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Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Titel: Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Vielleicht wußte Tamworth, daß ich die Kraft hatte, ihm zu widerstehen; vielleicht war das einer der Gründe, weshalb er mich dabeihaben wollte. Ich weiß es nicht. Als Hades das bemerkte, setzte er ein leutseliges Lächeln auf und sagte: ›Lange nicht gesehen. Fünfzehn Jahre, stimmt’s?‹
    ›Sommer ’69‹, erwiderte ich grimmig. Für seine Spielchen war mir meine Zeit zu schade.
    ›Neunundsechzig?‹ fragte er und dachte einen Augenblick nach.
    ›Dann sind es also
sechzehn
Jahre. Wenn mich nicht alles täuscht, waren wir damals ziemlich dick befreundet.‹
    ›Sie waren ein hervorragender Lehrer, Acheron. Ein solches Genie wie Sie ist mir nie wieder begegnet. Warum das alles?‹
    ›Dasselbe könnte ich dich fragen‹, gab Acheron lächelnd zurück.
    ›Du warst die einzige Studentin, die ich ohne rot zu werden als
hervorragend
bezeichnen konnte, und was ist aus dir geworden? Ein besserer Bulle. Eine LitAg. Eine Sklavin des Networks. Was hat dich zu SO-5 verschlagen?‹
    ›Das Schicksal.‹
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. Acheron lächelte.
    ›Ich habe dich von Anfang an gemocht, Thursday. Du hast mich zurückgewiesen, und wie wir alle wissen, gibt es nichts Verführerischeres als ein Nein. Ich habe mich oft gefragt, was ich wohl tun würde, wenn wir uns einmal wiedersehen. Mein Schützling, meine Meisterschülerin. Fast wären wir ein Paar geworden.‹
    ›Ihr
Schützling
bin ich nie gewesen, Hades.‹
    Wieder lächelte er.
    ›Hast du dir schon einmal ein neues Auto gewünscht?‹ fragte er plötzlich, wie aus heiterem Himmel.
    Natürlich. Wer hat das nicht? Und das sagte ich ihm auch.
    ›Wie steht es mit einem großen Haus? Oder, besser noch,
zwei
großen Häusern? Auf dem Land. Mit Park. Und einem Rembrandt.‹
    Ich begriff, worauf er hinauswollte.
    ›Wenn Sie mich kaufen wollen, Acheron, müssen Sie schon die richtige Währung wählen.‹
    Acheron klappte die Kinnlade herunter. ›Du bist zäh, Thursday. Nur wenige Menschen sind stärker als ihre Habsucht.‹
    Mich packte die Wut. ›Was wollen Sie mit dem
Chuzzlewit-Manuskript, Acheron? Es verkaufen?‹
    ›Etwas stehlen und verkaufen? Wie
ordinär
‹, sagte er höhnisch.
    ›Das mit deinen beiden Freunden tut mir aufrichtig leid.
    Hohlspitzgeschosse richten eine ziemliche Schweinerei an, nicht wahr?‹
    Wir standen uns auf der Straße gegenüber. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis SO-14 endlich eintraf.
    ›Auf den Boden‹, befahl ich. ›Oder ich schieße. So wahr ich hier stehe.‹
    Hades machte eine Bewegung, fast zu schnell fürs bloße Auge. Ich hörte einen lauten Knall und spürte, wie mich etwas am Oberarm zupfte. Plötzlich durchströmte mich wohlige Wärme, und ich nahm mehr oder weniger gleichgültig zur Kenntnis, daß ich angeschossen worden war.
    ›Nicht übel, Thursday. Wie wär’s mit dem anderen Arm?‹
    Ohne es zu merken, hatte ich einen Schuß in seine Richtung abgegeben. Dazu gratulierte er mir jetzt. Ich wußte, daß mir höchstens dreißig Sekunden Zeit blieben, bis der Blutverlust mir das Bewußtsein raubte. Ich nahm die Automatik in die linke Hand und brachte sie erneut in Anschlag.
    Acheron lächelte anerkennend. Er hätte dieses brutale Spielchen gewiß noch weitergetrieben, doch jaulende Polizeisirenen in der Ferne zwangen ihn zum Handeln. Er schoß mir in die Brust und ließ mich liegen, in dem Glauben, ich sei tot.«
    Als ich mit meiner Geschichte fertig war, änderten die SO-1-Beamten nervös ihre Haltung und wechselten verstohlene Blicke, doch ob sie mir glaubten oder nicht, war mir egal. Hades hatte mich für tot gehalten, aber meine Zeit war offenbar noch nicht gekommen.
    Tamworths Exemplar von
Jane Eyre
hatte mir das Leben gerettet. Ich hatte es in meiner Brusttasche getragen, und Hades’ Kugel hatte es nicht ganz durchschlagen, sondern war im Einband steckengeblieben.
    Ein paar gebrochene Rippen und eine mörderische Prellung – aber ich hatte es überlebt. Es war Glück, Schicksal oder wie auch immer man es nennen möchte.
    »War das alles?« fragte Flanker.
    Ich nickte.
    »Das war alles.«
    Das war natürlich längst nicht alles, es gab noch sehr viel mehr, aber nichts davon ging diese Leute etwas an. So hatte ich ihnen beispielsweise verschwiegen, auf welch gemeine Weise Hades den Tod von Snood dazu benutzt hatte, um mich emotional zu destabilisieren; nur so hatte er den ersten Treffer landen können.
    »Mehr brauchen wir nicht zu wissen, Miss Next. Sie können zu SO-27 zurückkehren,

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