Throne of Glass – Die Erwählte
stattfinden?«
Chaol schüttelte den Kopf und sah zu Grave und Renault, demSöldner aus der Skull’s Bay. Zu ihrer Befriedigung sahen sie in der Kälte ebenfalls ziemlich jämmerlich aus. »Wir wussten es nicht. Der König hat es eben erst entschieden«, antwortete er. »Wenigstens ist es dann schneller vorbei.« Er lächelte leicht, doch sie erwiderte es nicht.
Der Himmel war strahlend blau und Celaena biss die Zähne zusammen, als sie von einer heftigen Bö erfasst wurde. Die dreizehn Plätze am Tisch waren allmählich fast alle besetzt, die Mitte nahmen der König und Perrington ein. Hinter dem Herzog stand Kaltain in einem wunderschönen roten Umhang mit weißem Pelzfutter. Ihre Blicke trafen sich und Celaena fragte sich, warum die junge Frau sie anlächelte. Dann sah Kaltain zum Uhrturm. Celaena folgte ihrem Blick und begriff.
Cain lehnte am Turm. Seine Muskeln sprengten beinah seine Tunika. All die Kraft, die er geraubt hatte … Was wäre geschehen, wenn der Ridderak auch sie getötet hätte? Wie viel stärker wäre Cain heute? Zu allem Überfluss trug er die rot-goldene Uniform der königlichen Leibgarde mit dem gestickten Wyvern über der breiten Brust. Das Schwert um seine Hüfte war wunderschön. Zweifellos ein Geschenk von Perrington. Wusste der Herzog, welche Mächte sein Champion beherrschte? Selbst wenn sie ihn verriet, würde ihr niemand glauben.
Übelkeit stieg in ihr auf, aber Chaol fasste sie am Ellbogen und führte sie zum anderen Ende des Platzes. Am Tisch bemerkte sie zwei ältere Männer, die sie ängstlich beobachteten. Sie nickte ihnen zu.
Lord Urizen und Lord Garnel. Ihr habt offenbar das Ziel erreicht, das Euch sogar einen Mord wert war. Und offenbar hat Euch jemand erzählt, wer ich wirklich bin.
Vor zwei Jahren hatten beide sie unabhängig voneinander beauftragt, denselben Mann zu töten. Darauf hatte sie sie natürlich nichthingewiesen und von beiden Geld genommen. Als sie Lord Garnel zuzwinkerte, wurde er blass, warf mit einer hektischen Bewegung seinen Becher heiße Schokolade um und ruinierte die vor ihm liegenden Papiere. Oh, sie würde ihre Geheimnisse bewahren; ansonsten würde sie ihrem eigenen Ruf schaden. Aber falls am Ende doch der Rat über ihre Freiheit entscheiden müsste … Sie lächelte Lord Urizen zu, der geflissentlich woanders hinsah. Dafür hielt ein anderer Mann den Blick auf sie gerichtet.
Der König . Tief in ihrem Inneren erbebte sie, aber sie verneigte sich trotzdem leicht vor ihm.
»Seid Ihr bereit?«, fragte Chaol. Celaena erschrak. Sie hatte ganz vergessen, dass er neben ihr stand.
»Ja«, sagte sie, auch wenn es nicht stimmte. Der Wind peitschte ihr durchs Haar und verknotete es mit eisigen Fingern. Dorian, wie immer herzzerreißend schön, erschien am Tisch, schob die Hände in die Taschen und lächelte sie grimmig an. Dann sah er zu seinem Vater.
Der letzte der königlichen Ratsherren nahm am Tisch Platz. Celaena legte den Kopf schief, als Nehemia auftauchte und sich an den Rand des großen weißen Kreises stellte. Die Prinzessin sah ihr in die Augen und hob aufmunternd das Kinn. Sie war aufsehenerregend gekleidet: eine eng anliegende Hose, darüber eine mehrlagige, mit eisernen, gewundenen Ketten besetzte Tunika und kniehohe Stiefel. Sie trug ihren hölzernen Kampfstock bei sich, der bis zu ihrem Kopf aufragte. Ihr zu Ehren, begriff Celaena mit einem Brennen in den Augen. Eine Kriegerin würdigte die andere.
Als sich der König erhob, verstummten alle. Celaenas Inneres wurde zu Stein und sie fühlte sich unbeholfen und dumm, leicht und schwach wie ein Neugeborenes.
Chaol stieß sie mit dem Ellbogen an, damit sie zum Tisch vortrat. Sie konzentrierte sich auf ihre Schritte und sah dem König nicht insGesicht. Zum Glück stand sie zwischen Renault und Grave. Wäre es Cain gewesen, hätte sie ihm vielleicht das Genick gebrochen, einfach damit es schneller vorbei wäre. So viele Leute sahen sie an …
Sie befand sich keine drei Meter vom König von Adarlan entfernt. An diesem Tisch wurde über Freiheit oder Tod entschieden. Ihre Vergangenheit und ihre Zukunft saßen auf einem Thron aus Glas.
Ihr Blick wanderte zu Nehemia, deren schöne, glühende Augen sie bis ins Mark erwärmten und sie beruhigten.
Der König von Adarlan ergriff das Wort. Celaena wusste, dass sein Anblick ihr die Kraft rauben würde, die sie in Nehemias Augen gefunden hatte. Also sah sie ihn nicht an, sondern den Thron hinter ihm. Sie fragte sich, ob Kaltains Anwesenheit
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