Theodor: The Theodor Story (Die Wiedergeburt) (German Edition)
vergehen, das Getöse wird zunehmend lauter, menschliche Schrei vermischen sich darunter. Von ihrem Platz aus kann sie das gesamte Tal überblicken, das nach ungefähr einhundert Metern einen Bogen macht. Auf einmal preschen zwei gewaltige Tiere um die Kurve; Staub und Schmutz wirbelt um sie herum. Verfolgt werden die zwei Urs, von einer Horde Menschen, die mit Speeren, Pfeil und Bogen sowie Steinschleudern bewaffnet sind. In rasender Geschwindigkeit nähern sich die Tiere. Medi spürt die Angst der Auerochsen, die in diesem Tal keinen Ausweg mehr finden werden und den Verfolgern hilflos ausgeliefert sind.
Thalida ist zutiefst erschrocken. Sie hat Mühe, sein Schreien durch Besänftigung zu unterdrücken.
Am Ende des Tals, in unmittelbarer Nähe ihres Verstecks, stoppen die zwei Tiere ihr Tempo bis zum Stillstand abrupt ab. Medi zählt eine Handvoll Verfolger und mit Erleichterung, aber auch mit Schrecken stellt sie fest, dass diese Menschen nicht aus ihrem Dorf sind.
Sie wuchs in dem Glauben auf, dass es nur die Menschen gibt, die sie kennt. Und das sind die von ihrem Dorf und die wenigen, die sie vor neun Monaten angetroffen hatte und dann weiter gezogen sind. Nur Atila wusste von diesen anderen Menschen. Sie war mit ihm im Wald unterwegs, als sie ihnen begegneten. Einer von ihnen, der Jüngste, schwängerte sie vor den Augen des Dorfältesten, der es nicht verhindern konnte, da er von den anderen festgehalten wurde. Atila und Medi redeten nicht darüber. Medi hatte es über sich ergehen lassen und neun Monate lang gut verborgen.
Einer der Auerochsen senkt seinen Kopf, die Hörner nach vorne gerichtet jagt er plötzlich los. Mit ungeahnter Kraft, gewissermaßen aus dem Stand, erreicht er eine Geschwindigkeit, mit der die Jäger nicht gerechnet haben. Der erste Pfeil bohrt sich in sein rechtes Schulterblatt, was ihn nicht merklich beeinflusste. Auch ein Speer, der sich tief in seine Flanke bohrt, vermag ihn nicht zu stoppen. Nur noch wenige Meter von den Jägern entfernt nimmt er nochmals an Tempo zu. Das scheint wohl das Zeichen für den zweiten Auerochsen gewesen zu sein, der mit selbiger Kraft auf die Jäger zu prescht…
Im selben Moment, in dem ein gezielt abgeschossener Pfeil sich in seine Stirn bohrt, schreckte Chrissie auf.
Ein leises Klopfen, von der Terrassentür.
Frank Garden! Schoss es ihr durch den Kopf. Mit pochendem Herzen schlich sie sich zur Terrassentür und schob mit einem Ruck den Vorhang beiseite.
Jemand stand vor der Tür. Eingemummt in einem dicken Pelzmantel, den Kragen weit ins Gesicht gezogen, den Kopf bedeckt mit einer buschigen Pelzmütze konnte Chrissie erst auf den zweiten Blick erkennen, dass es Henriece war, der darauf wartete, eintreten zu dürfen.
„Henriece“, rief sie unterdrückt aus und ließ ihn herein.
„Bitte, erschrecke nicht“, flüsterte er, nahm die Pelzmütze ab und faltete den Kragen nach hinten.
Sein Gesicht war tief eingefallen, sein Haar war leicht ergraut. Vorsichtig wollte sie sein Gesicht berühren, Henriece hielt sie jedoch davon ab.
„Nicht“, sagte er. „Ich fühle mich nicht sehr wohl in dieser alten verschrumpelten Haut. Ich komme mir vor wie ein fauliger Apfel.“ Auch seine Stimme klang eingefallen und kraftlos. Mit festem Blick sah er ihr in die Augen. „Ich muss dich nochmal sehen, bevor ich gehen werde“, sagte er leise. „Theodors Macht ist unermesslich. Wenn ich hier bleibe, werde ich es nicht überleben.“
„Du warst die ganze Zeit hier?“ Chrissies Gesicht verfinstere sich. „Ich habe dich vermisst. Warum bist du nicht früher gekommen?“
„Ich war bis vor Wintereinbruch in Harbourn. So vieles ist geschehen und doch ist das nur ein Sandkorn gegenüber dem, was noch kommen wird“, erwiderte er und legte seine Hände auf ihre Schultern. Die Handschuhe hatte er noch anbehalten. Ein sonderbares Gefühl durchströmte Chrissie. Sie erschrak darüber.
„Im selben Monat, in dem das Kind erwartet wird, bin ich zurück“
„Du warst in Harbourn? Die ganze Zeit?“ Chrissie machte einen Schritt zurück. „Wie geht es den Menschen in Harbourn?“
„Ich habe nicht mit ihnen gesprochen.“
„Was hast du in Harbourn gemacht?“
„Chrissie“, hauchte Henriece ihren Namen aus. „Ich trage Theodors Macht in mir und du trägst den Antichristen in dir. Du wirst einem Menschen das Leben schenken, der die dunkelste Macht, wie du sie dir nicht vorstellen kannst, in sich trägt. Ich habe noch mehr in Harbourn gefunden. In dem
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