Thriller: Tickende Bombe: Die iranische Bedrohung (Bücher auf Deutsch) (German Edition)
doch wer zählte schon fünfzehn Minuten an einem Ort, wo die Zeit so subjektiv war? Aber nach den Blicken der Anzüge in dem Konferenzraum zu urteilen war die Uhrzeit doch nicht so subjektiv, wie ich dachte. „Sie warten auf mich?“, fragte ich, besorgt über den Empfang. „Offensichtlich“, sagte der etwas ältere Direktor.
Ich erlaubte mir, zur Kaffeemaschine zu gehen und mir eine Tasse Espresso zu machen. „Könnte ich Sie bitte für einen Moment sprechen?“, sagte ich zum alten Gelbrat. „Was wissen die über mich?“, hakte ich nach.
„Nichts“, erklärte mir Herr Gelbrat und schaute mich verwundert an.
„Meinen Namen?“, fragte ich.
„Noch nicht einmal den.“ Nach seinem Ton zu urteilen, schien er sich über meine Fragen zu wundern. Ich hielt es für notwendig, ihm meine Absichten zu erklären und das, was ich vorhatte, zu begründen. Zu meiner Überraschung war er einverstanden und gab mir völlig freie Hand. Erst viel später wurde mir klar, was ich damals nicht geahnt hatte: Dass ich derjenige war, der hier manipuliert wurde, alles war ein Teil einer bereits planten Verschwörung.
Henry Gelbrat kannte ich durch Dede, einen alten Freund von mir. Wir trafen uns vor zehn Jahren, als ich Kommandeur einer Armee-Einheit war. Damals war ich ein ehrgeiziger junger Mann, noch nicht verheiratet und der Weg zum Erfolg war vor mir gepflastert. Ich schaute von oben herab auf die Welt, mit einem Gefühl der totalen Kontrolle, und konnte es damals noch nicht begreifen, wie zerbrechlich das menschliche Leben war und inwiefern die Kontrolle nur eine Illusion war. Ich traf den Mann einmal, wir sprachen über dies und jenes, hauptsächlich über den Zionismus. Vor Kurzem hörte Gelbrat, dass ich geschieden und arbeitslos war, verzweifelt auf der Suche nach einem Neuanfang im Ausland, und sofort bot er mir eine Stelle an.
Herr Gelbrat war ein Mann von siebzig Jahren, Franzose, ein Industrieller und Besitzer von vielen Fabriken. Sehr nett, höflich und ein Freimaurer. Er war der Vater von Zwillingen, von denen der eine bei einem Autounfall ums Leben gekommen und der andere chronisch krank war. Anne, die erste Frau des zweiten Sohnes, arbeitete als Sekretärin in der Kunststofffabrik vom alten Gelbrat ... Der mir mein Gehalt bezahlte ... Der Hauptgrund für meine Auswanderung nach Westen.
„Ich glaube, ich habe einen großen Kunden“, sagte ich zu dem Alten. „Aber“, sagte ich voll geschäftlicher Dreistigkeit, „er kennt mich unter einem anderen Namen ... Das ist die Voraussetzung.“
Sofort erhielt ich die Zustimmung des alten Geschäftsmanns. Er wollte nichts über das Geschäft oder den Namen des Käufers wissen ... Er gab nur seine Zustimmung. Er wollte auch nichts über meine Kenntnisse im Bereich Kunststoff oder Verwaltung wissen. „Hallo, ich bin Kamal. Ich bin der neue Produktionsleiter und alles, was Sie an dieser Stelle von mir wissen sollten, ist, dass ich verspreche und fest entschlossen bin, dass Sie hier den besten Service erhalten“, erklärte ich den wichtigen Kunden der Kunststofffabrik an meinem ersten Arbeitstag.
Jedes Mal, wenn ich meinen neuen Namen aussprach, versuchte ich, nicht zu viel nachzudenken und mich gemäß der imaginären Person zu verhalten. Ich gewöhnte mich sehr schnell an den Namen Kamal, mit all seinen Implikationen, den ethnischen, religiösen und kulturellen. Später, im gleichen Konferenzraum, erklärte ich meinen Kollegen: „Ich bin Kamal. Ich bin gekommen, um meine Hand für den Erfolg zu geben. Herr Gelbrat ist ein Freund der Familie.“
„Ich bin Kamal“, sagte ich meinen neuen Namen, ohne zu zögern, und in diesem Moment begriff ich, dass ich bereit war, einen Job auf mich zu nehmen, der viel komplizierter war als der in der Kunststofffabrik. „Ich bin kein großer Redner. Ich messe die Menschen an ihrer Arbeitsmoral“, sagte ich kurz, um das Thema Kunststoffe zu meiden, mit dem ich überhaupt nicht vertraut war. „Aber ich lerne schnell“, versicherte ich dem alten Mann, der auch anwesend war und jedes Wort hörte. „Zeit ist Geld“, erklärte der Chef prompt und lud mich zu einer kurzen Pause im Café außerhalb der Fabrik ein.
Herr Gelbrat trank einen starken, schwarzen Kaffee in einem Zug, wie einen Schnaps. „Der Kaffee ist für das Gehirn und nicht für den Magen“, sagte er immer, wenn jemand die seltsame Angewohnheit bemerkte.
Bei all unseren häufig vorkommenden Treffen sprach er nie
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