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Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Titel: Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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würde brennend interessieren, weshalb Sie beide mit Deformationsmunition bewaffnet waren«, sagte einer der anderen Beamten und sah dabei nicht mich, sondern die Wand an. Er war klein und dunkelhaarig und litt unter einem lästigen Zucken des linken Augenlides. »Gerillte Hohlspitzprojektile und Hochleistungsgeschosse. Was wollten Sie damit erlegen? Büffel?«
    Ich holte tief Luft.
    »’77 wurde Hades sechsmal angeschossen, Sir, und das ohne erkennbare Wirkung. Aus diesem Grund gab uns Tamworth die Spezialmunition. Er sagte, SO-1 hätte das ausdrücklich genehmigt.«
    »Daß ich nicht lache. Wenn die Journaille davon Wind bekommt, sind wir geliefert. SpecOps hat ein, gelinde gesagt, gespanntes Verhältnis zur Presse, Miss Next. Der
Mole
versucht seit geraumer Zeit, uns einen seiner Schreiberlinge auf den Hals zu hetzen. Dabei sind wir der Politik gegenwärtig ohnehin ein Dorn im Auge.
    Deformations-Geschosse! – Scheiße, nicht mal unsere Spezialtruppen auf der Krim sind damit ausgerüstet.«
    »Das habe ich auch gesagt«, entgegnete ich, »aber wenn ich mir die Dinger so ansehe« – ich hielt den Beutel mit den plattgedrückten Projektilen in die Höhe –, »muß ich gestehen, daß Tamworth außerordentlich zurückhaltend gehandelt hat. Wir hätten Panzerabwehrmunition einsetzen sollen.«
    »Sie sind ja wohl nicht ganz gescheit.«
    Wir machten eine Pause. Flanker verschwand mit den anderen im Nebenzimmer, während eine Krankenschwester meinen Verband wechselte. Ich hatte Glück gehabt; mein Arm hatte sich nicht entzündet. Ich dachte gerade an Snood, als sie zurückkamen, um die Vernehmung fortzusetzen.
    »Als ich vorsichtig die Treppe hinunterstieg, stellte sich heraus, daß Acheron inzwischen keine Waffe mehr hatte«, nahm ich den Faden wieder auf. »Am Fuß der Treppe lag eine 9mm-Beretta neben einer Tüte Vanillesoßenpulver. Von Acheron und der kleinen alten Dame keine Spur. Im unteren Stockwerk fand ich eine Wohnungstür, die jemand mit brutaler Gewalt eingetreten hatte, wobei die Scharniere und das Schloß zu Bruch gegangen waren. Ich versuchte, die Bewohner zu befragen, aber die beiden konnten sich kaum halten vor Lachen; Acheron hatte ihnen offenbar einen Witz über drei Ameisenbären in einer Kneipe erzählt, und ich brachte kein vernünftiges Wort aus ihnen heraus.«
    Eine Beamtin schüttelte schwerfällig den Kopf.
    »Was ist denn nun schon wieder?« fragte ich pikiert.
    »Keine der von Ihnen genannten Personen kann sich an Sie oder Acheron erinnern. Sie entsinnen sich nur, daß plötzlich ohne ersichtlichen Grund die Tür aufsprang. Haben Sie dafür eine Erklärung?«
    Ich überlegte einen Augenblick.
    »Nein. Vielleicht ist er imstande, willensschwache Menschen zu kontrollieren. Aber wir haben bislang ohnehin nur eine dunkle Ahnung von seinen ungeheuren Fähigkeiten.«
    »Hmmm«, machte die Beamtin nachdenklich. »Ehrlich gesagt, hat das Pärchen sogar versucht, uns den Witz über die Ameisenbären zu erzählen. Das hat uns dann doch ein wenig stutzig gemacht.«
    »Er war nicht komisch, stimmt’s?«
    »Ganz und gar nicht. Trotzdem haben sich die beiden fast kaputtgelacht.«
    Ich wurde langsam sauer; die Art ihrer Befragung ging mir gegen den Strich. Ich sammelte meine Gedanken und fuhr fort, um die Sache so schnell wie möglich hinter mich zu bringen.
    »Ich sah mich in der Wohnung um und stellte fest, daß im Schlafzimmer ein Fenster offenstand. Es ging auf die Feuerleiter, und als ich hinausspähte, entdeckte ich Acherons Gestalt vier Stockwerke tiefer auf der rostigen Treppe. Gerade als mir klar wurde, daß ich ihn nicht mehr einholen konnte, sah ich Snood. Er stolperte hinter einem geparkten Wagen hervor, richtete seinen Revolver auf Hades und sank auf die Knie. Damals verstand ich nicht, was er damit bezweckte.«
    »Und heute?«
    Ich ließ den Kopf hängen.
    »Er war meinetwegen da.«
    Ich spürte, wie mir die Tränen kamen, und kämpfte mit aller Macht dagegen an. Da ich nicht die Absicht hatte, vor diesen Leuten loszuflennen wie ein kleines Kind, kaschierte ich mein Schniefen durch geschicktes Hüsteln.
    »Er war da, weil er wußte, was er getan hatte«, sagte Flanker. »Er wußte, daß er Tamworth und Sie in Lebensgefahr gebracht hatte, weil ihm Hades’ Name herausgerutscht war. Wir gehen davon aus, daß er seinen Fehler wiedergutmachen wollte. Mit neunundachtzig Jahren trat er einem Mann gegenüber, der erstens zu allem entschlossen und ihm zweitens sowohl körperlich als auch

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