Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Titel: Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
die angeblich aus einem frühen Entwurf zu
Antonius und Kleopatra
stammte. Sie wurde abgelehnt mit der Begründung, sie enthalte zu viele Verben pro Absatz.«
    Er schloß die Tür. »Das war’s. Die Leitung der Swindoner SpecOps liegt übrigens bei Commander Hicks. Der wiederum ist dem Regional Commander in Salisbury unterstellt. Er läßt uns zumeist in Ruhe, was uns durchaus entgegenkommt. Außerdem lernt er neue Agenten gern schon an ihrem ersten Arbeitstag persönlich kennen, weshalb ich vorschlagen würde, daß Sie sich jetzt bei ihm melden. Er sitzt in Zimmer achtundzwanzig, hier den Flur entlang.«
    Wir gingen zurück zu meinem Schreibtisch. Victor wünschte mir noch einmal alles Gute und sprach dann mit Helmut über einige Raubdruckexemplare des Doktor Faustus, die – mit einem Happy-End versehen – auf dem Markt aufgetaucht waren.
    Ich setzte mich und zog meine Schreibtischschublade auf. Es lag nichts darin, nicht einmal eine Büroklammer.
    Bowden beobachtete mich. »Victor hat den Schreibtisch gleich nach dem Mord an Crometty ausgeräumt«, sagte er.
    »James Crometty«, murmelte ich. »Erzählen Sie mir etwas über ihn, bitte.«
    Bowden nahm einen Bleistift und versuchte, ihn auf der Spitze zu balancieren. Ein etwas naiver Versuch, mich zu beeindrucken, schien mir.
    »Crometty befaßte sich hauptsächlich mit der Prosa des neunzehnten Jahrhunderts. Er war ein exzellenter, aber auch recht aufbrausender Kollege, der von Dienst nach Vorschrift wenig hielt. Eines Abends, nachdem er einen Hinweis auf ein seltenes Manuskript erhalten hatte, verschwand er. Wir fanden ihn eine Woche später in einem aufgegebenen Lokal namens The Raven in der Morgue Road. Der Täter hatte ihm sechsmal ins Gesicht geschossen.«
    »Das tut mir leid.«
    »Ich habe schon manchen Kollegen verloren«, sagte Bowden in nahezu ausdruckslosem Ton, »aber er war ein enger Freund und Kollege, und ich hätte gern mit ihm getauscht.«
    Er rieb sich flüchtig die Nase, die einzige Regung, die er sich anmerken ließ.
    »Ich halte mich für einen spirituellen Menschen, Miss Next, auch wenn ich nicht religiös bin. Ich will damit sagen, daß ich mir des Guten bewußt bin, das in mir steckt, und daß ich mich im Zweifelsfall bemühen würde, das Rechte zu tun. Verstehen Sie?«
    Ich nickte.
    »Und trotzdem würde ich
alles
dafür geben, das Leben desjenigen beenden zu dürfen, der diesen Mord begangen hat. Ich habe auf dem Schießstand trainiert und trage jetzt immer eine Waffe; sehen Sie hier…«
    »Später, Mr. Cable. Haben Sie irgendwelche Anhaltspunkte und Spuren?«
    »Nein. Nichts. Wir wissen weder, mit wem er sich getroffen hat, noch wo. Ich habe gute Kontakte zur Mordkommission; die tappt ebenfalls im Dunkeln.«
    »Sechs Schüsse ins Gesicht deuten darauf hin, daß der Täter mit Leidenschaft und Hingabe zu Werke geht«, erklärte ich ihm. »Selbst wenn Crometty bewaffnet gewesen wäre, hätte ihm das vermutlich wenig genützt.«
    »Gut möglich«, seufzte Bowden. »Ich kann mich jedenfalls nicht entsinnen, daß im Laufe einer LitAg-Untersuchung auch nur einmal eine Pistole gezogen worden wäre.«
    Er hatte recht. Noch vor zehn Jahren galt das auch für London. Doch das große Geld und der nahezu unermeßliche Reichtum, der sich mit dem Verkauf und Vertrieb literarischer Werke anhäufen ließ, hatte scharenweise kriminelle Elemente angezogen. Ich wußte von mindestens vier Londoner LitAgs, die in Ausübung ihres Dienstes ums Leben gekommen waren.
    »Die Gewalt auf den Straßen nimmt zu. Und das ist ganz und gar nicht wie im Kino. Haben Sie von den Surrealistenunruhen gestern abend in Chichester gehört?«
    »Allerdings«, antwortete er. »Nicht mehr lange, dann haben wir in Swindon ähnliche Zustände. An der Kunstakademie kam es letztes Jahr zu einem regelrechten Aufstand, als die Schulleitung einen Dozenten entließ, der seinen Studenten heimlich den abstrakten Expressionismus schmackhaft gemacht hatte. Er sollte wegen Fehlinterpretation visueller Medien vor Gericht gestellt werden. Wenn mich nicht alles täuscht, hat er sich nach Rußland abgesetzt.«
    Ich sah auf meine Uhr.
    »Ich muß zum Commander.«
    Ein zartes Lächeln huschte über Bowdens ernstes Gesicht.
    »Na, dann viel Glück. Wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf, lassen Sie Ihre Automatik verschwinden. Trotz des Todes von James hat Commander Hicks etwas gegen die permanente Bewaffnung von LitAgs. Er ist der Ansicht, daß unser Platz am Schreibtisch ist und nirgends

Weitere Kostenlose Bücher