Thondras Kinder - Roberts, A: Thondras Kinder
ihrem Bett saß und noch ein wenig auf das dunkle Meer hinabblickte, kam Saliah zu ihr. Das blonde Mädchen setzte sich zu ihr aufs Bett. »Was hast du da eigentlich für eine Kette um den Hals hängen? Hast du die von deinen Eltern?«
Rijana schüttelte den Kopf und wurde traurig. »Nein, die hat mir ein Freund geschenkt.«
Saliah nahm sie mitfühlend in den Arm. »War er aus deinem Dorf?«
Erneut schüttelte Rijana den Kopf. »Eigentlich hätte er auch hierherkommen sollen, aber König Scurrs Soldaten haben ihn mitgenommen. Hoffentlich sehe ich ihn eines Tages wieder.«
Saliah schreckte zurück und packte Rijana anschließend fest am Arm. »Du musst ihn vergessen! Wenn du ihn jemals wiedersiehst, dann wird er dein Feind sein, und du wirst gegen ihn kämpfen müssen.«
Das jüngere Mädchen riss erschrocken die Augen auf und umklammerte die Pfeilspitze. »Nein, wird er nicht! Ariac hat versprochen, mich zu beschützen. Wir sind für den Rest unseres Lebens Freunde.«
Rijana hatte einen wilden Blick aufgesetzt. Sie würde Ariac gegen jeden verteidigen, der etwas Schlechtes über ihn sagte, so, wie Ariac es bei ihr getan hatte.
Ehe Saliah noch etwas erwidern konnte, kam Ronda hinzu. »Schon gut, Saliah, lass sie.«
Widerstrebend ließ Saliah sich von Ronda wegziehen. In einer Ecke flüsterte Ronda ihr zu: »Sie wird ihn ohnehin nicht wiedererkennen und ihn längst vergessen haben.«
Saliah legte sich ins Bett. Kurz bevor sie einschlief, sagte sie noch: »Entschuldige, Rijana, ich wollte dir nicht wehtun.«
Die lag mit offenen Augen im Bett und hielt ihre Kette fest. Sie dachte an Ariac und hoffte, dass es ihm gut ging.
Rijana und zu seiner eigenen Überraschung sogar Rudrinn lebten sich in der folgenden Zeit gut auf Camasann ein. Sie lernten Lesen und Schreiben, was Rudrinn allerdings gar nicht gefiel. Er trieb Zauberer Tomis regelmäßig in den Wahnsinn. Sie begannen mit dem Schwertkampftraining und mit dem Bogenschießen, lernten Reiten und auch gutes Benehmen. Es war eine harte, aber auch gerechte Ausbildung. Natürlich kamen die beiden nicht mit allen Kindern aus.Vor allem Rudrinn stritt sich sehr häufig mit seinem Mentor Firon. Doch zum Jahreswechsel, als die Ernte eingebracht war, hatten sich Freundschaften gefestigt.
Rijana, Rudrinn, Broderick, Falkann und Saliah verstanden sich besonders gut miteinander. Broderick und Falkann waren schon seit vielen Jahren gute Freunde, sie hatten beinahe gleichzeitig mit ihrer Ausbildung begonnen. Die beiden konnten zwar unterschiedlicher nicht sein: Falkann war ernsthaft, wohlerzogen und der Schwarm aller jüngeren Mädchen, während Broderick, der aus Errindale stammte und die ersten Jahre in einem Wirtshaus verbracht hatte, ständig nur Blödsinn im Kopf hatte und häufig sehr ungehobelt war. Rudrinn mochte sowohl Falkann als auch Broderick, wobei er sich doch noch mehr zu dem ständig Blödsinn treibenden Jungen aus Errindale hingezogen fühlte.
Einmal saßen Rudrinn, Rijana und weitere zwanzig der jüngeren Kinder in dem kleinen Turmzimmer, wo Lesen und Schreiben unterrichtet wurde. Rijana stellte sich schon sehr geschickt an. Ihr gefiel es, Geschichten aus Büchern zu lesen. Rudrinn hingegen, der neben ihr saß, kritzelte nur mit seiner Feder am Rand des alten Buches herum, in dem sie eigentlich
lesen sollten. Zauberer Tomis kam zu ihm und sein schmales Gesicht verzerrte sich vor Wut. Er packte den Piratenjungen am Ohr und zog ihn hoch.
Rudrinn schrie empört auf.
»Bücher sind etwas sehr Wertvolles«, schnarrte Tomis. »Wenn du ungehobelter Pirat schon nicht Lesen lernen willst, dann zerstöre zumindest nicht das Eigentum der Schule.«
Rudrinn funkelte den Zauberer wütend an. Schon jetzt war er größer als dieser.
»Ich brauche keine Bücher. Seekarten reichen mir!«
Tomis schüttelte missbilligend den Kopf. »Das ist Bildung, und in dieser Schule wirst du gebildet werden, ob es dir nun gefällt oder nicht.«
Rudrinn schnaubte und fegte das Buch mit einer wütenden Handbewegung vom Tisch. »Wenn ich endlich diese verdammte Insel verlassen darf, dann nehme ich einige Bücher mit.« Tomis blickte ihn überrascht an, und Rudrinn fügte verächtlich hinzu: »Damit ich mir damit meinen Hintern abputzen kann.«
Tomis schnappte empört nach Luft, verpasste Rudrinn eine schallende Ohrfeige und schickte ihn in die Ecke.
»Und du schreibst bis morgen die Regeln der Schule zehn Mal ab«, rief er mit hochrotem Kopf.
Die anderen Kinder konnten sich
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