Thursday Next 02 - In einem anderen Buch
er ließ sich nicht abschrecken. Er grinste noch breiter und sagte: »Ein Jammer, solche herrlichen Titten zu verschwenden, Miss Next.«
Ich hatte schon die Hand gehoben, um ihm eine zu schallern, da wurde mein Arm von Cordelia gestoppt, die offenbar beschlossen hatte, dass sie besser eingreifen sollte.
»Na, Frankie, mal wieder beim Baggern?«
Saveloy verzog das Gesicht. »Hol dich der Teufel, Dilly - willst du mir den Spaß verderben?«
»Kommen Sie, Thursday, es gibt noch viel größere Narren hier, mit denen Sie Ihre Zeit totschlagen können.«
Ms Flakk hatte ausnahmsweise mal kein rosa Kleid an, aber ihre Farben waren immer noch schrill genug, um einen Farbfilm auf vierzig Meter erblinden zu lassen. Sie nahm mich an der Hand und führte mich zu den Kunstwerken. »Sie haben mich ganz schön an der Nase herumgeführt, Thursday«, sagte sie leicht aggressiv. »Ich brauche schließlich bloß zehn Minuten von Ihrer kostbaren Zeit für unsere Preisträger.«
»Tut mir leid, Dilly. Es war alles ein bisschen hektisch. Wo sind sie denn jetzt?«
»Na ja, sie sollten bei
Richard III
mitspielen, im Ritz.«
»Aber?«
»Sie sind zu spät gekommen und man konnte ihnen keine Rolle mehr geben. Können Sie sich bitte morgen Zeit für sie nehmen?«
»Ich werd es versuchen.«
Wir erreichten eine kleine Versammlung, in deren Mittelpunkt ein junger Künstler sein neuestes Kunstwerk erklärte. Seine aufmerksame Zuhörerschaft bestand vor allem aus Männern in kragenlosen schwarzen Anzügen, die eifrig in ihren Katalogen herumkritzelten.
»Welchen Titel haben Sie dieser Plastik gegeben, Mr Duchamp 2924 ?« fragte einer der Kritiker und rückte seine sichelförmige Brille zurecht.
»Ich nenne sie
Das Innere Es«,
sagte der junge Künstler in großer Demut. Er vermied die Blicke der Umstehenden und presste angestrengt seine Fingerspitzen zusammen. Er trug einen langen schwarzen Kittel und seine Koteletten waren so spitz, als ob er damit jemand die Augen ausstechen wollte. »Sie spiegelt die zahlreichen Beschränkungen, in denen unsere Gesellschaft heute befangen ist. Die äußere Schicht ist ein Abbild und zugleich die Überwindung des harten Ektoskeletts, das wir der Außenwelt zeigen. Es ist hart, aber zugleich auch dünn und zerbrechlich. Darunter wartet eine weichere Schicht. Sie ist von gleicher Gestalt und fast derselben Große. Je tiefer man dringt, desto mehr Schichten findet man, alle von gleicher Gestalt und immer ein wenig kleiner als die davor. Es ist eine tränenreiche Reise, und wenn man zum Mittelpunkt kommt, ist beinahe nichts da, und die Ähnlichkeit mit der äußeren Form erweist sich in gewissem Sinne als illusionär.«
»Es ist eine Zwiebel«, erklärte ich laut.
Verblüfftes Schweigen folgte auf diesen Ausruf. Die Kunstkritiker sahen erst mich, dann die Zwiebel und schließlich Duchamp 2924 an.
Ich hatte gedacht, sie würden jetzt irgendwas sagen wie: »Vielen Dank, dass Sie uns darauf aufmerksam machen. Da hätten wir uns ja beinahe zum Narren gemacht.« Aber das taten sie nicht. Sie fragten bloß: »Trifft das zu?«
»Faktisch, ja«, erklärte Duchamp 2924 ungerührt, »aber künstlerisch ist es natürlich eine starke Vereinfachung.« Zur Bekräftigung seiner These zog er einen Bund Schalotten aus seiner Jacke und sagte: »Ich habe hier ein anderes Werk, auf das ich Ihre Aufmerksamkeit lenken möchte. Es heißt
Das Innere Es II (Gruppe)
und ist eine Formation von konzentrischen, dreidimensionalen Figuren, die um einen Mittelpunkt angeordnet zu sein scheinen .«
Während sich die Kritiker mit erneuertem Interesse vorbeugten, zog mich Cordelia davon. »Du scheinst heute ziemlich streitlustig zu sein, Thursday«, lächelte sie. »Komm, ich möchte dich mit jemand bekannt machen.«
Sie stellte mir einen gut frisierten jungen Mann in einem gut geschnittenen Maßanzug vor. »Das ist Harold Flex«, sagte sie. »Harry ist der Agent von Lola Vavoom, ein sehr einflussreicher Mann in der Filmindustrie.«
Flex schüttelte mir die Hand und erklärte mir, dass er sich ganz besonders geehrt durch meine Gegenwart fühle. »Ihre Geschichte schreit danach, einem großen Publikum nahe gebracht zu werden, und Lola ist sehr interessiert.«
Ich ahnte plötzlich, worauf das hinauslaufen sollte. »Nein, nein«, sagte ich. »Auf gar keinen Fall!«
»Hör dir erst mal an, was Harry zu sagen hat, Schätzchen«, ermahnte mich Cordelia. »Er ist ein Agent, der wirklich gute Bedingungen für dich herausschlagen könnte. Er
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