Thorns of Darkness 01 - Dark
kannst du die Ranch gar nicht verfehlen.“
„Danke“, murmelte ich.
„Gern geschehen“, sagte der Alte und fuhr weiter.
Ich stieg in meinen Mietwagen und schaltete die nutzlose Navi aus.
„Zweihundert Yards!“, schnaubte ich empört. „Wohl eher zwei Meilen.“
Nach einer Weile entdeckte ich endlich die Einfahrt und bog links ab. Die Straße war eher ein etwas besserer Feldweg, unbefestigt, aber zum Glück ohne größere Schlaglöcher. Ungeduldig, endlich mein Ziel zu erreichen, gab ich Gas. Ich hatte schon fast vergessen, wie eintönig die Landschaft in weiten Teilen Arizonas war. Rechts und links von mir gab es nichts als Sandwüste mit Felsen, ein paar Sträuchern und vereinzelten Bäumen. In der Ferne erhob sich der Berg, zu dessen Fuße die Ranch lag. Ich beschleunigte noch einmal, als plötzlich ein Schatten wie aus dem Nichts auftauchte, und ich sah einen Hund auf die Fahrbahn laufen. Ich stieg auf die Bremse und riss das Steuer herum, nur um mich plötzlich einem schwarzen Ungetüm gegenüber zu sehen, das einen Satz über meine Motorhaube machte. Schweißgebadet kam ich mit dem verdammten Wagen zum Stehen. Nach einer Schrecksekunde schnallte ich mich ab und stieg aus dem Auto.
Was zum Teufel ...?
„Du Idiot! Das ist doch keine Rennstrecke hier!“, wurde ich nicht sehr freundlich empfangen. „Erst überfährst du beinahe meinen Hund, dann auch noch Devil und mich!“
„Devil?“, brachte ich verständnislos hervor.
Mein Blick fiel auf das schwarze, nervös hin und her tänzelnde Ungetüm vor mir. Auf dem Pferderücken saß ein Mädchen, den Hut so tief in die Stirn gezogen, dass ich kaum etwas von ihrem Gesicht sehen konnte. Die Stimme klang älter, als sie der Größe nach zu sein schien. Ohne sie näher zu sehen, schätzte ich sie auf vielleicht vierzehn oder fünfzehn.
„Ich wusste gleich, dass du hier nur Unruhe stiften würdest“, schimpfte sie weiter. „Du hättest bei deinen verdammten Groupies bleiben sollen.“
„Moment mal!“, sagte ich jetzt ärgerlich. Eigentlich hatte ich mich für mein Rasen und den Beinahe-Unfall entschuldigen wollen, doch nachdem dieses Mädchen mich so offen feindselig begrüßt hatte, stand mir auf einmal nicht mehr der Sinn danach. „Wer zum Teufel bist du, dass du so mit mir redest? Ich glaube kaum, dass wir uns kennen!“
„Ich würde nicht sagen, dass wir uns kennen . Als ich dich zuletzt gesehen habe, war ich elf.“
„Ich war schon zehn Jahre nicht mehr hier“, widersprach ich.
„Genau! Wie ich sagte. Vor zehn Jahren, als ich elf war!“
Sie ist eine Frau , stellte ich ungläubig fest. Sie ist einundzwanzig. Bisschen klein geraten. An der ist ja nichts dran.
„Ich habe keine Ahnung, warum du offensichtlich so eine große Abneigung gegen mich hast“, sagte ich ärgerlich. „Ich erinnere mich dunkel an dich, doch ich hab dir bestimmt nichts getan. Da bin ich ganz sicher. Und für dies hier möchte ich mich wirklich entschuldigen. Ich hätte nicht so schnell fahren dürfen. Aber das ist trotzdem kein Grund, mich ...“
„Ach, sei still!“, fuhr sie mich an. „Ich hab keine Lust, mich mit einem verwöhnten Möchtegernstar weiter zu unterhalten. Ich hoffe, dass du schnellstmöglich wieder deine Koffer packst und dahin gehst, wo du hergekommen bist.“
Mit diesen Worten wendete sie ihr Pferd und galoppierte davon.
„Na, das fängt ja gut an“, murmelte ich verärgert und stieg wieder in meinen Wagen.
***
Geena
Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich Devil vor dem Stall zügelte. Meine erste Begegnung mit Johns Enkel war ja nicht gerade gut verlaufen. Ich war vor Schreck so außer mir gewesen, dass ich ihm was weiß ich alles an den Kopf geworfen hatte. Hoffentlich beschwerte er sich nicht bei John über mich. Ich würde meinen Job hier ungern verlieren. Three Oaks war schon immer mehr mein Zuhause gewesen als die kleine Hütte, die ich mit meinem Vater bewohnt hatte. Zum Glück war der Bastard seit vier Jahren tot! Seit ich ihn damals in Notwehr getötet hatte, lebte ich hier auf der Ranch. Ich hatte mich schon seit meinem sechsten Lebensjahr hier rumgetrieben. Wegen der Pferde. John hatte mir Reitunterricht gegeben und mit zwölf hatte ich angefangen, für ihn Pferde zu trainieren. John war auch derjenige gewesen, der bei der Polizei ausgesagt hatte, dass ich in Notwehr gehandelt hatte. Er wusste einiges über meinen Vater, hatte er doch viele meiner blauen Flecken und Narben gesehen. Doch er wusste nicht alles.
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