Theodor: Im Zeichen des Bösen (German Edition)
will wiederkommen?“
„Heute Nacht soll es geschehen“, sprach sie unbeirrt weiter. „Heute Nacht will er das Kind mit ihr zeugen. Heute Nacht ist die Nacht der Verdammnis.“
„Wer – bist du?“ Henriece legte seine Hand auf die Ihrige. „Was weißt du noch?“
„Ich weiß nichts“, antwortete sie spontan. „Ich ahne nur – und ich sehe die Zukunft. Ich sah sie sterben. John, seinen Sohn Paul, Stephen und Neil. Ich sah sie sterben, schon bevor er sie dazu bestimmt hat.“
„Und Frank Garden?“ Durch Henriece schoss ein eiskalter Schauer. Die Frau war unheimlich.
„Frank Garden ist feige“, kam es zurück. „Ich sah ihn fliehen, schon bevor er geflohen ist. Ich sehe ihn verwirrt.“
„Du hat Visionen?“ Henriece schaute durch ihre Brillengläser hindurch in die blassblauen Augen. Sein Puls beschleunigte sich.
„Ja, ich habe sie seit meiner Kindheit.“
„Ich kenne dich nicht, obwohl ich schon sehr oft hier war.“
„Ich kenne aber dich“, kam es zurück. „Ich habe dich schon oft hier gesehen. Ich wusste schon immer, dass du etwas Besonderes bist.“
„Was weißt du noch?“, wollte Henriece nun wissen. „Was weißt du von Christoph Larsen? Was von Noah Scotus und was weißt du von diesem Zeichen?“ Henriece bückte sich und malte mit dem Finger das Zeichen in die Erde.
Die Frau schreckte zusammen.
„Tu das weg!“, entfuhr es ihr und verwischte es mit dem Fuß. „Wer dieses Zeichen trägt, hat seine Seele an den Leibhaftigen verkauft.“
„Gibt es ihn?“ hakte er sofort ein. „Charles Dean erzählte mir davon.“
Die Frau ergriff wieder seinen Arm. „Ja – es gibt ihn!“, hauchte sie. „Charles ist nicht verrückt. Charles ist weise – und sie, sie halten das für verrückt.“ Sie zeigte in Richtung Dorfkern.
„Und Christoph Larsen? Wo ist er?“
Die Frau sah ihn mit strengem Blick an. „Spiele nicht“, flüsterte sie. „Ich vermute, dass er tot ist.“
„Was weißt du von ihm?“
„Sie haben mit dem Leibhaftigen gespielt. Christoph, Noah, Joseph und noch jemand, den ich aber nicht kenne.“
„Warum bist du zu mir gekommen?“, wollte Henriece dann wissen. „Du hast Angst.“
„Ja, ich habe Angst“, gestand sie ihm. „Harry ist mit ihm im Bunde. Joseph dachte wirklich, ihn beseitigen zu können. Joseph – auch ihn habe ich sterben sehen.“
„Wie?“
„Grausam. Joseph starb grausam. Er war der Einzige, der noch an das Gute geglaubt hat. Und er war der Einzige, der versucht hat, dieses Scheusal zu beseitigen.“
„Mit Scheusal meinst du Harry Bansly?“
„Ja – ihn meine ich. Harry. Harry hat uns alle unter Kontrolle. Harry kann Gedanken lesen. Und er kann jedem seinen Willen aufdrängen. Harry Bansly und dieses Wesen – sie sind eins. Durch ihn wird es wieder zu Mensch werden. Die Zukunft ist verdammt. Sie liegt in Harrys Händen – nicht mehr in Händen Gottes.“
Henriece griff in seinen Hosenbund und nahm das Athamé hervor. Die Frau schreckte zurück.
„Wie kommst du zu seinem Dolch?“ Mit großen Augen sah sie ihn dabei an.
„Ein – Freund sollte seinen Freund damit töten“, antwortete Henriece. „Ich werde ihn Harry zurückbringen.“ Henrieces Augenbrauen zogen sich eng zusammen. „Harry ist seine Marionette, mehr nicht.“
„Harry ist alles zuzutrauen“, entgegnete sie. „Er hat das Mädchen – und die Frau dieses fremden Mannes. Ich ahne Schlimmes, sehr Schlimmes...“ Sie löste sich von ihm, drehte sich um und schritt davon. Nach wenigen Metern hielt sie inne und schaute wieder zu ihm. „Heute Nacht“, sagte sie. „Heute Nacht in der Kirche will er es tun. Heute Nacht hast du die Chance, der Welt eine weitere Zukunft zu geben.“ Ohne nochmals Notiz von ihm zu nehmen, verschwand sie darauf aus seinem Blickfeld.
Nachdenklich hielt er inne und begann zu grübeln.
„Chrissie“, flüsterte er. „Jetzt musst du Geduld haben. Sehr viel Geduld.“
Henriece entschloss sich, nichts zu tun. Langsam stieg er wieder den steilen Hang hinauf zu jenem Platz, von dem aus er Harbourn überblicken konnte. Allmählich kamen die Einwohner wieder aus ihren Häusern. Er sah, wie sie sich unterhielten und er sah auch Bill, der versuchte, ein Gespräch mit ihnen zu beginnen. Sie ignorierten ihn einfach – und das machte Bill noch wütender.
Henriece ließ nichts aus den Augen. Jeder Bewegung schenkte er seine Aufmerksamkeit und immer wieder verweilte sein Blick auf dem kleinen Haus, indem er Chrissie vermutete.
Der
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