Throne of Glass – Die Erwählte
sprecht von Anarchie und Verrat.«
»Ich spreche nicht von Anarchie. Nennt mich meinetwegen eine Verräterin – ich bin bereits als Assassinin verurteilt.«
Er rückte näher an sie heran und seine Finger streiften ihre Hand – schwielig, warm und fest. »Ihr könnt es Euch einfach nicht verkneifen, mir in allem zu widersprechen, stimmt’s?« Sie fühlte sich aufgekratzt – aber gleichzeitig ungewöhnlich ruhig. Unter seinem Blick wurde etwas zum Leben erweckt und etwas anderes schlief ein. »Eure Augen sind sehr seltsam«, sagte er. »Noch nie habe ich Augen mit einem so leuchtend goldenen Ring gesehen.«
»Wollt Ihr Euch mit Komplimenten bei mir einschmeicheln? Ich fürchte, das wird nicht funktionieren.«
»Es war nur eine Beobachtung, ich wollte damit nichts erreichen.« Er sah auf ihre Hände, die sich immer noch berührten. »Wo habt Ihr diesen Ring her?«
Zur Faust geballt zog sie die Hand weg. Der Amethyst glühte im Feuerschein. »Es war ein Geschenk.«
»Von wem?«
»Das geht Euch nichts an.«
Er zuckte mit den Achseln, aber sie erzählte ihm lieber nicht, woher sie den Ring hatte – Chaol würde bestimmt nicht wollen, dass Dorian es erfuhr. »Ich wüsste gern, wer meinem Champion Ringe schenkt.«
Beim Anblick des Kragens seiner schwarzen Jacke, der sich um seinen Nacken schmiegte, war es ihr unmöglich, still zu sitzen. Sie wollte ihn berühren, die Linie zwischen seiner gebräunten Haut und dem goldenen Futter des Stoffs nachzeichnen.
»Billard?«, fragte sie und sprang auf. »Ich könnte noch eine Lektion gebrauchen.« Ohne seine Antwort abzuwarten, lief Celaena ins Spielzimmer. Sie sehnte sich danach, dicht bei ihm zu stehen und zuspüren, wie ihre Haut unter seinem Atem warm wurde. Sie mochte das. Schlimmer noch, sie begriff, dass sie ihn mochte.
~
Chaol beobachtete Perrington an seinem Tisch im Speisesaal. Als er den Herzog von Verins Tod unterrichtet hatte, hatte dieser nicht beunruhigt gewirkt. Chaol sah sich in dem riesigen Saal um; tatsächlich verhielten sich die meisten der Ratsherren, die einen Champion unterstützten, wie sonst auch. Idioten. Wenn Celaena recht hatte, war vielleicht einer von ihnen für die Morde an den Champions verantwortlich. Aber welcher der königlichen Ratsherren würde so unbedingt gewinnen wollen, dass er zu solchen Mitteln griff? Chaol streckte die Beine unter dem Tisch aus und richtete die Aufmerksamkeit wieder auf Perrington.
Er hatte beobachtet, wie geschickt der Herzog seinen Einfluss und seinen Titel eingesetzt hatte, um im königlichen Rat Verbündete zu gewinnen und Gegner zum Stillhalten zu überreden. Aber an diesem Abend war das Interesse des Captains nicht von Perringtons taktischen Manövern geweckt worden, sondern von den kurzen Augenblicken zwischen Grinsen und Lachen, in denen sich das Gesicht des Herzogs seltsam verdüsterte. Es war kein Ausdruck von Zorn oder Empörung, sondern ein Schatten, der sich über seine Augen legte. Als Chaol es zum ersten Mal bemerkte, fand er es so merkwürdig, dass er länger bei Tisch blieb, nur um zu sehen, ob es noch einmal vorkam.
Kurz darauf geschah es wieder. Perringtons Augen wurden komplett schwarz und sein Gesicht leer, so als sähe er die Welt, wie sie wirklich war, und fände weder Freude noch Vergnügen daran. Chaol lehnte sich in seinem Stuhl zurück und nippte an seinem Wasser.
Er wusste nicht viel über den Herzog und hatte ihm, genau wie Dorian, nie ganz über den Weg getraut. Insbesondere nicht nach dem ganzen Gerede darüber, Nehemia als Geisel zu benutzen, um die Aufständischen in Eyllwe zur Kapitulation zu zwingen. Aber der König vertraute ihm von allen Beratern am meisten, und bis auf seinen unerschütterlichen Glauben an Adarlans Recht auf Eroberung hatte Perrington bisher keinen Grund zum Argwohn geboten.
Wenige Stühle weiter saß Kaltain Rompier. Chaol hob leicht eine Augenbraue. Ihr Blick ruhte ebenfalls auf Perrington – und zwar nicht von der Sehnsucht einer Geliebten erfüllt, sondern in kalter Betrachtung versunken. Chaol hob die Arme über den Kopf und reckte sich. Wo war Dorian? Der Prinz war nicht zum Abendessen erschienen und war auch nicht in den Zwingern bei der Hündin und ihren Welpen gewesen. Chaol sah noch einmal den Herzog an. Da war es wieder!
Perringtons Blick war auf den schwarzen Ring an seiner linken Hand gerichtet und das Weiße in seinen Augen verdunkelte sich, als dehnte die Pupille sich auf die ganze Iris aus. Dann wurde sein Blick wieder
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