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Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Titel: Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
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Die Bewohner der Stadt bewegten sich nun vorsichtig und mit ängstlich eingezogenen Schultern durch die Straßen, während die Wächter entlang der Wehrgänge des Palastes ihre Waffen fester packten. Die Nacht weckte archaische Reflexe im Menschen, und sie erschreckte die Elfen von Lyonesse, die dem Wechsel von Licht und Schatten kaum etwas abgewinnen konnten.
    »Dafydd«, sagte sie bedächtig. »Er ist es, der mir am meisten Sorgen bereitet.«
    Die Wangenknochen in Cunomorus’ Gesicht traten mit einem Mal deutlich hervor. »Worauf wollt Ihr hinaus, Sterbliche?«
    »Ich mache mir Sorgen«, wiederholte Nadja. »Ich möchte wissen, wie es ihm geht.«
    »Den Umständen entsprechend gut.«
    »Das ist eine Sprache, die ich niemals von einem Elfen erwartet hätte, auch nicht von einem Halbelfen wie dir.« Sie musste ihren Zorn nicht vortäuschen. Der abgrundtiefe Abscheu, den sie gegenüber dem ehemaligen König empfand, war echt. David und sie waren Reisegefährten gewesen, hatten dem König geholfen. Dafür hatte er sie verraten. »Im Menschenreich stünde dir eine hoffnungsvolle Karriere als Politiker offen.«
    »Nehmt Euch in Acht!« Die Haare des Elfen stellten sich steil auf; sein Schopf wirkte plötzlich, als stünde er in Flammen. Blaue Elmsfeuer umspielten den Haarkranz, die Augen glühten wie Kohlen. »Ich bin Lyonesse! Ich bin derjenige, der zwei Völker vereint und ihnen jahrhundertelangen Frieden gebracht hat.«
    Nadja ignorierte ihre Angst. Es gab kein Zurück mehr. »Und du bist derjenige, dem die Bewohner von Lyonesse ihren Untergang verdanken.«
    Sie schloss die Augen und war auf das Schlimmste gefasst. Doch nichts geschah. Weder verfluchte er sie, noch machte er Anstalten, sie anzugreifen.
    Als sie zwischen den Lidern hochblinzelte, sah sie einen in sich gekehrten Elfen, dessen Mimik unendliche Traurigkeit zeigte. »Ihr habt recht, Nadja«, sagte er. »Lyonesse wäre ohne mich besser dran. Doch es gibt Dinge, die Ihr als Sterbliche niemals verstehen werdet. Auch als Halbelf, der sich für die Anderswelt entschieden und auf seine Seele verzichtet hat, bin ich an gewisse Konventionen gebunden.«
    »Ich bin ebenfalls teils Elf, teils Mensch«, sagte Nadja, »und ich habe nun schon lange genug mit deinesgleichen zu tun, um zu verstehen, wie ihr tickt.«
    »Ich kann Eure Elfenaura sehr wohl spüren. Talamh verstärkt sie durch seine Präsenz und seine besonderen Gaben. Aber Ihr wisst
gar nichts
über dieses Gewirr von Eiden, Schwüren, mündlichen Abmachungen, jahrtausendealten Bannsprüchen, Gelübden und Flüchen, in dem wir gefangen sind. Es erfordert ein Menschenleben, um auch nur die Grundzüge elfischer Lebensart zu begreifen, und es bedarf eines ganzen Elfenlebens, um die Welt zu begreifen, die uns umgibt. Nun – ich hätte es fast geschafft …«
    Cunomorus beugte sich über die Felsbrüstung und stützte sein Kinn mit einer Hand ab, als nähme er keine Notiz mehr von Nadja. Geistesabwesend redete er weiter. »Ich bin an Alebin gebunden, und ich könnte diesem Eid niemals entkommen, selbst wenn ich es wollte. Von daher könnte ich Euch gar nicht helfen, indem ich Euch erzählte, dass Ihr, nachdem Ihr am Sockeleingang des Turms der Frauen den Zwergentunnel genommen habt, den Linkszwergen folgen und Euch stets gegen den Uhrzeigersinn bewegen solltet. Unsere Zwerge graben ihre Anlagen korkenzieherförmig in die Tiefe, könnte ich Euch sagen. Außerdem würde ich darauf hinweisen, dass Ihr Euch am Ende des Ganges unter keinen Umständen vom Flackern des Lichtes irritieren lassen dürftet.« Es kam Bewegung in den König. Er schüttelte den Kopf, als erwache er aus einem bösen Traum.
    »Ohne Konjunktiv läuft bei uns Elfen gar nichts«, sagte er mit einem bedrückten Lächeln. »Wir gehen beschwingt durchs Leben, nehmen kaum etwas ernst, und wir leben in diesem unsäglichen Was-wäre-wenn-Umfeld. Traurig, nicht wahr? Wenn Ihr mich nun bitte entschuldigt…«
    Er stolzierte davon; ganz der König, der er einst gewesen war. Auf halbem Weg zur Treppe, die ins Innere des Palastes führte, blieb er stehen, drehte sich um und schnippte mit den Fingern. Die Splitter des Steingnomen fügten sich wie von Zauberhand wieder zusammen.
    Nadjas Wächter entstand von Neuem. Er blickte sich irritiert um, schüttelte seine Kieselstein-Mähne aus und folgte Nadja mit seltsam unsicheren Schritten, als sie sich auf den Weg zurück ins Innere des Rosen-Palastes machte.
    Cunomorus hatte also einen Weg gefunden, Nadja mit

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