Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte
lassen, damit ihm die traumatische Szene am Ende des 28. Kapitels erspart bleibt, wo die von ihm Geschwängerte mit dem inzwischen sechsjährigen Kind auftaucht und seine Hochzeit mit der reichen Fabrikbesitzerstochter Ellen O'Shaugnessy verdirbt. Wenn das Dienstmädchen aus dem Weg wäre, könnte er Ellen heiraten, statt den entwürdigenden Abstieg in Alkoholismus und Tod durchzumachen, der ihn im 32. Kapitel erwartet. Es tut mir leid, Miss Havisham, aber er hat ein Motiv. Die Gelegenheit hat er auch gehabt - und ausreichend Jurisfiktion-Erfahrung, um seine Spur zu verwischen.«
Schweigen herrschte, als die Anwesenden über die schreckliche Möglichkeit nachdachten, dass ein Jurisfiktion-Agent zum Verbrecher geworden sein könnte.
»Habt ihr sein Buch nach Spuren durchsucht?« fragte Falstaff.
»Ja. Wir haben den
Squire of High Potternews
Wort für Wort durchsucht, und wir haben nur eine einzige Person gefunden, die nicht in den Roman gehörte. Es handelte sich um eine blinde Passagierin, die aus dem vorhergehenden Roman von Farquitt stammte. Sie hatte sich in einem Schrank in Potternews Hall versteckt. Sie wurde ausgewiesen und befindet sich jetzt wieder in ihrem eigenen Buch.«
»Habt ihr die Buch-Hunde eingesetzt?« fragte die Herzkönigin und reinigte den Lauf ihrer Pistole. »Wenn die mal Witterung aufgenommen haben, finden sie jeden.«
»Die sind leider nur bis zum Anfang von
Tom Sawyer
gekommen. Als sie die viele frische Farbe gerochen haben, war es vorbei.«
»Sie sollten Ihren Kollegen von der Verbindung zu Perkins erzählen«, verlangte der Protokollführer.
»Das ist aber wirklich bloß eine Theorie«, sagte Tweed.
»Trotzdem«, sagte der Protokollführer. »Ihre Kollegen müssen wissen, was los ist.«
»Na schön.« Tweed kippte eine Kiste um, und ein großer Haufen Kommas, Punkte und Semikolons fiel auf den Tisch. »Die haben wir in Deanes Spind gefunden. Wir haben sie analysieren lassen und Spuren von Guinness entdeckt.«
»Ulysses!«
rief Benedict.
»Ja, die Vermutung liegt nahe«, bestätigte Tweed mit ernstem Gesicht. »In seinem Notizbuch hat Perkins etwas über eine
überraschende Entdeckung
geschrieben. Einen Tag bevor er gestorben ist. Wir gehen jetzt davon aus, dass Deane die Satzzeichen aus dem letzten Ulysses-Kapitel entweder selbst gestohlen oder zumindest weitergegeben hat. Perkins hat das herausgefunden und ihn womöglich zur Rede gestellt. Daraufhin hat Deane den Minotaurus aus seinem Käfig gelassen, damit er Perkins tötet und dann den Myspeling Vyrus freigesetzt, um die Tat zu verdecken. Dieses Erfolgserlebnis hat ihn so berauscht, dass er anschließend gleich noch das Dienstmädchen umgebracht hat, was er ja schon immer vorgehabt hatte. Anschließend ist er geflüchtet.«
»Wären die Ermittlungen im Falle Perkins nicht eigentlich
meine
Sache gewesen?« fragte Bradshaw verärgert.
»Ich bitte um Entschuldigung«, erwiderte Tweed. »Sie erhalten selbstverständlich einen kompletten Bericht.« Er verbeugte sich leicht und setzte sich wieder hin.
»Es tut mir sehr leid, das sagen zu müssen«, erklärte der Protokollführer traurig, »aber wie es scheint, haben wir Deane unterschätzt. Wenn keine eindeutigen Gegenbeweise auftauchen, bleibt mir nichts anderes übrig, als ihn zum Seiten-Läufer zu erklären. Er kommt auf die Fahndungsliste und muss sofort verhaftet werden, wenn er irgendwo auftaucht. Dabei ist allerdings größte Vorsicht angezeigt. Wer zweimal gemordet hat, der schreckt vor nichts mehr zurück.«
Wir tauschten besorgte Blicke. Zum Seiten-Läufer erklärt zu werden war eine ernste Sache - nur wenige wurden lebendig gefangen genommen.
»Tagesordnungspunkt vier«, fuhr der Protokollführer fort. »Der Minotaurus. Er ist zur Fahndung ausgeschrieben, aber wenn uns nicht der Zufall zu Hilfe kommt und er keine Fehler macht, haben wir kaum eine Chance, ihn zu finden. Es gab einen Hinweis, dass er womöglich zur Non-Fiction übergewechselt ist. Das wäre mir natürlich sehr recht. Aber solange das nicht bestätigt ist, müssen wir auf der Hut bleiben.«
Er warf einen Blick auf sein Klemmbrett.
»Tagesordnungspunkt fünf. Die 923. Buch-Welt-Preise. Weil zugleich Ultra-Word™ vorgestellt werden soll, sind alle Angehörigen der Buch Welt eingeladen. Natürlich können wir die Bücher nicht unbesetzt lassen, deshalb haben wir einen Notdienst eingerichtet. Die Verleihung erfolgt wie immer im Starlight Room. Um dem erwarteten Andrang gewachsen zu sein, haben die
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