Throne of Glass – Die Erwählte
unterbrechen – fuhr Celaenas Kopf hoch. Dorian verbeugte sich vor seinem Vater und nickte denschweigenden Ratsherren zu. Der König entließ seinen Sohn mit einer ungeduldigen Handbewegung, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Bevor Dorian den Raum verließ, zwinkerte er Chaol zu.
»Wenn es keine Fragen gibt«, sagte der König zu den Champions und den sie unterstützenden Ratsherren in einem Ton, der durchblicken ließ, dass Fragen nur zum Galgen führen konnten, »dann habt Ihr die Erlaubnis zu gehen. Vergesst nicht, dass Ihr hier seid, um mich und mein Reich zu ehren. Geht nun.«
Celaena und Chaol schwiegen, als sie sich rasch vom Pulk der Champions und ihrer Unterstützer entfernten, die noch dablieben, um sich zu unterhalten und, vor allem, um sich gegenseitig zu taxieren. Mit jedem Schritt, der sie vom König wegführte, kehrte die Wärme in Celaenas Körper zurück. Erst als sie um eine Ecke gebogen waren, atmete Chaol hörbar aus und nahm die Hand von ihrem Rücken.
»Ihr habt es ausnahmsweise geschafft, Euren Mund zu halten«, sagte er.
»Und wie überzeugend sie genickt und geknickst hat!«, hörten sie eine vergnügte Stimme. Es war Dorian, der lässig an einer Wand lehnte.
»Was machst du hier?«, fragte Chaol.
Dorian stieß sich von der Wand ab. »Was schon! Auf Euch warten.«
»Wir sehen uns sowieso nachher beim Abendessen«, sagte Chaol.
»Ich spreche von meinem Champion«, erklärte Dorian mit einem schalkhaften Aufblitzen der Augen. Celaena fiel ein, wie er am Tag ihrer Ankunft die Hofdame angelächelt hatte, und sah starr geradeaus. Als sie weitergingen, nahm der Kronprinz den ungefährlichen Platz auf Chaols anderer Seite ein. »Ich entschuldige mich für die Grobheit meines Vaters.« Celaena starrte vor sich in den Flur, aufdie Diener, die sich vor Dorian verneigten, die er aber nicht weiter beachtete.
»Beim Wyrd!« Dorian lachte. »Sein Training hat schon angeschlagen!« Er stieß Chaol den Ellbogen in die Rippen. »So unverfroren, wie ihr beide mich ignoriert, könnte man sie glatt für deine Schwester halten! Dabei seht ihr zwei euch gar nicht ähnlich – es wäre nicht nett, eine so hübsche Person als deine Schwester auszugeben.«
Celaena konnte sich den Anflug eines Lächelns nicht verkneifen. Sie und der Kronprinz waren beide bei strengen, unversöhnlichen Vätern aufgewachsen – in ihrem Fall war es allerdings eher eine Vaterfigur gewesen. Arobynn war nie an die Stelle ihres verlorenen Vaters getreten und hatte es auch nie versucht, aber er hatte wenigstens einen Grund dafür gehabt, sie gleichermaßen zu vergöttern und zu tyrannisieren. Warum hatte der König von Adarlan zugelassen, dass sein Sohn ihm so gar nicht ähnelte?
»Sieh an!«, sagte Dorian. »Eine Reaktion – den Göttern sei Dank, ich habe sie erheitert.« Er warf einen Blick hinter sich, um sicherzugehen, dass niemand zugegen war, bevor er leise weitersprach. »Ich glaube nicht, dass Chaol Euch vor der Versammlung in unseren Plan eingeweiht hat.«
»Welchen Plan?« Celaena strich über die Perlenstickerei auf ihren Röcken und beobachtete, wie sie im Nachmittagslicht schimmerte.
»Darüber, wer Ihr seid. Wie Ihr wisst, sollt Ihr es niemandem verraten. Eure Mitbewerber könnten das eine oder andere über Adarlans Assassinin wissen und es gegen Euch verwenden.«
»Und wer soll ich nun genau sein?«
»Für alle anderen im Schloss ist Euer Name Lillian Gordaina«, sagte Dorian. »Eure Mutter ist tot und Euer Vater ein wohlhabender Händler aus Bellhaven. Ihr seid die einzige Erbin seines Vermögens. Natürlich habt Ihr ein dunkles Geheimnis: Nachts geht Ihr als Juwelendiebin auf Beutezug. Ich habe Euch diesen Sommer im Urlaub inBellhaven kennengelernt. Ihr habt versucht, mich zu bestehlen, und da erkannte ich Euer Potenzial. Doch Euer Vater kam hinter Euer nächtliches Vergnügen und brachte Euch in einen kleinen Ort bei Endovier, um Euch von den Verlockungen der Stadt fernzuhalten. Als mein Vater beschloss, diesen Wettkampf zu veranstalten, habe ich mich auf die Suche nach Euch gemacht und Euch als meinen Champion hergebracht. Die Lücken könnt Ihr selbst füllen.«
Celaena hob die Augenbrauen. »Im Ernst? Eine Juwelendiebin?«
Chaol prustete, aber Dorian sprach weiter. »Es klingt irgendwie romantisch, findet Ihr nicht?« Als Celaena nicht antwortete, fragte der Prinz: »Findet Ihr Gefallen an meinem Zuhause?«
»Es ist wirklich sehr schön«, sagte sie gelangweilt.
»›Wirklich sehr schön‹?
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