Theodor: Im Zeichen des Bösen (German Edition)
vertraut vorkam. Genauso vertraut, wie die Stimme von Chrissie, als er sie das erste Mal sprechen hörte.
Dann werden wir uns wiedersehen, mein Sohn und ich kann vollbringen, was zu vollbringen ist. Mit einem Male, nur für den Bruchteil einer Sekunde kam es Henriece so vor, als sehe er einen großen breitschultrigen Mann in einer schwarzen Robe vor Augen, und er wusste für diesen winzigen Moment, dass dieser Mann einmal sein Vater gewesen war.
„Du sagtest, dieser Scarliet und Theodor seien ein und dieselbe Person?“, riss Wesley ihn in die Gegenwart zurück.
Erschrocken ließ Henriece die brennende Schriftrolle auf den Boden fallen, auf dem die Flamme kurz aufloderte, um dann das Pergament restlos in Asche zu verwandeln.
„Scarliet wird der Vater von Theodor werden, wenn es uns nicht gelingt, ihm zuvor zu kommen“, offenbarte er das Geheimnis. „Chrissie und ich, wir sind einst einmal seine Kinder gewesen. Mich will er töten, weil in mir dieselbe Macht schlummert, wie er sie besitzt. Chrissie benötigt er, um sich selbst durch Scarliet zu zeugen. Verstehst du? Wenn es ihm gelingt, Chrissie zu entführen, dann wird eines Tages Theodor als Mensch auferstehen und er wird das vollbringen, was er damals nicht hat vollbringen können.“
Wesley starrte ihn mit offenem Mund an. „Der Antichrist“, hauchte er.
„Pater Athelwolds wusste darüber“, erwiderte Henriece.
Es dauerte nicht mehr lange, und er hatte die Schriftrollen und das Buch restlos verbrannt. Wesley sprach kein Wort mehr. Auch nicht, als sie das Haus durch den unterirdischen Gang wieder verließen. March würdigte er dabei keines Blickes und Henriece ahnte, dass Wesley ihm nicht einmal ein Fünftel der Wahrheit geschildert hatte. Zwischenzeitlich war das Unwetter vorübergezogen und ein sternenklarer Himmel ließ den Schein des Mondes auf der nassen Erde spiegeln.
Es war still. Zu still. Nicht einmal der Wind wehte, nicht einmal das Rauschen des Waldes war zu hören.
Schweigend standen sie vor der Kirche und lauschten in diese nicht enden wollende Stille.
„Diese Stille“, flüsterte Wesley. „Sie ist so eigenartig.“
Kaum hatte er ausgesprochen, drang ein entfernter Schrei zu ihnen. Ein Schrei, der aus der Richtung des Hotels stammte.
„ASS ICH IEDEN“, konnten sie aus dem Echo heraushören.
„Frank Garden“, entfuhr es Henriece spontan. „Das ist die Stimme von Frank Garden.“
„ACH ICHT IT“, ertönte es erneut.
„Mach nicht mit“, flüsterte Wesley.
„IBER OTT. ASS ICHT LEIN.“
„Lieber Gott, lass mich nicht allein“, deutete nun Henriece die Worte.
„ILF MIR. ITTE ILF IR.“
„Hilf mir. Bitte hilf mir.“ Wesleys Stimme versagte. „Frank, mein Gott, was geschieht da?“ Seine Stirn tropfte, seine Hände zitterten. Krampfhaft umklammerte er die Schrotflinte.
„Das Athamé“, sprach Henriece ihn an. „Gib es mir!“
„NEIIIIIIIINNNNNN…“ Gellend kreischte Frank Gardens Stimme durch Harbourn. Henriece nahm das Athamé an sich und hielt es vor sich gegen den Nachthimmel.
„Geh zurück!“, flüsterte er. „Geh in deine Dimension. Geh und finde Ruhe...“
Ich komme wieder, vernahm er plötzlich die Stimme in sich. Durch Henriece strömte ein schauriges Gefühl – ihm fröstelte.
„Gehen wir zurück“, sagte er dann. „Wir können Frank Garden nicht mehr helfen“, fügte er hinzu und begann abrupt im Laufschritt den Park zu überqueren. Wesley folgte ihm. Frank Gardens Schreie verstummten in der schaurigen Stille, die wie ein Damoklesschwert über Harbourn schwebte.
Chrissie, flehte Henriece in sich hinein. Halte durch. Halte durch, bis ich bei dir bin… bitte!
Plötzlich zerriss ein Schuss diese grauenvolle Stille. Henriece zuckte zusammen. „Schneller“, rief er zu Wesley zurück. Ein zweiter Schuss fiel, kurz darauf ein dritter. Henriece umklammerte den Schaft des Athamés und flüsterte eindringlich: „Bring mich zu seinem Besitzer.“
Du kannst mich nicht aufhalten, ertönte auf einmal die Stimme in ihm. Niemals wirst du verhindern können, was du zu verhindern trachtest.
Henriece ergriff die Symbole an seinem Hals. „Ich werde alles tun, um dich zu verhindern“, sagte er im Laufschritt. „Niemals werde ich zulassen, dass Chrissie etwas geschieht. Nie-mals.“
Du kannst mich nicht aufhalten, Ephrath, kam es zurück. Deine Tage gehen zur Neige, die meinigen werden beginnen... beginnen... beginnen...
Ein vierter Schuss hallte durch die Wälder, Sekunden darauf ein gellender
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