Thondras Kinder - Roberts, A: Thondras Kinder
warf ihm noch einen aufmunternden Blick zu, bevor sie dem hochgewachsenen Elfen durch den uralten Wald folgte. Bald erreichten sie einen Platz, an dem große Monolithen standen. In ihrer Mitte war eine riesige Esche zu sehen. Ihre uralten Wurzeln wölbten sich über den Waldboden.
»Als ich noch sehr jung war«, erklärte Thalien nachdenklich, »da war dieser Baum noch ganz klein, und neben ihm stand eine noch sehr viel mächtigere Esche.«
Rijana blickte auf einen Baumstumpf, von dem kaum mehr etwas zu sehen war. »Wie alt seid Ihr denn?«, wagte sie vorsichtig zu fragen.
»8352 Jahre, ungefähr zumindest«, antwortete Thalien lächelnd.
Rijana staunte. Ihr war klar gewesen, dass der Elf sehr alt sein musste, wenn er die erste Schlacht der Sieben miterlebt hatte, doch nun diese Zahl zu hören verblüffte sie ungemein.
Er strich mit der Hand sanft über den Boden. Plötzlich schob sich ein moosbewachsener Stein lautlos zur Seite. Eine Öffnung gab den Blick auf eine Vielzahl von Stufen frei.
»Ich mag diese unterirdischen Gänge und Höhlen nicht sonderlich«, murmelte der Elf entschuldigend. »Aber sie dienen unserer Sicherheit, falls die Menschen oder irgendwelche finsteren Wesen in unsere Wälder eindringen sollten.«
Rijana folgte Thalien hinab in die Tiefe. Der Weg wirkte zuerst sehr dunkel, fast bedrückend, aber schon nach kurzer Zeit standen sie in einer Höhle, die von magischem Licht beleuchtet wurde. Prachtvolle Elfenschwerter, Rüstungen, Schmuckstücke, Becher und vieles andere wurde hier gelagert. Rijana hielt überrascht und fasziniert inne. Selbst im Schloss von König Greedeon hatte sie nicht so viele beeindruckende Gegenstände auf einmal gesehen. Thalien ging zielstrebig auf eines der Schwerter zu und hob es hoch. Rijana stockte der Atem – es war eines der sieben Schwerter, prächtig gearbeitet und mit Runen verziert.
Thalien trat näher und reichte es ihr. »Das ist deines.«
Sie nahm das perfekt ausbalancierte Schwert entgegen und spürte gleich, dass es so war, wie der Elf gesagt hatte. Dieses Schwert war das ihre, daran gab es keinen Zweifel.
»Woher habt ihr es?«, fragte sie heiser.
Thalien lächelte traurig. »Damals bei der Schlacht um Catharga gab es hohe Verluste. Und wie du sicher weißt, haben die Wesen der Finsternis damals gesiegt.« Er seufzte. »Wir hatten uns in den Bergen versteckt, sodass wir sehen konnten, wie aussichtslos die Schlacht war. Als der Kampf dann beendet war, konnten wir noch einige Menschen retten. Wir wollten uns zwar nicht einmischen, aber wir können einfach nicht aus unserer Haut, wir sind nun einmal die Bewahrer des Lebens.« Er wirkte traurig. »Du warst tot, so wie all deine Freunde. Also nahmen wir dein Schwert, damit es nicht in die Hände des Königs fallen konnte, der damals über Ursann herrschte.«
Rijana strich vorsichtig und ehrfürchtig über die silberne Klinge. Es fühlte sich gut an, dieses Schwert in der Hand zu halten.
»Meint Ihr«, fragte sie und blickte zu dem Elfen auf, »dass es eines Tages möglich sein wird, dass Menschen, Elfen und alle anderen Völker in Frieden miteinander leben können?«
Der alte Elf lächelte traurig. »Das weiß ich nicht.«
»Wird es wieder einen Verräter geben?«
Thalien legte seinen Arm um sie. »Das kann ich dir nicht sagen, aber wahrscheinlich wird es so sein.«
Rijanas Augen blitzten plötzlich trotzig auf. »Aber Ariac wird uns nicht verraten! Er ist kein schlechter Mensch!«
Der Elf lächelte. »Es ist schön, dass du ihm so vertraust. Er wird Freunde wie dich brauchen können, damit man ihm glaubt.«
»Dann denkt Ihr auch nicht, dass er uns verraten wird?«
Thalien hob die Schultern. »Dein Herz wird dir den richtigen Weg weisen.« Er betrachtete sie eindringlich. »Nur eines kann ich dir sagen. Der letzte Verräter war Slavon, und dies ist keiner von Ariacs früheren Namen.«
Rijana wurde sehr nachdenklich. »Und welcher meiner Freunde war Slavon?«
»Das könnte ich dir erst sagen, wenn ich ihn vor mir stehen sähe«, sagte der alte Elf bedauernd.
»Danke für das Schwert«, meinte sie leise.
Anschließend gingen sie durch die Abenddämmerung zurück und trafen auf Ariac, der bereits ungeduldig wartete. Er bestaunte das Schwert, und allmählich begann er zu glauben, dass die Elfen ihnen wirklich nichts Böses wollten. Zusammen mit Rijana stieg er über eine Strickleiter aus Lianen den Baum hinauf, in dessen dicke Äste ein Baumhaus aus Blättern und Zweigen gebaut worden
Weitere Kostenlose Bücher