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Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baruch de Spinoza
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bereit, diese Rechte zu vertheidigen, da bei deren Einrichtung keine Rücksicht auf den König, sondern nur auf das Volk oder den Rath, welche die Herrschaft zu besitzen meinten, genommen werden konnte; hätte daher der König die alten Rechte des Volkes vertheidigt, so hätte er mehr der Knecht wie der Herr geschienen. Deshalb wird ein neuer Monarch mit grossem Eifer suchen, neue Gesetze zu geben und die Rechte des Landes in seinem Interesse zu ändern und das Volk so zu stellen, dass es den Königen nicht ebenso leicht ihre Würde nehmen wie geben kann.
     
    Allein es ist nicht minder gefährlich, einen Monarchen zu beseitigen, wenn es auch auf alle Weise feststeht, dass er ein Tyrann ist. Denn ein an die königliche Herrschaft gewöhntes und nur durch diese gezügeltes Volk wird einen Geringeren verachten und verspotten. Beseitigt es deshalb den Einen, so muss es, wie sonst die Propheten, einen Anderen an dessen Stelle setzen, der nicht freiwillig, sondern aus Noth Tyrann sein wird. Denn soll er, wenn die von dem Königsmord noch blutigen Hände der Bürger und der Vatermord als eine gute That gefeiert werden, glauben, es sei blos geschehen, um nur an diesem Einen ein Beispiel aufzustellen? Fürwahr, will er König sein und das Volk nicht als Richter des Königs und als seinen Herrn anerkennen, und will er nicht blos bittweise regieren, so muss er den Tod seines Vorgängers rächen und um seinetwillen ein Beispiel geben, damit das Volk eine solche That nicht noch einmal zu vollbringen wage. Nun kann aber der Mord des Tyrannen durch den Tod von Bürgern nicht wohl gerächt werden, ohne die Sache des früheren Tyrannen zugleich in Schutz zu nehmen und seine Thaten zu billigen, und so wird er nothwendig in alle Fusstapfen desselben treten. Daher kommt es, dass ein Volk zwar den Tyrannen oft wechseln, aber niemals beseitigen und die monarchische Staatsform in eine andere umwandeln kann. Das englische Volk hat ein verhängnissvolles Beispiel dazu geliefert. Es suchte nach Gründen, den Monarchen mit dem Schein Rechtens zu beseitigen; allein nachdem dies geschehen war, konnte es nichts weniger als die Staatsform verändern, vielmehr gelangte es nach vielem Blutvergiessen nur dahin, dass der neue Monarch einen anderen Titel bekam, als wenn der ganze Streit nur den Titel betroffen hätte, und dieser konnte sich nur dadurch erhalten, dass er die königliche Nachkommenschaft ganz vernichtete, die Freunde des Königs und die einer solchen nur Verdächtigen tödtete und die Musse des Friedens, die allen Gerüchten Glauben schenkt, durch Krieg vertrieb, damit die Menge durch die Neuerungen beschäftigt wurde, und die Gedanken von dem Königsmord auf Anderes gewendet wurden. So bemerkte das Volk erst spät, dass es für das Wohl des Vaterlandes nichts gethan, als das Recht des gesetzmässigen Königs verletzt und alle Angelegenheiten in eine schlimmere Lage gebracht hatte. Deshalb beschloss es, sobald es anging, den gethanen Schritt zurückzuthun, und es ruhte nicht, bis Alles wieder in den alten Stand gebracht war.
     
    Vielleicht entgegnet man, auf das Beispiel des Römischen Volkes gestützt, dass das Volk leicht einen Tyrannen beseitigen könne; allein ich glaube, dies Beispiel bestätigt eher meine Ansicht. Allerdings konnte das Römische Volk einen Tyrannen viel leichter beseitigen und die Staatsform ändern, weil das Recht, den König und dessen Nachfolger zu wählen, dem Volke zustand, und weil es sich noch nicht an den Gehorsam unter Könige gewohnt hatte; es war aus aufrührerischen und verbrecherischen Menschen zusammengesetzt, und von sechs Königen, die es vorher gehabt, hatte es drei ermordet; allein dennoch geschah nichts weiter, als dass es statt eines Tyrannen mehrere erwählte, welche es immer in äusserliche oder innerliche Kriege jämmerlich verwickelten, bis endlich die Herrschaft wieder auf einen Monarchen kam, der, wie in England, nur den Samen gewechselt hatte. Was die Stände in Holland anlangt, so haben diese, so viel ich weiss, nie Könige gehabt, sondern Grafen, auf welche nie die Staatsgewalt übertragen worden ist. Denn die hochmögenden Stände von Holland thun in einer von ihnen zur Zeit des Grafen von Leicester erlassenen Erklärung kund, dass sie sich ihr Rocht, diese Grafen an ihre Pflicht zu erinnern, immer vorbehalten, und dass sie die Macht sich vorbehalten, dieses Recht und die Freiheiten der Bürger zu vertheidigen und sich an ihnen, wenn sie in Tyrannen ausarten sollten, zu rächen und

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