Throne of Glass – Die Erwählte
Gesetze mit hoffnungsvollen Anmerkungen unter seiner Tür durch. Und sein Vater … Sein Vater warnur mit seinem Eroberungsfeldzug beschäftigt und würde erst ruhen, wenn Adarlans Flagge auf allen Kontinenten wehte. Selbst die Wette um die sogenannten Champions war quälend öde. Am Ende würden Cain und Celaena gegeneinander antreten, das war klar, und bis dann … Alle anderen Champions waren Zeitverschwendung.
»Du hast schon wieder schlechte Laune. Hat dich etwas verärgert, mein Liebling? Hast du von Rosamund gehört? Mein armer Junge – sie hat dir wirklich das Herz gebrochen!« Die Königin schüttelte den Kopf. »Dabei ist es schon ein ganzes Jahr her …« Dorian schwieg. Er wollte nicht an Rosamund denken – oder an den ungehobelten Ehemann, für den sie ihn verlassen hatte.
Einige Edelleute begannen zu tanzen, bewegten sich aufeinander zu und wieder auseinander. Viele waren in seinem Alter, aber irgendwie lag eine unüberbrückbare Kluft zwischen ihnen. Dorian fühlte sich nicht älter oder irgendwie klüger, sondern eher …
Er fühlte etwas in sich, das nicht zu ihrer Fröhlichkeit, ihrem bewussten Ausblenden der Welt außerhalb des Schlosses passte. Es war mehr als nur sein Rang. In seiner frühen Jugend hatte er sich in ihrer Gesellschaft wohlgefühlt, aber dann war ihm deutlich geworden, dass er immer etwas abseitsstehen würde. Das Schlimmste war, dass sie nicht einmal zu bemerken schienen, dass er anders war. Wäre Chaol nicht gewesen, hätte er sich unendlich einsam gefühlt.
»Wie auch immer«, sagte seine Mutter und schnippte mit ihren Elfenbeinfingern nach einer der Hofdamen. »Bestimmt überhäuft dein Vater dich mit Arbeit, aber wenn du ein paar Minuten für mich und das Schicksal deines Königreichs erübrigen kannst, dann sieh dir das an.« Mit einem Knicks überreichte die Hofdame ihm ein zusammengefaltetes Papier mit dem blutroten Siegel seiner Mutter. Als Dorian es aufbrach und die lange Liste von Namen erblickte,wurde ihm übel. Alles Damen von adliger Abstammung, alle im heiratsfähigen Alter.
»Was ist das?«, fragte er und musste sich beherrschen, das Blatt nicht einfach in Fetzen zu reißen.
Die Königin warf ihm ein einnehmendes Lächeln zu. »Eine Liste möglicher Gemahlinnen. Jede von ihnen wäre geeignet, die Krone zu tragen. Und jede, so versichert man mir, ist durchaus imstande, dir Erben zu schenken.«
Dorian stopfte die Liste in seine Westentasche. Er konnte nicht länger still sitzen. »Ich werde darüber nachdenken«, sagte er, und bevor seine Mutter etwas erwidern konnte, war er vom Podest mit dem Baldachin heruntergestiegen. Augenblicklich umringten ihn fünf junge Damen und fragten, ob er tanzen wolle, wie sein Befinden sei, ob er den Samhain-Ball besuchen werde. Ihre Worte schwirrten um ihn herum und er starrte sie ausdruckslos an. Wie hießen sie noch gleich?
Er blickte über ihre juwelengeschmückten Köpfe hinweg zur Tür. Wenn er noch länger hierblieb, würde er ersticken. Mit pflichtschuldigen Abschiedsworten verließ er den lärmenden Saal. Die Liste der möglichen Bräute brannte wie Feuer in seiner Tasche.
Dorian schob die Hände in die Hosentaschen und lief ziellos durchs Schloss. Die Zwinger waren leer – die Hunde waren draußen auf der Rennbahn. Gern hätte er nach einer der trächtigen Hündinnen gesehen, obwohl man jetzt sowieso noch nichts über den Wurf sagen konnte. Er hoffte auf reinrassige Welpen, allerdings brach die Mutter öfter aus ihrem Pferch aus. Sie war seine schnellste Läuferin, aber ihre Wildheit hatte er nie bezwingen können.
Er hatte keine Ahnung, wo er eigentlich hinwollte. Er musste einfach ein wenig laufen.
Dorian öffnete den obersten Knopf seiner Weste. Als er durch eine offene Tür das Klirren von Schwertern hörte, hielt er an. Erstand vor der Trainingshalle der Champions. Eigentlich hätte das Training längst beendet sein müssen, aber –
Da war sie.
Ihr goldenes Haar leuchtete, als sie immer wieder in ein Grüppchen von drei Wachen vorstieß und zurückwich, das Schwert eine stählerne Fortsetzung ihrer Hand. Furchtlos parierte sie und wirbelte um die Soldaten herum.
Links von ihnen applaudierte jemand und die vier Kämpfenden brachen keuchend ab. Dorian sah, wie sich auf dem Gesicht der Assassinin ein Lächeln ausbreitete, als sie bemerkte, wer ihr Beifall spendete. Schweiß glänzte auf ihren hohen Wangenknochen und ihre blauen Augen sprühten Funken. Ja, sie war wirklich schön. Aber …
Prinzessin
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