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Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Titel: Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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habe Ihre Aussage vor der Untersuchungskommission gelesen. Sie sind gegen den Krieg.«
    Die beiden sahen sich an, als könnten sie ihr Glück kaum fassen.
    »Wir brauchen noch jemanden, der bei Colonel Phelps’
    Versammlung spricht«, sagte der junge Mann mit der großen Nase.
    »Jemanden von der Gegenseite. Der dabei war. Und der einen Namen hat. Würden Sie uns helfen?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    Ich sah mich um, in der Hoffnung, daß wie durch ein Wunder mein Chauffeur erschienen war. Vergeblich.
    … den ich,
fuhr die Puppe fort,
vor drei Monden zu Tewkesbury in meinem Grimm erstach?
    »Paßt auf, Leute, ich würde euch ja gern helfen, aber ich kann nicht.
    Ich versuche seit zwölf Jahren, das alles zu vergessen. Sucht euch einen anderen Veteranen. Es gibt Tausende von uns.«
    »Aber keine wie Sie, Miss Next.
Sie
haben den Angriff überlebt.
Sie
haben Ihre gefallenen Kameraden da rausgeholt.
Sie
sind eine von den einundfünfzig. Es ist Ihre verdammte
Pflicht
, im Namen der Toten zu sprechen.«
    »Unsinn. Ich bin einzig und allein mir selbst verpflichtet. Seit dem Angriff der Leichten Brigade versuche ich, damit zurechtzukommen, daß ich ihn überlebt habe. Ich stelle mir jeden Tag und jede Nacht dieselbe Frage: Warum ich? Warum lebe ich, während die anderen, unter ihnen mein eigener Bruder, sterben mußten? Auf diese Frage gibt es keine Antwort, und damit fängt der Schmerz erst
an
. Ich kann euch nicht helfen.«
    »Sie brauchen ja nicht unbedingt zu sprechen«, drängte das Mädchen, »aber halten Sie es nicht auch für besser, eine alte Wunde aufzureißen statt tausend neuer?«
    »Komm mir bloß nicht auf die moralische, du kleine Schlampe«, sagte ich mit erhobener Stimme.
    Das verfehlte seine Wirkung nicht. Sie drückte mir ein Flugblatt in die Hand, nahm ihren Freund am Arm und zerrte ihn mit sich davon.
    Ich schloß die Augen. Mein Herz hämmerte wie das Bumm-Bumm-Bumm der russischen Geschütze. So laut, daß ich glatt überhörte, wie ein Streifenwagen neben mir hielt.
    »Miss Next?« fragte eine fröhliche Stimme.
    Ich drehte mich um, nickte dankbar und schleppte meinen Koffer zum Wagen. Der Beamte im Wagen lächelte mir zu. Er hatte lange Dreadlocks und eine übergroße dunkle Brille auf der Nase. Sein Uniformhemd war, ziemlich salopp für einen SpecOps-Beamten, bis zum Nabel aufgeknöpft, und er trug reichlich Schmuck, ebenfalls ein grober Verstoß gegen die Vorschriften.
    »Willkommen in Swindon, Frau Kollegin! Die Stadt, in der alles passieren kann und aller Voraussicht nach auch wird!«
    Er zeigte mit dem Daumen breitlächelnd zum Wagenheck.
    »Hinten ist offen.«
    Im Kofferraum lagen jede Menge Eisenpflöcke, mehrere Hämmer, ein großes Kruzifix sowie eine Spitzhacke und ein Spaten. Außerdem verströmte er einen modrigen Geruch, den Geruch von Fäulnis und Tod – ich warf eilig mein Gepäck hinein und knallte den Deckel zu.
    Ich ging zur Beifahrertür und stieg ein.
    »Scheiße!«
rief ich, als ich merkte, daß auf dem Rücksitz, hinter einem robusten Drahtgitter, ein sibirischer Wolf auf und ab lief. Der Agent lachte laut.
    »Lassen Sie sich von dem Hündchen nicht stören, Ma’am! Darf ich bekanntmachen? Mr. Meakle. Mr. Meakle, das ist Officer Next.«
    Er meinte den Wolf. Ich starrte das Tier an, das meinen Blick mit beunruhigender Intensität erwiderte. Der Beamte lachte vergnügt und fuhr mit quietschenden Reifen los. Ich hatte völlig vergessen, wie merkwürdig es in Swindon bisweilen zuging.
    Während wir davonbrausten, beendete die Will-Rezitiermaschine ihren Monolog:
    … Komm, holde Sonn, als Spiegel mir zustatten und zeige, wenn ich geh, mir meinen Schatten.
    »Schöner Tag«, meinte ich, als wir den Flugplatz hinter uns gelassen hatten.
    »Jeder Tag ist ein schöner Tag, Miss Next. Ich heiße Stoker …«
    Er nahm die Umgehungsstraße Richtung Stratton.
    »… SpecOps-17. Vampir-und Werwolfentsorgung. Vulgo Sauger und Beißer. Meine Freunde nennen mich Spike. Sie«, setzte er breit grinsend hinzu, »dürfen mich Spike nennen.«
    Wie als Erklärung zeigte er auf einen Pflock nebst Hammer, die an dem Schutzgitter befestigt waren.
    »Wie werden Sie genannt, Miss Next?«
    »Thursday.«
    »Freut mich, Thursday.«
    Dankbar schüttelte ich seine Pranke. Er war mir auf Anhieb sympathisch. Er lehnte sich gegen die Türverstrebung, ließ sich den kühlen Fahrtwind ins Gesicht wehen und trommelte mit den Fingern rhythmisch aufs Lenkrad. Aus einem frischen Kratzer an seinem Hals quoll ein

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