Theodor: Im Zeichen des Bösen (German Edition)
war er da, der Mönch, der ihm dieses Rad überreicht hatte. Dein Glaube an dieses heilige Rad, mein Junge, lässt dich sehen, was du ansonsten nicht zu erkennen vermagst, kamen die Worte in seine Erinnerung zurück, die der Mönch zu ihm sprach, dessen Namen er niemals erfahren hatte. Es war, als ob diese Erscheinung vor ihm – oder in ihm, die folgenden Worte sagen würde:
Du hast nun erfahren, was ich mit viel Mühe vor dir selbst habe verbergen können. Dein wahres Ich, Henriece – du hast dich für das Gute, du hast dich für mich entschieden. Nun liegt es in deiner Macht, das Irdische vor etwas zu bewahren, das den sicheren Untergang bedeuten würde. Du, Henriece, stehst über diesen Dingen. Du hast dich selbst verwirklicht, indem du mich verwirklicht hast. Deine Weisheit ist ein Teil von mir und ich wiederum bin ein Teil von dir. Deine Liebe und dein Vertrauen haben bewiesen, dass das Böse nicht dieselbe Macht besitzt, wie wir sie besitzen. Vollende es! Dein Glaube allein ist es, der es vollbringen kann. Und dein Glaube ist es, der dir diesen Weg weisen wird, um das Schlimmste zu verhindern – und zu vernichten.
„Scarliet“, flüsterte Henriece, nahm das silberne Dreieck und hielt es sich ebenfalls vor Augen. „Theodor starb durch das Holz, das vom Feuer verzehrt wurde. Sein Hass ist gegen das Gute gerichtet – gegen Gott. Sich selbst wird er zeugen auf einem Tisch, der Gott sehr nahe steht.“ Als nächstes nahm er das silberne Kreuz, das er zwischen dem Rad und dem Dreieck platzierte. Alle drei Symbole hielt er nun zwischen Zeigefinger und Daumen gepresst vor seinen Augen. „Durch meinen leiblichen Vater hat er versucht, mich auf den falschen Weg zu leiten. Soll durch diese drei Symbole, dem Geist, dem Feuer und der Ewigkeit das vernichtet werden, was DU –“, Henriece richtete seinen Blick über die Symbole hinweg in den nächtlichen Himmel, „THEODOR EPHRATH MEHRENS ZU VERVOLLKOMMNEN TRACHTEST. DEM HEILIGEN GEIST, DEM HEILIGEN FEUER UND DER EWIGKEIT ZU DIENSTEN!“
Kapitel 8
Im selben Moment, in dem Chrissie ihre Augen aufschlug, wurde ihr klar, dass jener Mann aus ihren furchtbaren Träumen nicht sehr weit von ihr entfernt sein konnte.
Die dunkelbraune, von den Jahrhunderten fast schon schwarz gewordene Holzbalkendecke kam ihr sehr vertraut vor, obwohl sie sich sicher war, noch nie in ihrem Leben diese Decke gesehen zu haben.
Grelles Tageslicht war es gewesen, das ihr durch das Fenster ins Gesicht fiel und sie dadurch zum Erwachen brachte. Wie lange sie geschlafen hatte, wusste sie nicht. Doch mit jedem weiteren Blick durch diesen kleinen Raum wurde ihr bewusster, dass sie ihren Albträumen zum Greifen nahe stand.
Der alte, vom Holzwurm zerfressene Kleiderschrank, der Schemel mit dem verblichenen Kissen darauf oder das liebevoll verarbeitete Holzbett, in dem sie lag, waren Gegenstände, die sie viele Male schon in ihren Träumen gesehen hatte. Und doch wusste sie, dass sie den Kleiderschrank, den Schemel, das Kissen oder das Bett nicht nur aus ihren Träumen kannte. Ihr war, als hätte sie diesen Raum als Kind schon bewohnt. Sogar die Zimmertür war dieselbe geblieben – die mit den kunstvollen Verzierungen, die ihr damals schon so gut gefallen hatten. Nur das Schloss war ein anderes, das während der Jahre – oder Jahrhunderte – ausgewechselt worden war.
Ihr Kopf schmerzte ein wenig, als sie ihre Beine über die Bettkante schob, um aufzustehen. Wankend bewegte sie sich auf das Fenster zu. Es war das einzige und es gewährte Blick in einen kleinen Garten, in dessen Mitte sich ein prächtiger Kastanienbaum mit erstaunlichem Ausmaß befand. Wäre der Baum nicht, so hätte Chrissie schwören mögen, sich in jener Zeit zu befinden, an die sie durch die Träume ständig erinnert wurde.
Sie wollte das Fenster öffnen, fand jedoch nur ein Loch, in dem ein kleiner Vierkant steckte. Ein leises Schlürfen vor der Tür verriet ihr, dass jeden Augenblick jemand das Zimmer betreten wird.
Erwartungsvoll blickte sie auf die Tür, die geöffnet wurde. Ein fein aussehender Herr betrat den Raum. Bekleidet in einer gräulich schimmernden Samthose und einem weißen, mit schmucken Stickereien verziertem Hemd, das an den Handgelenken mit goldenen Manschetten zusammengehalten wurde, verliehen ihm ein seriöses, ja gar schon vertrauenerweckendes Erscheinungsbild.
Ihn hatte sie noch niemals gesehen – auch nicht in ihren Träumen.
„Du weißt, warum du hier bist?“, fragte er sie, wobei sich seine
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