Theopolis - Heimat meines Herzens
hier aufhielt. Constantine würde es nicht billigen, dass sie in Selbstmitleid zerfloss. Er wollte, dass sie die Reise genoss. Abgesehen von der Gefälligkeit, die sie ihm erweisen sollte, wollte er ihr einen denkwürdigen Urlaub bescheren, damit sie ein für alle Mal die psychologischen Mauern überwand, die sie um sich errichtet hatte.
Ich werde die Tage genießen, beschloss Joanna. Sie würde sich die Freude nicht durch die jungen Kastros verderben lassen. Dafür war sie zu zäh. Und je früher sie das merkten, desto besser.
Zu Joannas großem Kummer war Constantine gegen Mittag noch schwächer.
Sein Diener Philip empfing sie mit einem Wortschwall in seiner Muttersprache.
Hilflos hob sie die Hände. “Tut mir leid …”
“Wir brauchen einen Arzt, kiria”, erklärte er stockend. “Kirie Constantine ist krank.”
Sie erschrak. “Was ist passiert?”
“Ich kenne Kirie Constantine pola … viele Jahre. Er schläft viel zu viel.”
“Er ist erschöpft”, behauptete sie unsicher.
Philip schüttelte den Kopf. “Ich glaube, wir sollten Kirie Demetri fragen, kiria. Er wird wissen, was zu tun ist.”
Sie überlegte fieberhaft. “Haben Sie mit Kirie Constantine darüber gesprochen?”
“Okhi, nein, kiria.” Der Diener seufzte. “Er schläft die ganze Zeit.”
Sie bemühte sich, ihre Furcht zu verdrängen. Seit seiner Entlassung aus dem Krankenhaus hatte Constantine den größten Teil des Tages geruht. Die Ereignisse der letzten Tage waren extrem anstrengend für einen Mann in seinem Zustand gewesen. Daher war es sehr vernünftig, wenn er schlief. Andererseits …
“Ich werde selbst nach ihm sehen”, entschied sie mit mehr Zuversicht, als sie empfand. “Lassen Sie mich ein paar Minuten zu ihm. Dann unterhalten wir uns weiter.”
“Ja, kiria.”
Nachdem sie die Tür leise hinter sich ins Schloss gezogen hatte, näherte sie sich dem Bett. Constantine hatte die Augen geschlossen, doch als sie auf ihn hinabblickte, schlug er die Lider auf.
“Hallo”, flüsterte sie. “Wie geht es dir?”
“Ich muss zugeben, dass ich ein bisschen müder bin, als ich erwartet hatte”, erwiderte er. “Entschuldige. Wie spät ist es?”
Joanna setzte sich vorsichtig auf die Bettkante und nahm seine Hand. “Es ist halb eins. Möchtest du etwas Lunch?”
“Lunch?” Seine entsetzte Miene verriet ihn, doch er hatte sich gleich wieder in der Gewalt. “Joanna, Liebes, ich bin jetzt nicht hungrig.”
“Schon gut.” Besänftigend drückte sie seine Finger. “Du sollst dich zu nichts zwingen. Hast du deine Medikamente genommen? Kann ich irgendetwas für dich tun?”
Er schüttelte den Kopf. “Mir geht es wirklich gut”, log er. “In ein paar Stunden bin ich wieder auf den Beinen. Leider müssen wir unseren Ausflug auf morgen verschieben.”
“Kein Problem.” Sie zögerte. “Soll ich nicht lieber Demetri informieren …”
“Nein!” Zum ersten Mal, seit sie das Zimmer betreten hatte, wirkte er lebhaft. “Versprich mir, dass du Demetri nicht einweihst. Wenn er wüsste … wenn er den Verdacht hätte, ich wäre nicht vollständig genesen, würde er die Hochzeit absagen. Ich kenne meinen Sohn. Er ist ein guter Mann, und ich liebe ihn, aber ich werde ihm nicht gestatten, mich als Invaliden zu behandeln und Alex’ Glück zu ruinieren.”
Joanna hatte die dunkle Ahnung, das Alex’ Glück in jedem Fall ruiniert wäre, wenn sie erst erfuhr, wie es um ihren Vater stand, doch sie konnte jetzt nicht mit Constantine streiten. Nichtsdestotrotz verspürte sie ein gewisses Mitgefühl für Demetri. Constantine mochte die nobelsten Motive haben, seine Kinder würden dennoch am Boden zerstört sein, wenn die Wahrheit herauskam.
“Er rechnet fest damit, nachmittags mit dir zu reden”, wandte sie ein. “Sicher wird er mich fragen, was los ist. Meine Erklärungen haben ihn schon heute Morgen nicht befriedigt.”
“Dann musst du eben improvisieren”, schlug Constantine vor. “Dir fällt bestimmt etwas ein, um das Misstrauen meines Sohnes zu zerstreuen.” Ein wehmütiges Lächeln umspielte seine Lippen. “Benutze deine Fantasie.”
“Verlangst du etwa, dass ich …”
“Nein, nein”, unterbrach er sie rasch. “Bitte ihn, dich zum Tempel der Athene zu begleiten. Demetri ist in Geschichte überaus bewandert. Der Tempel ist der höchste Punkt der Insel. Die Aussicht ist …” Er verstummte erschöpft. “Es tut mir leid. Ich wollte dir so gern selbst meine Insel zeigen.”
“Das wirst du auch”,
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