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Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Titel: Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
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in seinem Nacken ein wenig lindern sollte. In dieser schrecklichen Umgebung wirkte der Zauber nur ganz schwach, und mit seinen natürlichen Gaben – Arglist, Bosheit, Tücke – würde Alebin erst recht nicht weiterkommen. Er musste sich auf sein Köpfchen verlassen und alle nur erdenkliche Vorsicht walten lassen.
    Der Boden unter seinen Füßen begann zu schwanken. Unter großen Mühen gelang es ihm, das Gleichgewicht zu halten und auf den Beinen zu bleiben. »Ganz ruhig!«, sagte er zu der Bestie, die von einem Vorderbein aufs andere trat. »Du kannst fühlen, dass wir am Ziel sind, nicht wahr? Die Geister in dir sehnen sich nach Erfüllung; nach Wiedervereinigung mit ihren Körpern.«
    Das Tier wandte sich ihm zu. In seinen Augen zeigte sich unendlicher Schmerz – aber auch eine Gier, die ihn, den Betrachter, zu verschlingen drohte.
    Ruhig bleiben!
, dachte Alebin.
Nachdenken. Keine voreiligen Schlüsse ziehen – und ja nicht in Panik geraten
.
    Er war nicht einmal fünfzig Meter vom tiefsten Punkt der Konkavschüssel entfernt. Rings um dieses Zentrum waren die Splitter meterhoch angehäuft. Immer wieder ertönten laute Kracher, und Teile der gläsernen Erdkruste zischten mit irrwitziger Geschwindigkeit durch die Luft, um irgendwo, weit entfernt, auf dem Boden aufzuprallen.
    »Ich verstehe«, sagte Alebin, um seine eigene Stimme zu hören. Um sich zu beruhigen und sich selbst glauben zu machen, dass er alles unter Kontrolle hatte. »Der Boden bewegt sich, Zentimeter für Zentimeter. Verwerfungen, die sich wahrscheinlich weit weg von hier befinden, drücken gegen die Erdkruste und schieben sie in eine bestimmte Richtung. Bis hierher, wo zwei dieser Kraftvektoren aufeinandertreffen und sich gegenseitig bekämpfen.«
    Alebin hatte einiges über die Theoreme der Geophysik gelernt, wie sie die Menschen zu nennen pflegten. Sie erklärten, warum ihre Welt so war, wie sie war – dennoch kratzten diese Erklärungen nur über die Oberfläche der Wahrheit. Die Menschen verleugneten die Existenz anderer Kräfte, anderer Welten, anderer Naturgesetze. Sie waren engstirnig und glaubten lediglich, was sie in Zahlen und Daten pressen konnten.
    In menschliche Denkweise umgesetzt, befand Alebin sich in unmittelbarer Nähe des Treffpunkts zweier tektonisch aktiver Bodenplatten. Sie schmirgelten einander ab, kämpften um die Vorherrschaft in dieser Ödnis.
    So das Bild, das sich Menschen gemacht hätten. Vielleicht hätten sie auch eine andere Sichtweise vorgezogen: Materie trieb unablässig auf dieses eine Loch zu, um von ihm zerstört und letztendlich verschlungen zu werden. Der Prozess war, wie Alebin wusste, ein Teil der Funktionsweise Schwarzer Löcher.
    Zwei Phänomene. An diesem Ort bewirkten sie etwas, das im Auge eines Menschen rätselhaft bleiben musste. Ein Elf wie er blickte
hinter
das Offensichtliche. Keine als »Naturgesetz« definierte Regel konnte erklären, warum jene Glasmassen, die gegeneinander trieben, sich durch den Druck von zwei Seiten nicht auffalteten, sondern in einem Abgrund verschwanden, der noch dazu konzentrisch rund war!
    Vielleicht sah Alebin die Werdung neuen Lebens vor sich. Vielleicht stand das Schattenland am Beginn eines Prozesses, der irgendwann ein Ende finden und eigenständiges Leben hervorbringen würde? War dies der Ort, an dem einst die Ersten Götter entstanden? In ihren Jugendtagen hatten sie mit Lebensformen wie dem Menschen experimentiert, um schließlich, erwachsen geworden, den Elfen zu erschaffen.
    Alebin erlaubte sich ein Lächeln. Merlin hatte ihn gelehrt, nicht immer nur nach Erklärungen zu suchen. Man musste manche Dinge hinnehmen und sich mit ihnen arrangieren, wollte man an dem, das sich »Leben« nannte, nicht vollends verzweifeln.
    Ihm schlotterten die Knie. Er ahnte, dass er einen Blick auf den Beginn der Schöpfung werfen musste, wollte er die Ruhenden Streitkräfte des Thanmór wiederfinden. Wenn er dem Instinkt der Bestie und der in ihren Verstand eingesickerten Geistesfünkchen vertraute, dann befanden sich ihre Körper ganz in der Nähe.
    Besser gesagt:
hatten sich befunden
. Wie konnte er bloß so vermessen sein anzunehmen, dass etwas oder jemand in der Grube vor ihm überlebt haben mochte?
    »Merlin«, murmelte er. »Koinosthea. Ainfar. Regiatus. Lothyncam. Ich mache es wegen euch.
Gegen
euch!«
    Alebin hieß die Bestie, ihn zu begleiten, und sie gehorchte ihm, ohne zu zögern. Auch sie – beziehungsweise die Geisterfünkchen in ihr – wollten Gewissheit. Oder

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