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Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Titel: Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
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Ziyang wollte sich nicht umdrehen, wollte nicht sehen, was da vor sich ging. Er drückte den Kopf tief in den moosigen Boden und hielt sich die Hände gegen die Ohren. Nie zuvor hatte er sich auch nur einen Deut um die Götter geschert, nun aber flehte er um ihren Beistand, während hinter ihm geschrien und geschossen und geschossen und geschrien wurde …
    Irgendwann verebbte der Lärm. Li Ziyang fühlte sich hochgehoben. Es waren mehrere einfache Leute, die es wagten, Hand an ihn zu legen. Doch er nahm es hin, denn er wusste, dass seine Karriere ohnehin keinen Fen mehr wert war. Dutzende Begleiter hatten seine Angst und seine unbesonnene Reaktion gesehen. Bald würden Gerüchte die Runde machen, und ebenso rasch würde kein Mensch mehr das Haupt vor ihm senken.
    Doch das scherte Li Ziyang nicht mehr. Einzig das Monstrum, das da am Strand verendete, prägte sich ihm ein. Er würde diesen Anblick niemals wieder vergessen.
    Ein einfacher Bauer, der mit seinem Fahrrad des Weges gekommen und Zeuge des ungeheuerlichen Kampfes gewesen war, trat als Erster an den Riesenwels heran und betastete die grauweiße Schuppenhaut. Zuckungen ließen den Leib des Tieres erbeben. Den Bauer scherte es nicht. Er murmelte ein Gebet, zog ein Messer und stach es mehrmals bis zum Heft ins Fleisch zwischen den weit auseinander stehenden Augen.
    Andere Menschen traten nun näher. Li Ziyang folgte ihnen. Wollte er einen letzten Rest von Respekt behalten, musste er es ihnen gleichtun.
    Es roch nach dem Schmauch der abgefeuerten Geschosse. Seine Leibwächter steckten ihre Waffen weg und kamen zögerlich zu ihm; eine Beamtin, die er für protokollarische Zwecke mitgebracht hatte, reichte ihm die blutgetränkten Reste seines Gewandes. Literweise pumpte der rote Saft aus mehreren Fleischwunden an der Bauchseite des gestrandeten Tiers.
    Weitere Bauern folgten. Mehrere von ihnen trugen lange Fischmesser in ihren Händen. Mit einem Li Ziyang unverständlichen Stoizismus machten sie sich daran, den riesigen Fisch zu zerlegen. Schicht für Schicht arbeiteten sie das Innere des Tieres frei.
    Er ist mindestens sechs Meter lang!
, dachte der Politiker. Er war wie betäubt.
Dieses Gebiss; diese roten, durchdringenden Augen

    Nachdem der Fisch zu einem Drittel filetiert und die Oberhaut zur Seite geklappt worden war, zeigten sich die Umrisse eines menschlichen Körpers im Magen des Welses.
    Er bewegte sich noch – oder waren es letzte Nervenreaktionen, die vom Fisch ausgingen?
    Li Ziyang drehte sich zur Seite und erbrach sich. Niemand achtete auf ihn, als er sich wieder auf seine wackligen Beine stellte. Handykameras waren auf den Wels gerichtet, Schnappschüsse wurden gemacht, um sie in Bälde ins Internet zu stellen und an eine weltweite Öffentlichkeit zu verbreiten. Das China, in dem der Politiker groß geworden war, hätte diese Dinge niemals zugelassen.
    Unvermittelt erinnerte sich Li Ziyang an ein altes Han-Sprichwort: »Es ist besser, als Hund in Friedenszeiten zu leben denn als Mensch in Zeiten der Krisen«, murmelte er leise.
    »Wie bitte, Herr?«, richtete eine seiner Beamtinnen völlig unverfroren das Wort an ihn.
    »Es ist nichts«, antwortete Li Ziyang schroff. »Kümmere dich gefälligst um deine Arbeit.«
    Ihre Arbeit? Was hatte die klein gewachsene, rundliche Frau überhaupt noch zu tun, außer ihn anzustarren und ihn an seine Verfehlungen zu erinnern?
    Es kümmerte ihn nicht. Während sich jedermann um die Filetierung des Riesen kümmerte, der zwei Menschen verschluckt hatte, sah Li Ziyang als Einziger, wie aus der Laichöffnung des Tieres weißer Schaum glitt und ins nahe gelegene Wasser rutschte. Es begann zu brodeln und zu köcheln. Er beobachtete, wie sich aus dem Laich kaulquappenähnliche Larven entwickelten, um bald darauf an knöchriger Substanz zu gewinnen und weiter zu wachsen. Dies alles geschah in einem derartigen Tempo, dass er meinte, sich in einem zeitgerafferten Film zu befinden. Aus Zehntausenden Eiern wurden weniger als hundert Fischchen, die übereinander herfielen und sich am Fleisch ihrer Geschwister gütlich taten. Letztlich blieb ein einziges Tier übrig. Ein Wels, der bald eine Länge von dreißig Zentimetern erreicht hatte. Er warf Li Ziyang einen gleichgültigen, kalten Blick zu, bevor er sich vom Ufer abwandte und gegen die anfänglich noch sachten Strömungen in Richtung des Perlflusses schwamm.
    Der Riesenwels war wiedergeboren, keine Frage. Und er hatte ein Ziel vor Augen.
    Li Ziyang wandte sich ab und

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