Theodor: Im Zeichen des Bösen (German Edition)
Schrei, der ihn erschauern ließ.
„Wir kommen zu spät“, schrie Wesley ihn von hinten an. „Du hast zu lange gezögert.“
„Zu spät...“, murmelte Henriece in sich hinein. „Nicht ich habe zu lange gezögert. Nicht ich...“
Mit ausgreifenden Schritten rannten sie den Hillway hinauf und hielten in sicherem Abstand vor dem Tor inne. Larsens Residenz lag in völliger Dunkelheit – und es war gefährlich ruhig.
Das offenstehende Tor war vielleicht fünfzig Schritte von ihnen entfernt.
„Von Baker und seiner Truppe nicht die Spur“, flüsterte Wesley außer Atem. „Was geschieht?“
Kaum hatte er ausgesprochen, drangen hintereinander mehrere Schüsse aus dem Inneren der Villa. Lautes Poltern – unterdrückte Schreie – dann wieder Stille.
„Verdammt Henriece“, zischte Wesley. „Wir können nicht tatenlos zusehen!“
Henriece stand wie erstarrt und hielt seinen Blick unentwegt auf das Tor gerichtet, das wie von Geistes Hand aufgestoßen wurde. Sekunden darauf kam eine torkelnde Gestalt hindurchgeschritten.
„Stephen“, entfuhr es Wesley entsetzt. Er wollte losrennen – affektiv hielt Henriece ihn fest.
„Warte“, hielt er ihn davon ab, in den sicheren Tod zu rennen und zeigte auf die Person, die in unmittelbarere Nähe des Tores mit dem Rücken zu ihnen stand. Das Mondlicht erleuchtete das weiße Hemd. Langsam drehte sich die Gestalt um und blickte geradewegs in ihre Richtung.
Henriece zuckte zusammen, Wesley entfuhr ein Aufschrei. Jäh riss er das Gewehr empor und legte an. Im selben Moment verschwand die Person im Dunkeln.
„Harry Bansly“, flüsterte Henriece und wandte sich Wesley zu. „Scarliet – Joseph. Das ist Scarliet!“
Wesley zitterte am gesamten Leib. Plötzlich fielen wieder Schüsse, darauf ein gellender Schrei, der schnell in sich verstummte.
„Gehen wir“, flüsterte Henriece ihm zu. Seine Stimme klang fahl und stumpf. „Scarliet – oder Harry Bansly will Chrissie. Gehen wir und versuchen es mit unserem Leben zu verhindern.“
„Verhindern?“ Wesleys Stimme versagte.
Henriece sah ihm direkt in die Augen. „Angst“, hauchte er ihm ins Gesicht. „Du hast vor ihm Angst.“
„Harry – ist ein Satan“, flüsterte Wesley. „Harry beherrscht sie alle. Ausnahmslos alle.“
„Also doch!“ Henriece betrachtete das Athamé. „Es ist seines, Joseph. Ich werde es ihm wiedergeben.“
„Harry wird dich töten. Er wird jeden von hier töten. Harry Bansly – ich habe so gehofft, dass sie ihn für ewig ruhigstellen.“
Henriece sagte nichts. Er hatte genug von Doc Wesley und er hatte Angst um Chrissie. Langsam schritt er auf das Tor zu, ohne den leblosen Körper von Stephen Border aus dem Auge zu lassen.
„Harry ist der Leibhaftige...“, rief Wesley ihm hinterher. „Er wird dich in Stücke zerreißen.“
Henriece achtete nicht auf die Worte. Nur noch wenige Schritte trennten ihn von Stephen, der regungslos am Boden lag. Aus einem Loch in seinem Kopf quoll Blut.
„Bill“, flüsterte er zu sich. Plötzlich zuckte Stephen zusammen. Sein Kopf bewegte sich langsam in seine Richtung. Henriece blieb stehen und kniete sich zu ihm nieder.
„Das – Mädchen“, hauchte Stephen. „Er – will – das – Mädchen.“ Das waren die letzten Worte, die Stephen Border in seinem Leben gesprochen hatte. Ein Zucken durchfuhr seinen Körper – er war tot.
Henriece strich ihm über die Augenlider und huschte unter einen nahegelegenen Fliederbusch. Wieder fielen Schüsse und wieder ein lauter Schrei. Henriece atmete mehrmals tief durch. Kurz warf er einen Blick in Doc Wesleys Richtung, der soeben neben Stephen Border kniete und begann dann, sich Richtung Terrasse zu schleichen.
Als er diese erreichte, bot sich ihm ein schauriges Bild. Die Fensterläden waren zertrümmert, die Scheiben zersplittert. Inmitten auf der Terrasse lag Paul Baker mit einer Axt im Rücken auf dem Boden. Von Harry Bansly war weit und breit nichts zu sehen. Henriece befürchtete, dass er sein Ziel bereits erreicht hatte.
Geräusche neben ihm ließen ihn herumwirbeln. Doc Wesley tauchte auf.
„Zu spät“, rang Wesley nach Atem und kniete sich neben Paul Baker nieder. Daraufhin richtete sich sein Blick auf Henriece, der wie versteinert vor ihm stand und die zertrümmerte Terrassentür betrachtete.
„Wir alle sind zu Mördern geworden“, stammelte Henriece nur noch. „Gottes verdammte Mörder.“ Er nahm die drei kleinen Anhänger von seinem Hals und legte sie nebeneinander auf die
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