Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte
noch?« fragte der Protokollführer.
»Godot«, sagte Benedict.
»Fehlt der schon wieder? Weiß jemand, wo er ist?«
Es folgte massives Kopfschütteln.
Der Protokollführer machte sich einen Vermerk in seinem Notizbuch, läutete mit der Glocke und räusperte sich. »Jurisfiktion-Vollversammlung Nr. 40320 ist damit eröffnet«, sagte er. »Tagesordnungspunkt eins: Perkins und Snell. Zwei unserer besten Agenten sind in Ausübung ihrer Pflichten gestorben. Sie haben das höchste Opfer gebracht, und ihre Namen werden zur ewigen Erinnerung und zur Erbauung künftiger Generationen ins Boojumorial gemeißelt werden. Ich bitte um zwei Minuten Ruhe zum Gedächtnis an Perkins und Snell!«
»Perkins und Snell«, wiederholten wir und erhoben uns in stillem Gedächtnis von unseren Plätzen.
»Danke«, sagte der Protokollführer, als zwei Minuten vorbei waren. Die Leitung des Bestiariums übernimmt künftig Commander Bradshaw. Die Witwe von Mathias hat mich gebeten, allen zu danken, die ihr in den letzten Tagen ihr Mitgefühl ausgedrückt haben. Die
Perkins-&-Snell-Serie
wird von Klonen der Klasse B-2 aus einer Lizenzausgabe weitergeführt, und ich glaube, ich darf den beiden in Ihrer aller Namen viel Glück und Erfolg wünschen.«
Er machte eine Pause und holte tief Luft.
»Der Verlust dieser beiden Agenten war für uns alle ein großer Schock, und wir dürfen es nicht versäumen, daraus unsere Lehren zu ziehen. Man kann gar nicht vorsichtig genug sein. Na gut. Tagesordnungspunkt zwei.«
Er schlug die Seite auf seinem Klemmbrett um.
»Die Untersuchung zum Tod von Perkins. Commander Bradshaw, was haben Sie uns zu berichten?«
»Die Untersuchungen sind noch im Gange«, erklärte Bradshaw und fügte dann hastig hinzu: »Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass es sich nicht um Unfälle handelt.«
»Was hindert Sie dann daran, einen Abschlussbericht vorzulegen?« fragte der Protokollführer.
Weil, äh -«, sagte Bradshaw gedehnt und suchte offensichtlich nach einer Ausrede, »weil wir noch mit Vernham Deane sprechen wollen.«
»Wieso?« fragte der Protokollführer. »Hat Deane mit der Sache zu tun?«
»Ja - vielleicht.«
»Das ist interessant«, sagte der Protokollführer. »Das bringt uns direkt zu Tagesordnungspunkt drei. Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass gegen Vernham Deane jetzt eine offizielle Ermittlung wegen Mordverdachts läuft.«
Man hörte allenthalben erschrockenes Luftholen. »Wir alle kennen Vern, seit er geschrieben wurde, liebe Kollegen, aber leider müssen wir davon ausgehen, dass er etwas ziemlich Schlimmes getan hat. Tweed, hatten Sie uns nicht etwas darüber zu sagen?«
Harris Tweed stand auf und räusperte sich. »Vernham Deane ist uns allen vertraut. Als
Squire of High Potternews
hat er die Aufgabe, das Dienstmädchen in seinem Haushalt gegen ihren Willen zu schwängern und sie dann aus dem Haus zu werfen. Zehn Kapitel später kehrt sie dann wieder zurück. Vor drei Tagen allerdings - am Morgen nach Perkins Tod - hat sie eben dies nicht getan.«
Er klemmte das Bild einer attraktiven, dunkelhaarigen jungen Frau an die Tafel. »Es handelt sich um eine C-3 mit dem Namen Mimi. Zwanzig Jahre alt, Personalnummer CDT/2511922.«
»Was hat denn Deane zu ihrem Verschwinden gesagt?«
»Das ist es ja gerade«, sagte Tweed grimmig. »Unser Kollege - oder soll ich sagen, Ex-Kollege - Vernham Deane ist zum gleichen Zeitpunkt verschwunden. Der
Squire of High Potternews
ist bis zum Abschluss der Untersuchungen erst einmal suspendiert worden. Wir haben ihn aus dem Verkehr gezogen und in den Brunnen gebracht. Er wird erst dann freigegeben, wenn Deane wieder aufgetaucht ist. Das heißt,
falls
er zurückkommt.«
»Sind Sie nicht ein bisschen voreilig?« sagte Miss Havisham.
Sie fand Tweeds Bericht offensichtlich nicht objektiv genug. »Gibt es denn überhaupt ein Motiv?«
»Wir alle haben Vern gemocht«, sagte Tweed, »und das gilt auch für mich. Obwohl er der Schurke in
High Potternews
war, hat er uns nie Grund zur Sorge gegeben. Ich war ziemlich erschrocken über das, was ich bei meinen Untersuchungen festgestellt habe, und ich glaube, Ihnen wird es nicht anders ergehen.«
Er zog ein Blatt Papier aus der Tasche und sagte: »Dies ist eine Fotokopie eines Ablehnungsbescheids, den das Handlungs-Anpassungs-Komitee des Gattungs-Rats ausgestellt hat.«
Er befestigte das Dokument neben dem Bild des Dienstmädchens.
»Wie es scheint, hatte Dean beantragt, seine Hausangestellte am Kindbettfieber sterben zu
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