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Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Titel: Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
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ging aber mit keinem Wort auf ihren Vorwurf ein. »Ich bedauere, was Alebin Euch und Eurem Sohn antut. Glaubt mir, wenn ich Euch sage, dass meine Hände gebunden sind.«
    Sie verstand ihn nur zu gut; auch sie hatte die seltsamen Überzeugungskräfte Alebins am eigenen Leib zu spüren bekommen, und sie ahnte, welch fürchterlicher Gegner die Bestie war; doch es wäre ein Fehler gewesen, dies Cunomorus gegenüber zu gestehen.
    Was sie vorhatte, grenzte an moralische Erpressung. Trotzdem spürte sie keinerlei Bedenken. Immerhin ging es um das Leben ihres Kindes – und das Davids, ihrer großen Liebe.
    »Du bist schwach«, sagte Nadja kalt. Nachdrücklich ließ sie die ehrenvolle Anrede weg, denn er war kein König mehr – und erst recht kein Herrscher. Mochte er sie noch so höflich behandeln, sie würde ihm zeigen, dass sie keinerlei Respekt mehr vor ihm hatte. »Du beugst dich der Gewalt, und du verbirgst dich hinter deiner Angst.«
    Laut knirschend setzte sich ihr Bewacher, der Steingnom, in Bewegung. Allmählich bahnten sich die Worte, die der König und sie gewechselt hatten, ihren Weg durch seine Gehörgänge. Mit langsamen Schritten kam er auf Nadja zu. Cunomorus hob die Rechte und vollführte mit den Fingern seltsame Zeichen. Der Wächter verharrte auf der Stelle, vornübergebeugt und mit einem Bein in der Luft. Ein plötzlicher Windstoß erfasste ihn. Trotz seiner massiven Statur kippte er zur Seite – und zerschellte auf dem Boden.
    »Alebin wird es nicht gutheißen, dass du seine Helfershelfer zerstörst«, warnte Nadja, während ihr Herz einen Sprung tat. Vorerst verlief alles so, wie sie es sich erhofft hatte.
    »Der Schotte ist für mich tabu; nicht aber seine Sklaven.« Cunomorus sackte in sich zusammen, musste sich an der Brustwehr stützen. Der Zauber hatte ihn mehr Kraft gekostet, als er zugeben wollte. »Und jetzt reden wir offen miteinander, junge Menschin: Warum beleidigt Ihr mich? Warum fordert Ihr mich heraus? Ich stecke in einer Zwickmühle. Ich gebe Alebins Forderungen nach, um die Sicherheit der Einwohner von Lyonesse zu gewährleisten.«
    »Lüg dir doch nicht selbst ins Hemd, Herr König! Alebin und die Bestie sind nun mal stärker als du. Du wurdest zur Marionette degradiert. Du hast dein Volk verraten, du versteckst dich hinter Selbstmitleid, und selbst jetzt, da die Situation von Stunde zu Stunde unerträglicher wird, bringst du nicht die Kraft auf, etwas zu unternehmen.«
    Cunomorus senkte den Kopf. »Meine Hände sind gebunden«, sagte er leise. »Ich wäre bereit, mich zu opfern, wenn ich wüsste, dass es Lyonesse nützte. Mein Tod ist ohnedies besiegelt. Irgendwann wird Alebin meiner müde sein oder befinden, dass er meine Dienste nicht mehr benötigt. Sollten Bandorchu oder Fanmór wider Erwarten einen Weg finden, den Bannzauber zu überwinden, wird mich einer von beiden wegen der Kollaboration mit dem Schotten verurteilen. Sollte ich die Kämpfe zwischen den einzelnen Parteien überstehen und wieder Frieden auf Lyonesse einziehen, machen mir die Bürger dieses wunderbaren Landes den Prozess.« Cunomorus seufzte laut. Sein Atem gefror zu bunten Bildern der Wehmut, die sich eingehüllt in Blasen in die Luft erhoben und davontrieben.
    Nadja blieb ruhig, obwohl sie insgeheim frohlockte. Erstmals ging Cunomorus in ihrer Gegenwart aus sich heraus und gab einen Teil seines Seelenlebens preis. Nun galt es, den richtigen Augenblick zu finden, um die entscheidende Attacke zu wagen.
    »Seit Tristans Tod«, fuhr der Elf fort, »bemühe ich mich, Lyonesse aus allen Schwierigkeiten herauszuhalten, die die Herrscher des Menschen- und des Elfenreiches durch ihre endlosen Streitigkeiten untereinander heraufbeschwören.« Er zögerte, legte sich seine Gedanken neu zurecht. »Die Menschen nehmen uns aus den Augenwinkeln wahr. Dank ihrer nur schwach ausgeprägten Fantasie zimmern sie sich ein völlig falsches Bild von uns zurecht. Ich wollte, sie würden uns endlich vergessen …«
    Abrupt wechselte der Elf das Thema. »Eurem Sohn geht es gut, wie ich hörte?«
    »
Den Umständen entsprechend
trifft es eher.«
    »Wenn ich Euch irgendwie helfen kann, mache ich es gerne.«
    Da war es, das schlechte Gewissen. Auf diesen Augenblick hatte Nadja gewartet. Schnell sah sie sich um und suchte nach weiteren Beobachtern, die auf Alebins Seite standen. Sie sah nichts Außergewöhnliches. Die Blaue Stunde, der Übergang von Sonnenuntergang zu nächtlicher Dunkelheit, veränderte deutlich spürbar die Stimmung.

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