Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Thorn - Die letzte Rose

Thorn - Die letzte Rose

Titel: Thorn - Die letzte Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kastenholz
Vom Netzwerk:
doch keinen Zweck. Aufrecht zu sterben war allemal besser als jammernd zu krepieren oder die Sucker-Meister sogar auf Knien anzuflehen, sie mochten ihn doch am Leben lassen. Um keinen Preis der Welt würde er das tun!
    Der Tod war das Los eines jeden, der im Dienst der ROSE stand. Sie alle waren verflucht. Womöglich war der neue Prokurator nur deshalb der Organisation beigetreten, weil er endlich sterben wollte.
    Aber er würde so viele stinkende Vampire mitnehmen wie es ging!
    Der Körper des Knappen wurde plötzlich steif wie ein Brett. Schlagartig beruhigte sich sein Atem, hob und senkte sich seine Brust im steten, gefassten Takt.
    Blitzschnell wandte sich Cesaro um und stellte sich breitbeinig auf. Leise scharrte er mit den Sporen über den Boden.
    Wie in Trance, fast erstarrt, horchte er in die Dunkelheit. Er vernahm noch immer die Schritte, die eilig näher kamen, doch er versuchte sich einzureden, es machte ihm nichts mehr aus. Ohne dem fahlen Funken Panik, der unaufhörlich wachsen und ihn in Besitz nehmen wollte, Beachtung zu schenken, lud der Knappe seine Pistolen nach. Eine der Waffen steckte er sich griffbereit in den Gürtel, die andere hielt er locker in der Linken. Er wirkte ohne jegliche Hektik.
    Kurz fuhr er sich über sein Spitzbärtchen, als wolle er kontrollieren, dass es noch an seinem Platz war. Fahrig langsam griff er dann mit der Rechten nach seinem Bowie-Messer.
    Er wusste, seine Chancen waren geringer als Null.
    Aber wenigstens würde er in Würde sterben.
     
    *
     
    „Ah, schau emoal ...“ knurrte eine sonore, männliche Stimme, als am Eingang der Sackgasse vier nachtdunkle Gestalten auftauchten und abrupt stehen blieben. Ihre Blicke durchbrachen die Düsternis wie Katzenaugen, doch vermutlich hatten sie ihr Opfer schon von weitem gerochen. Seinen Schweiß, das Leder seiner Kleidung und sein süßes, köstliches Blut.
    Der Mann, der das gesagt hatte, schien etwa vierzig Jahre alt zu sein und war bärtig. Er trug Jeans, Turnschuhe und ein Sweatshirt, das über seinem Bauch bedenklich spannte. Er hatte seine Worte nicht gebrüllt, sondern völlig normal ausgesprochen. Dennoch kam es Cesaro vor wie ein gellender Schrei auf einem verwaisten, nachmitternächtlichen Friedhof, auf dem er die einzige Leiche war.
    Spott klang in den Worten der Frau wider: „Schauts’n eich oa, wen hommer’n dänn doa ...? Ihs dehs niert unser klahner Hosnscheißer vo ehm?“
    Der Knappe meinte ein Schmunzeln in ihrem Gesicht zu erkennen, was schon allein aufgrund der Lichtverhältnisse gar nicht möglich war. Außerdem hatte sie kein Gesicht, sondern eine nach Blut lechzende Fratz mit bizarr verlängerten Augenzähnen, die nichts auf der Erde lieber wollten, als sich in Cesaros Fleisch zu bohren und es zu zerfetzen.
    „Hout der wirklä denkt, er kannt uns so oafach umläign, göh?“
    „Woas fir a Tschuschn ...“ Dieses Knirschen gehörte einem durchtrainierten Mittzwanziger, jedenfalls sah er so aus. Vielleicht war er auch mit Mitte zwanzig zum Vampir geworden und war tatsächlich schon Jahrhunderte alt. „Woas moant’s ’n ihr? Soll’n mer’n assaffn oda lejwer zu oim vo uns moch’n?“
    „Schau der’n doch oa, den Buarschn ...“ Der vierte Sucker-Meister, dem Aussehen zufolge ebenfalls irgendwo in den Zwanzigern anzusiedeln, gab nun ebenfalls seinen Senf dazu, während das Quartett penetrant langsam, sich seiner Sache völlig sicher, auf den Gun-Man zukam. „Siart niart ihwel ahs, göh? Ammend koarer jo guart lutschn ... Un wenn niart, kimmer’n jo ummer nuh sa bleda Guargl umdrahn ...“
    „Ohwer des gitt dann wieda ’s Problöm, wer vo uns ’n dann fir sei Glickn kriagt. Mir sollt’nm glai sa bleda Guargl umdrahn, dann sammer’n los.“
    Philip Cesaro verstand kein Wort! Er beherrschte sechs Sprachen, immerhin gut genug, um eine einfache Unterhaltung zu führen und im Steakhouse ein Essen zu bestellen: Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch, Polnisch und Italienisch ohnehin, die Sprache des Landes, wo er in einem Kloster aufgewachsen war. Dazu kamen noch einige Brocken Russisch, Portugiesisch und Türkisch, was er im Laufe der Jahre hier und da aufgeschnappt hatte. Auf Türkisch ließ es sich vor allem gut und derb fluchen.
    ‚Wiener Schmäh’ war keines seiner Schulfächer gewesen.
    Doch es war auch gar nicht nötig, das Quartett zu verstehen. Er wusste auch so, sie planten nicht, ihn an ihrer nächsten Skat-Runde teilhaben zu lassen. Höchstens als Ehrengast, dessen Platz sich

Weitere Kostenlose Bücher