bill und Helen knieten sich zu ihm nieder. Etwas sagte er zu ihnen. Etwas, das beide für Sekunden erstarren ließ.
Das Zucken durch Wesleys Körper sagte ihm, dass er seiner schweren Verletzung nun erlegen war.
Bill und Helen starrten sich einander an.
„Theodor“, hörte er Helen flüstern. „Mein Gott Bill! Wir müssen es verhindern...“
Bill sagte nichts. Ratlos starrte er in den Nachthimmel und sagte nichts.
Henriece schlich sich lautlos davon. Er konnte nur ahnen, wo er Harry Bansly finden wird.
Unweit von Larsens Residenz entfernt lehnte er sich dann mit dem Rücken an einen Baum und hielt das Athamé vor sich hin. Er sah es an, als würde er das erste Mal in seinem Leben einen Dolch in Händen halten. Die Klinge blitzte im Mondlicht, die Symbole konnte er gut erkennen.
„Töte, was du liebst“, flüsterte Henriece während er mit dem Finger über die eingravierten Zeichen strich. „Und nimm den Wahnsinn deiner Kraft, um mit diesem Wahnsinn deine Kraft zu verkörpern. Lasse töten durch diesen Stahl, töte doch niemals selbst durch diesen Stahl. Wer versteht diese Macht, der besitzt diese Macht und er wird niemals durch seine eigene Hand Blut über diese Klinge fließen lassen.“
Er richtete seinen Kopf auf und versuchte mit den Blicken durch die Baumwipfel hindurch das Unendliche des Universums zu erfassen.
„Wer versteht diese Macht“, wiederholte er die Worte, „der besitzt diese Macht. Wer besitzt diese Macht, der kann auch vernichten diese
Weitere Kostenlose Bücher