Throne of Glass – Die Erwählte
dankenswerterweise schlicht hellgrau, die walnussbraunen Wildlederstiefel sahen für einen richtigen Mann allerdings viel zu neu aus.
»Dorian, mein Lieber, du hast schlechte Laune.« Er warf seiner Mutter ein entschuldigendes Lächeln zu. »Ich habe einen Brief von Hollin bekommen. Er lässt dich grüßen.«
»Steht irgendetwas Interessantes drin?«
»Nur dass er das Internat hasst und nach Hause will.«
»Das schreibt er jedes Mal.«
Die Königin von Adarlan seufzte. »Wenn dein Vater mich nicht daran hindern würde, hätte ich ihn längst nach Hause geholt.«
»Das Internat ist besser für ihn.« Für Hollin galt: Je weiter weg, desto besser.
Georgina musterte ihren Sohn. »Du hast dich immer gut betragen und deinen Lehrern gehorcht. Ach, mein armer Hollin. Wenn ich tot bin, kümmerst du dich um ihn, ja?«
»Tot? Mutter, du bist gerade einmal –«
»Ich weiß sehr gut, wie alt ich bin.« Sie hob die über und über mit Ringen bedeckte Hand und bedeutete ihm zu schweigen. »Eben deshalb musst du heiraten. Und zwar bald.«
»Heiraten?« Dorian knirschte mit den Zähnen. »Wen denn?«
»Dorian, du bist der Kronprinz. Und außerdem schon neunzehn. Willst du König werden und ohne einen Erben sterben, damit Hollin den Thron bekommt?« Dorian schwieg. »Das habe ich mir gedacht.« Nach einer kurzen Pause fügte die Königin hinzu: »Es gibt viele junge Damen, die eine gute Ehefrau abgeben würden. Am besten wäre natürlich eine Prinzessin.«
»Leider sind keine Prinzessinnen mehr übrig«, gab er ein wenig scharf zurück.
»Nur Prinzessin Nehemia.« Sie lachte und tätschelte seine Hand. »Oh, keine Sorge. Ich würde dich nie zwingen, diese Frau zu heiraten. Es wundert mich, dass dein Vater ihr überhaupt noch gestattet, den Titel zu tragen. Dieses herrische, hochnäsige Ding – wusstest du, dass sie sich geweigert hat, ein Kleid zu tragen, das ich ihr geschickt habe?«
»Sicher hatte sie ihre Gründe«, sagte Dorian mit Bedacht. Die unterschwelligen Vorurteile seiner Mutter regten ihn auf. »Ich habe nur einmal mit ihr gesprochen, aber sie wirkte … erfrischend.«
»Dann solltest du sie vielleicht doch heiraten.« Bevor er etwas erwidern konnte, lachte seine Mutter wieder.
Dorian lächelte matt. Ihm war nicht wirklich klar, warum sein Vater auf die Bitte des Königs von Eyllwe eingegangen war. Er hatte dessen Tochter am Hof von Adarlan aufgenommen, damit sie die hiesigen Sitten besser kennenlernte, aber als Botschafterin war Nehemia nicht gerade die beste Wahl. Gerüchten zufolge unterstützte sie die Aufständischen in Eyllwe und hatte sich für die Schließung des Arbeitslagers in Calaculla eingesetzt. Wobei er ihr Letzteres eigentlich nicht verübeln konnte. Nicht nachdem er gesehenhatte, wie grauenhaft es in Endovier war und wie man Celaena Sardothiens Körper dort zugrunde gerichtet hatte. Aber sein Vater tat nie etwas ohne Grund – und bei den wenigen Worten, die er mit Nehemia gewechselt hatte, hatte er sich unwillkürlich gefragt, ob sie für ihre Anwesenheit nicht vielleicht auch einen Grund hatte.
»Schade, dass Lady Kaltain schon an Herzog Perrington vergeben ist«, sprach seine Mutter weiter. »Sie ist ein so wunderschönes Mädchen. Und so höflich. Vielleicht hat sie eine Schwester.«
Dorian verschränkte die Arme und schluckte seinen Widerwillen hinunter. Kaltain stand am anderen Ende des Saals und er war sich ihres Blickes, der sich an jede einzelne seiner Bewegungen heftete, nur allzu bewusst. Er setzte sich anders hin; vom langen Sitzen tat ihm schon das Steißbein weh.
»Was ist mit Elise?«, fragte die Königin und zeigte auf eine blonde, junge Frau in einem lavendelfarbenen Kleid. »Sie ist schön. Und sie kann sehr ausgelassen sein.«
Wie ich selbst schon herausgefunden habe.
»Elise langweilt mich«, sagte er.
»Ach, Dorian.« Georgina legte sich eine Hand aufs Herz. »Du willst mir doch nicht sagen, dass du aus Liebe heiraten willst, oder? Liebe ist keine Garantie für eine erfolgreiche Ehe.«
Dorian war entsetzlich gelangweilt. Gelangweilt von diesen Frauen und den Höflingen, die sich als seine Freunde ausgaben. Alles langweilte ihn.
Er hatte gehofft, seine Langeweile mit der Reise nach Endovier bezwingen zu können, dass er froh wäre, wieder nach Hause zu kommen, aber sein Zuhause erschien ihm genauso wie vorher. Dieselben Damen sahen ihn mit sehnsüchtigen Blicken an, dieselben Dienstmädchen zwinkerten ihm zu, dieselben Ratsherren schoben Entwürfe für neue
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