Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Titel: Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
waren.«
    Ich trank einen Schluck Wasser. Ob wir den Rückzug angetreten hätten, wenn wir uns darüber im klaren gewesen wären? Ich glaube, kaum.
    »Wer ging voran?«
    »Tamworth. Wir schoben uns vorsichtig an der Wand im Treppenhaus entlang und sahen in den siebten Stock hinauf. Bis auf eine kleine alte Dame, die auf den Fahrstuhl wartete und wütend vor sich hin murmelte, war der Treppenabsatz leer. Tamworth und ich schlichen zu Styx’ offener Tür und warfen einen Blick hinein. Styx lag auf dem Boden, und wir durchsuchten die kleine Wohnung.«
    »Wir haben das Überwachungsvideo gesehen, Next«, sagte einer der namenlosen Beamten. »Gründliche Arbeit.«
    »War Hades auch auf dem Video?«
    Der Mann lachte. Sie hatten an Tamworths Aussagen gezweifelt, doch das Video zerstreute auch die letzten Bedenken. Hades war darauf nicht zu sehen – man hörte nur seine Stimme.
    »Nein«, gestand er schließlich. »Leider nicht.«
    »Tamworth fluchte und ging zur Wohnungstür zurück«, fuhr ich fort. »Da hörte ich den zweiten Schuß.«
    Ich schwieg einen Moment; obwohl mir die Situation deutlich vor Augen stand, wußte ich noch immer nicht genau, was ich damals gesehen und empfunden hatte. Mein Herzschlag hatte sich verlangsamt; plötzlich schien alles glasklar. Ich hatte keine Angst, nur das dringende Bedürfnis, den Einsatz erfolgreich zu Ende zu bringen.
    Ich hatte Tamworth sterben sehen, aber nichts dabei empfunden; das kam erst viel später.
    »Miss Next?« fragte Flanker und riß mich aus meinen Gedanken.
    »Was? Entschuldigung. Tamworth war getroffen. Ich wollte ihm helfen, aber als ich das Ausmaß seiner Verletzungen erkannte, wußte ich, daß er null Überlebenschancen hatte. Da ich davon ausgehen mußte, daß Hades auf dem Treppenabsatz wartete, atmete ich tief durch und riskierte einen Blick.«
    »Und?«
    »Und sah die alte Dame, die noch immer auf den Fahrstuhl wartete.
    Da ich niemanden nach unten hatte rennen hören, nahm ich an, daß Hades aufs Dach geflüchtet war. Ich riskierte einen zweiten Blick. Die alte Dame wollte offenbar nicht länger warten, drehte sich um und schlurfte durch die Wasserpfütze vor der Tür zur Treppe. Als sie an Tamworths Leiche vorbeikam, machte sie leise
tz, tz, tz
. Ich behielt den Treppenabsatz im Auge und schlich zum Dachaufgang, als sich mein Mißtrauen regte. Ich drehte mich zu der alten Dame auf der Treppe um, die halblaut über die Straßenbahnfahrpläne schimpfte.
    Ihre feuchten Fußabdrücke hatten mich stutzig werden lassen. Obwohl sie winzige Füße hatte, stammten die Abdrücke eindeutig von einem Herrenschuh. Das genügte mir als Beweis. Ich dachte an Regel Nummer Zwei: Acheron hat noch jeden hinters Licht geführt, sei es mit Worten, Taten, Gedanken oder
seinem Äußeren
. Zum ersten Mal in meinem Leben machte ich spontan von der Schußwaffe Gebrauch.«
    Da niemand etwas sagte, fuhr ich fort.
    »Mindestens drei der vier Kugeln trafen die gedrungene Gestalt auf der Treppe. Die alte Dame – oder, besser, was ich dafür gehalten hatte – stürzte die Treppen hinunter, und ich sah vorsichtig über das Geländer in die darunterliegende Etage. Die Habseligkeiten der Alten lagen auf den Betonstufen verstreut, und am Fuß der Treppe stand ihr Einkaufswagen. Ihre Einkäufe quollen daraus hervor, und mehrere Dosen Katzenfutter rollten langsam treppab.«
    »Dann haben Sie sie also getroffen?«
    »Mit Sicherheit.«
    Flanker fischte einen kleinen, durchsichtigen Plastikbeutel aus der Tasche und zeigte ihn mir. Er enthielt drei meiner Pistolenkugeln; sie waren völlig plattgedrückt, als hätte ich damit auf einen Panzer geschossen.
    Als Flanker weitersprach, triefte seine Stimme geradezu vor Sarkasmus. »Wollen Sie damit sagen, Acheron hatte sich als alte Dame verkleidet?«
    »Jawohl, Sir«, antwortete ich, ohne ihn anzusehen.
    »Und wie hat er das Ihrer Ansicht nach gemacht?«
    »Ich weiß es nicht, Sir.«
    »Wie könnte sich ein über einsachtzig großer Mann in derart kleine Frauenkleider zwängen?«
    »Ich glaube nicht, daß er sich
tatsächlich
verkleidet hat; ich glaube, er hat lediglich das
projiziert
, was ich sehen sollte.«
    »Das ist doch absurd.«
    »Wir wissen längst nicht alles über Hades.«
    »Das können Sie laut sagen. Die alte Dame hieß Mrs. Grimswold; ihre Leiche steckte im Kamin von Styx’ Wohnung. Die Kollegen mußten sie zu dritt herausziehen.«
    Flanker dachte einen Augenblick nach und überließ die nächste Frage einem seiner Begleiter.
    »Mich

Weitere Kostenlose Bücher