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Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Titel: Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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in mittleren Jahren, um dessen Lippen der Anflug eines Lächelns spielte. Ich erkannte ihn sofort, obwohl wir uns seit zwölf Jahren nicht gesehen hatten.
    »Major!« antwortete ich und nahm in Gegenwart meines ehemaligen Vorgesetzten unwillkürlich Haltung an. Ich hatte unter Phelps gedient, als unser Bataillon irrtümlich den Russen vor die Rohre lief, die einen Angriff auf Balaklawa zu verhindern suchten. Ich hatte unter Phelps’
    Kommando einen Truppentransportpanzer gefahren, und das war alles andere als ein Zuckerschlecken.
    Das Luftschiff begann mit dem Anflug auf Swindon.
    »Wie geht’s Ihnen, Next?« fragte er; unser ehemaliges Verhältnis bestimmte die Art und Weise, wie wir miteinander sprachen.
    »Gut, Sir. Und Ihnen?«
    »Kann nicht klagen.« Er lachte. »Also, ich könnte schon, aber das würde wenig nützen. Diese Vollidioten haben mich zum Colonel gemacht, ob Sie’s glauben oder nicht.«
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte ich und rutschte verlegen hin und her.
    Der Steward bat uns, die Sicherheitsgurte anzulegen, und Phelps setzte sich neben mich und schnallte sich an. Er fuhr mit leicht gesenkter Stimme fort.
    »Ich mache mir ein wenig Sorgen wegen der Krim.«
    »Wer tut das nicht?« entgegnete ich und fragte mich, ob sich Phelps’ politische Ansichten seit unserer letzten Begegnung wohl geändert hatten.
    »Sie sagen es. Daß diese UNO-Heinis ihre Nase immer in fremde Angelegenheiten stecken müssen. Wenn wir die Halbinsel jetzt zurückgeben, sind Millionen aufrechter Soldaten umsonst gestorben.«
    Ich seufzte. Seine Ansichten hatten sich
nicht
geändert, und ich wollte mich nicht mit ihm streiten. Kaum war ich an der Front, sehnte ich auch schon das Kriegsende herbei. Dieser Krieg hatte mit meiner Vorstellung eines
gerechten
Krieges nichts zu tun. Die Nazis aus Europa zu vertreiben war
gerecht
gewesen. Der Kampf um die Krim jedoch verdankte sich ausschließlich arrogantem Fremdenhaß und falschverstandenem Patriotismus.
    »Was macht die Hand?« fragte ich.
    Phelps zeigte mir eine lebensechte linke Hand. Er drehte das Handgelenk und wackelte mit den Fingern. Ich war beeindruckt.
    »Bemerkenswert, nicht wahr?« sagte er. »Die Impulse kommen von so einem Sensordings, das direkt mit meinem Bizeps verbunden ist.
    Hätte ich das verdammte Ding über dem Ellbogen verloren, hätte ich dumm dagestanden.« Er schwieg einen Moment und kehrte dann zu seinem Ausgangsthema zurück.
    »Ich mache mir ein wenig Sorgen, daß die Regierung aufgrund des öffentlichen Drucks noch vor der Offensive den Geldhahn zudreht.«
    »Offensive?«
    Colonel Phelps lächelte. »Na sicher. Freunde an höchster Stelle haben mir versichert, daß die erste Lieferung der neuen Plasmagewehre schon in wenigen Tagen eintrifft. Glauben Sie, die Russen haben Stonk etwas entgegenzusetzen?«
    »Ehrlich gesagt, nein; es sei denn, sie haben eine eigene Version.«
    »Auf keinen Fall. Goliath baut die modernsten Waffen der Welt.
    Glauben Sie mir, ich hoffe genau wie jeder andere, daß wir es niemals einsetzen müssen, aber Stonk ist der entscheidende Durchbruch, auf den dieser Konflikt gewartet hat.«
    Er kramte in seiner Aktentasche und holte ein Faltblatt daraus hervor.
    »Ich mache eine Vortragsreise durch ganz England und setze mich für die Krim ein. Ich möchte, daß Sie mich begleiten.«
    »Ich glaube eigentlich nicht …«, begann ich, nahm das Faltblatt aber trotzdem.
    »Unsinn!« erwiderte Colonel Phelps. »Als gesunde und erfolgreiche Veteranin des Feldzuges ist es Ihre Pflicht, für die einzutreten, die das letzte Opfer gebracht haben. Wenn wir die Halbinsel zurückgeben, wird jeder einzelne dieser tapferen Kameraden umsonst gestorben sein.«
    »Mit Verlaub, Sir, aber diese Menschen sind bereits gestorben, und daran wird nichts und niemand mehr etwas ändern.«
    Er tat, als hätte er mich nicht gehört, und ich verfiel in Schweigen.
    Colonel Phelps’ fanatischer Einsatz war seine Art, mit dem Desaster umzugehen, an dem wir beide beteiligt gewesen waren. Wir hatten Order erhalten, gegen einen vermeintlichen »Scheinwiderstand« vorzugehen, der sich jedoch als massierte russische Feldartillerie entpuppte. Phelps hatte in der Ausstiegsluke des TTP gesessen, bis die Russen aus allen Rohren feuerten; ein Granattreffer riß ihm den Unterarm ab und spickte ihm den Rücken mit Splittern. Wir packten ihn mit so vielen anderen Soldaten wie möglich hintenrein und kehrten mit einem Laderaum voll stöhnender Leiber zu den englischen Linien

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