Thors Valhall
zu trinken!“ Cay erschrak selbst über seine direkten Worte. Doch er konnte Dylans Anblick einfach nicht mehr ertragen. War das Dylan Perk? Der Mann, der nicht umsonst als die S chwarze Furie bezeichnet wurde, der Mann, der zu gerne aus der Haut fuhr und für Wirbel in der Musikbranche sorgte? Der Mann, der in der Vergangenheit zurecht von Männlein und Weiblein verehrt und vergöttert wurde, denn er war sexy, gut aussehend, unberechenbar.
Der Mann, dem Cay jetzt allerdings gegenüberstand, glich eher einem bedauernswerten Säufer.
Und Cay fehlte der Mut, die Lebenserfahrung, um mit der Situation umgehen zu können. So blieb ihm nur die Flucht, das Verlassen des Geschehens, welches ihn bis auf die Knochen erschütterte. Sein festes Schuhwerk erzeugte auf der Treppe polternde Laute, doch die konnten nicht verhindern, dass er in diesem Moment auch noch anderen Lärm registrierte.
Ein Scheppern, das Klirren von Glas, dann … ein dumpfer Aufprall.
Sofort hielt er inne und lauschte. Jetzt waren andere Geräusche zu hören. Vibrierendes Pochen, erschwerte Atmung …
„Dylan?“
Als keine Antwort ertönte, lief Cay die Stufen wieder hinauf. Er eilte in Dylans Zimmer, und was ihn dort erwartete, kam wie ein Schock über ihn.
Dylan lag auf dem Boden, sein Leib zitterte stark. Offensichtlich hatte er das Bewusstsein verloren, hatte bei seinem Sturz den kompletten Inhalt des Schminktisches mit sich gerissen. Lippenstift, Nagellack und Flakons lagen verstreut um ihn herum. Die Flasche Whiskey lag daneben.
„Dylan!“ Cay schrie vor Entsetzen. „Was ist denn mit dir?“ Er kniete sich nieder, versuchte, Dylan aufzurichten, doch dessen Körper zitterte zu stark, er schüttelte sich, wobei sein Kopf unsanft auf den Boden schlug. Sein Leib schien steif, war kaum zu bewegen. Schließlich quoll eine schäumende Masse aus seinem Mund, erbrochene Flüssigkeit folgte. Mit aller Kraft drehte Cay ihn auf die Seite, sodass weiteres Sekret aus ihm herauslief.
„Dylan!“ Cay rüttelte an dem Körper, der sich nur langsam beruhigte, allerdings nicht wachzuwerden schien. Da zückte Cay sein Handy, um einen Notruf abzusetzen. Als er sicher war, dass Dylan nicht weiter erbrechen würde, angelte er sich auch dessen Handy, welches griffbereit auf dem Tisch lag. Schnell hatte er die Telefonnummer von Carol, Dylans Leibärztin, ermittelt und so wählte er auch ihre Nummer.
„Carol? – Hier ist Cay, ich bin grad im Bungalow! Kannst du schnell rüberkommen, bitte? Mit Dylan stimmt etwas nicht!“
Sofort war Carol in höchste Alarmbereitschaft versetzt.
„Wieso, was ist mit ihm?“
„Ich weiß es nicht!“, schrie Cay ins Handy, er war ganz außer sich. „Er ist ohnmächtig geworden, hat am ganzen Leib gezittert und wird nicht mehr wach …“
„Ich komme sofort!“
Carol zog ihren Ärztekittel aus, ergriff ihren Notfallkoffer und machte sich sofort auf den Weg. Dass ihre Patienten in der Praxis nun warten mussten, war ihr schlichtweg egal.
Seit mehreren Jahren kümmerte sie sich um die ärztliche Betreuung von Dylan Perk, und seine gesundheitlichen Probleme kamen meist völlig unvorbereitet.
Mehrfach war sie schon in den Bungalow gerufen worden, um Verletzungen zu versorgen, die er sich während seiner typischen Wutausbrüche zugezogen hatte.
Es kam nicht selten vor, dass er sich von Unmut geleitet selbst verletzte, in dem er Mobiliar zerstörte oder wild um sich schlug.
Auch während der Tourneen war Carol ständig mit von der Partie. Dylan machte sich gerne Feinde, geriet viel zu oft in Schlägereien. Sie mochte sich gar nicht mehr an die letzte Tournee zurückentsinnen, bei der Dylan sogar einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte – den hatte er jedoch Thor Fahlstrøm zu verdanken.
Aber jetzt klang der Notruf nach einem ganz anderen Geschehen.
Da sie nur zwei Häuserblocks entfernt wohnte, traf sie noch vor dem Rettungsdienst am Bungalow ein. Einst hatte ihr Tony, ganz unauffällig, einen Schlüssel für das Haus zugesteckt. „Für alle Fälle“ , hatte er damals gesagt.
Carol hatte immer gehofft, dass sie nie von dem Schlüssel Gebrauch machen musste, an diesem Tag war sie jedoch froh, dass sie ohne Cays Hilfe in das Gebäude gelangen konnte.
„Cay? Wo bist du?“, rief sie laut, während sie durch den Flur rannte.
„Hier oben! In seinem Zimmer!“
Es reichte ein prüfender Blick, in dem Carol erkannte, was geschehen sein musste.
„Hat er getrunken?“ Eine Frage, die fast überflüssig schien. Der
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