Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Titel: Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
zurück. Sämtliche Befehle mißachtend, fuhr ich noch einmal an die Front und suchte in dem Chaos aus Trümmern und Metall nach Überlebenden. Von den 76 TTP und Panzern unserer Brigade kamen nur zwei Fahrzeuge zurück. Von den 534 beteiligten Soldaten überlebten 51, davon nur 8 unverletzt. Unter den Toten war auch Anton Next, mein Bruder. Desaster war da noch geschmeichelt.
    Zu meinem Glück dockte das Luftschiff kurz darauf an, und es gelang mir, Colonel Phelps im Empfangsgebäude abzuhängen. Ich nahm meinen Koffer vom Laufband und schloß mich auf der Damentoilette ein, bis ich sicher sein konnte, daß er gegangen war. Ich riß sein Faltblatt in winzige Fetzen und spülte sie ins Klo. Als ich herauskam, war das Gebäude verlassen. Für das geringe Verkehrsaufkommen war der Flughafen viel zu groß; eine Investitionsruine, welche die zerschlagenen Hoffnungen der Swindoner Stadtplaner widerspiegelte.
    Auch die Wartehalle war bis auf ein Studentenpärchen mit einem Antikrimkriegstransparent menschenleer. Sie hatten von Phelps’
    Ankunft läuten hören und hofften, ihn von seiner Kriegstreiberei abbringen zu können. Sie hatten keine Chance, aber nutzten sie.
    Als sie mich ansahen, wandte ich mich eilig ab. Wenn sie wußten, wer Phelps war, kannten sie womöglich auch mich. Vor dem Terminal war alles leer. Ich hatte mit Victor Analogy – dem Leiter der Swindoner Literatur-Agenten – telefoniert, und er hatte mir angeboten, mich abholen zu lassen. Doch der Wagen war nicht gekommen.
    Da mir heiß war, zog ich meine Jacke aus. Über Lautsprecher wurden nicht vorhandene Autofahrer in regelmäßigen Abständen ermahnt, nicht in der verlassenen Halteverbotszone zu parken, und ein gelangweilter Flugplatzangestellter schob ein paar Gepäckwagen vorbei. Ich setzte mich neben eine Will-Speak-Maschine am Ende der Wartehalle. Bei meiner letzten Reise nach Swindon hatte der Flugplatz noch aus nichts weiter als einer großen Wiese mit einem rostigen Mast darauf bestanden. Und das war vermutlich nicht das einzige, was sich verändert hatte.
    Ich wartete fünf Minuten, dann stand ich auf und lief ungeduldig hin und her. Die Rezitiermaschine – ein sogenannter Literatur-Verkaufsautomat – brachte
Richard III.
Sie bestand aus einem schmucklosen Kasten, dessen obere Hälfte durchsichtig war. Im Inneren sah man den Torso einer Puppe im jeweils passenden Kostüm.
    Für zehn Pence gab die Maschine eine kurze Shakespeare-Passage zum besten. Die Dinger wurden seit den dreißiger Jahren nicht mehr hergestellt und galten inzwischen als Rarität; die Zerstörungswut der Baconier sowie mangelnde Pflege und Wartung hatten ihren Untergang beschleunigt.
    Ich fischte ein Zehnpencestück aus der Tasche und warf es ein.
    Sirrend und klickend erwachte die Maschine zum Leben. Als ich noch ein Kind gewesen war, hatte an der Commercial Road ein Hamlet-Automat gestanden. Mein Bruder und ich bettelten unsere Mutter dauernd um Kleingeld an und lauschten der Puppe, die lauter Sachen sagte, die wir nicht verstanden. Sie erzählte uns vom »unentdeckten Land«. In seiner kindlichen Naivität meinte mein Bruder, er wolle dieses Land besuchen, was er siebzehn Jahre später dann auch tat, sechzehnhundert Meilen von daheim, begleitet vom Donnern der Panzermotoren und dem
bumm-bumm-bumm
der russischen Artillerie.
    Ward je in dieser Laun ein Weib gefreit?
fragte die Puppe, wild mit den Augen rollend, streckte einen Finger in die Luft und zuckte hin und her.
    Ward je in dieser Laun ein Weib gewonnen?
    Sie machte eine Kunstpause.
    Ich will sie haben, doch nicht lang behalten …
    »Verzeihung?«
    Ich blickte auf. Einer der Studenten war neben mich getreten und hatte mich am Arm berührt. Er trug einen Peace-Button am Revers, und auf seiner riesigen Nase saß ein gefährlich krängender Kneifer.
    »Sind Sie nicht Next?«
    »Wie bitte?«
    »Corporal Next, Leichte Panzerbrigade.«
    Ich massierte mir die Stirn.
    »Ich bin nicht mit dem Colonel hier. Das war reiner Zufall.«
    »Ich glaube nicht an Zufälle.«
    »Ich auch nicht. Ist das nicht ein Zufall?«
    Der Student sah mich verwirrt an, während seine Freundin zu uns trat. Er stellte mich ihr vor.
    »Sie sind doch die Frau, die aufs Schlachtfeld zurückgefahren ist«, staunte sie, als sei ich ein seltener ausgestopfter Papagei. »Sie haben einen direkten Befehl mißachtet. Sie sollten dafür vors Kriegsgericht gestellt werden.«
    »Wurde ich aber nicht.«
    »Weil die
Owl on Sunday
von der Sache Wind bekam. Ich

Weitere Kostenlose Bücher