Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
wahren und befiehlt, ihm ohne alle Furcht vor Betrug zu glauben; und er sagt, dass diejenigen Falsche und des Todes Schuldige wären, welche fälschlich, wenn auch im Namen Gottes, etwas verkündet hätten, oder die falsche Götter gelehrt hätten, wenn sie auch wirklich Wunder verrichtet. Deshalb brauchen auch wir nur aus diesem Grunde der Schrift, d.h. den Propheten zu glauben; nämlich wegen ihrer durch Zeichen bekräftigten Lehre. Nur weil wir sehen, dass die Propheten die Liebe und Gerechtigkeit über Alles empfehlen und nur dies bezwecken, schliessen wir, dass sie nicht in blosser Absicht, sondern im wahren Geiste gelehrt haben, dass die Menschen durch Gehorsam und Glauben selig werden, und weil sie dies noch durch Zeichen bekräftigt haben, sind wir überzeugt, dass sie dies nicht leichtsinnig gesagt, noch dass sie bei ihren Weissagungen irrsinnig geredet haben. Wir werden darin noch mehr bestärkt, wenn wir bemerken, dass sie nichts als sittlich gelehrt, was nicht mit der Vernunft völlig übereinstimmt; denn es ist kein Ungefähr, dass das Wort Gottes in den Propheten mit dem Wort Gottes, was in uns spricht, ganz übereinstimmt. Dies können wir ebenso sicher aus der Bibel, wie ehedem die Juden aus der lebendigen Rede der Propheten, abnehmen; denn ich habe oben in Kap. 12 gezeigt, dass die Schrift in Bezug auf die Lehre und das Wichtigste der Ereignisse unverderbt in unsere Hände gekommen ist. Deshalb nehmen wir diese Grundlage der ganzen Theologie und Bibel, wenn sie auch nicht mathematisch bewiesen werden kann, doch mit gesundem Urtheile an. Denn es ist Thorheit, wenn man das nicht annehmen will, was durch die Zeugnisse so vieler Propheten befestigt ist, und was Denen, die an Verstand nicht hervorragen, einen grossen Trost gewährt, was für den Staat von nicht geringem Nutzen ist, und was man ohne alle Gefahr und Schaden glauben kann, und zwar, wenn man dies blos deshalb nicht will, weil es nicht mathematisch bewiesen werden kann; als wenn wir zur weisen Einrichtung unseres Lebens nur das als wahr zulassen dürften, was durch keinen Grund in Zweifel gezogen werden kann; oder als wenn die meisten unserer Handlungen nicht sehr unsicher und voll des Zufalls wären!
Ich erkenne zwar an, dass, wenn man meint, Theologie und Philosophie widersprächen einander, und deshalb störe eine die andere in ihrem Reiche, und man müsse diese oder jene verabschieden, man dann mit Recht einen sicheren Grund für die Theologie zu legen und sie mathematisch zu beweisen suchen muss; denn nur ein Wahnsinniger und Verzweifelnder könnte die Vernunft leichthin verabscheuen, Künste und Wissenschaft verachten und die Gewissheit und Vernunft bestreiten. Aber ich kann einstweilen es nicht völlig entschuldigen, wenn man die Vernunft zu Hülfe rufen will, nur um sie zu verstossen und mit festen Gründen sie unzuverlässig zu machen. Ja, indem man durch mathematische Beweise die Wahrheit und das Ansehn der Theologie darzulegen sich bemüht und der Vernunft und dem natürlichen Licht Beides zu nehmen, zieht man vielmehr die Theologie unter die Herrschaft der Vernunft und nimmt offen an, dass das Ansehn der Theologie ohne Glanz sei, wenn das natürliche Licht der Vernunft sie nicht erleuchte. Wenn man dagegen sich rühmt, nur dem inneren Zeugniss des heiligen Geistes zu vertrauen und die Hülfe der Vernunft nur herbeinimmt, um die ungläubigen zu überzeugen, aber ohne ihren Aussprüchen Glauben zu schenken, so ist leicht zu zeigen, dass dies nur aus Leidenschaft oder aus eitler Ruhmsucht behauptet wird. Denn aus dem vorgehenden Kapitel ergiebt sich klar, dass der heilige Geist nur über gute Werke Zeugniss ablegt; deshalb nennt Paulus in seinem Briefe an die Galater v. 22 sie die Frucht des heiligen Geistes, und dieser selbst ist in Wahrheit nichts als die Seelenruhe, welche aus guten Handlungen hervorgeht. Dagegen giebt der Geist kein Zeugniss über die Wahrheit und Gewissheit dessen, was nur der Spekulation angehört, neben der Vernunft, welcher allein, wie gezeigt, das Reich der Wahrheit gebührt. Wenn man also behauptet, ausser diesem Geist einen anderen zu haben, der der Wahrheit versichere, so rühmt man sich dessen fälschlich und spricht nur so aus Vorurtheil der Leidenschaft, oder man flüchtet aus grosser Furcht zu dem Heiligen, damit man nicht von der Philosophie erfasst und öffentlich dem Gelächter preisgegeben werde. Aber dies geschieht vergeblich; denn welchen Altar kann sich der bereiten, welcher die Majestät
Weitere Kostenlose Bücher