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Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Titel: Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Nacht
für dich ablaufen lassen. Ich kann die Erinnerung aber auch löschen. Wie findest du die hier?«
    Es wurde dunkel, und wir befanden uns in dem Gebiet von Swindon, wo junge Pärchen mit ihren Autos hinfuhren, wenn sie ungestört schmusen wollten. Ich war mit Darren hierher gekommen, einem jungen Mann, in den ich wohl nur deshalb verknallt war, weil meine Eltern unsere Beziehung so intensiv ablehnten. Er hielt mich auf dem Rücksitz seines Morris 8 in einer leidenschaftlichen Umarmung umfangen. Ich war siebzehn und sehr impulsiv, und Darren war achtzehn und äußerst abstoßend. Ich roch seine Bierfahne und seinen postpubertären Bocksgestank, der so intensiv war, dass man ihn mit bloßen Händen aus der Luft hätte herauspressen können. Ich sah Aornis von außen in unser Auto grinsen, und in Darrens heftiges Keuchen hinein begann ich zu schreien.
    »Das ist aber noch längst nicht das Schlimmste«, sagte Aornis. »Wir können auf die Krim zurückkehren und Erinnerungen auslösen, die selbst für dich zu schrecklich waren. Die verdrängten Erinnerungen, die du unterdrückt hast und immer noch unterdrückst, um überhaupt weiterleben zu können.«
    »Nein, Aornis, nicht den Angriff der Leichten Brigade, bitte -!«
    Aber schon waren wir mittendrin. Es war dieser schreckliche Augustnachmittag des Jahres 1973, und ich fuhr meinen Schützenpanzer mitten in die Stellung der russischen Feldartillerie. Von den vierundachtzig Schützen- und Aufklärungspanzern, die an diesem Tag in die Schlacht fuhren, kehrten nur zwei zurück, und von den 534 Soldaten überlebten nur 51.
    Es war der Augenblick, ehe das Sperrfeuer einsetzte. Mein unmittelbarer Vorgesetzter, Major Phelps, dieser Narr, saß lässig im offenen Turmluk, und links und rechts konnte ich die übrigen Panzerfahrzeuge sehen, die große Staubwolken aufwirbelten. Wir waren meilenweit zu sehen. Die erste Salve kam so unerwartet, dass ich dachte, es wäre ein Unfall. Ich dachte, in einem der leichten Panzer sei die Munition explodiert. Erst das Jaulen einer Granate, die dicht über unsere Köpfe hinwegflog, machte mir klar, dass wir unter Beschuss lagen. Ich änderte sofort die Richtung und begann Zickzack zu fahren. Ich wartete auf Befehle von Phelps, aber der hing hilflos im Turmluk. Er hatte seinen Unterarm und das Bewusstsein verloren.
    Der Beschuss war so massiv, dass die einzelnen Einschläge zu einem einzigen Donnergrollen verschmolzen, und die Druckwellen schüttelten unser Fahrzeug so heftig, dass ich Mühe hatte, es unter Kontrolle zu halten.
    Den offiziellen Bericht las ich zwei Jahre später. Zweiundvierzig Kanonen waren auf uns gerichtet gewesen, sie hatten in gut getarnten Stellungen gestanden und innerhalb von wenigen Minuten 387 Schuss abgefeuert, von denen fast jeder traf, denn die Entfernung hatte weniger als zweitausend Meter betragen. Es war wie beim Scheibenschießen gewesen.
    Sergeant Tozer übernahm das Kommando und befahl mir, zu einem Schützenpanzer zu fahren, der seine Kette verloren hatte und auf die Seite gekippt war. Ich hielt unmittelbar hinter dem Fahrzeug, während Tozer und die Mannschaft heraussprangen, um die Verletzten zu bergen.
    »Und woran hast du wirklich gedacht?« fragte Aornis, die angewidert die Mischung von Blut, Staub und Öl musterte, die sich im Fahrzeuginneren ausbreitete.
    »Flucht«, sagte ich. »Wie alle anderen auch. Wir hatten Angst, wir wollten da raus!«
    »Next!« schrie Tozer. »Hören Sie auf, mit Aornis zu plappern, und fahren Sie uns zum nächsten Fahrzeug.«
    Ich beschleunigte und sah, wie ein weiterer Panzer getroffen wurde. Der Turm segelte fünf Meter weg, während unten die Beine des Kommandanten heraushingen.
    Granatsplitter prasselten wie Hagel auf unsere dünne Panzerung. Die Überlebenden, die ihre Fahrzeuge verlassen hatten, lagen flach auf den Boden gepresst und schossen mit ihren Gewehren zurück, ohne irgendeine Wirkung damit zu erzielen.
    Es sah gar nicht gut aus.
    Unser Schützenpanzer war inzwischen bis unters Dach mit Verletzten gefüllt. Ich wendete, und in diesem Augenblick traf uns eine Granate. Wir hatten Glück, es war ein Blindgänger, er hatte uns nur gestreift und war abgeprallt, ohne zu explodieren. Am nächsten Tag sah ich die tiefe Schramme in der Außenhaut unseres Panzers.
    Nach etwa hundert Metern waren wir relativ sicher. Der Staub und der Rauch von den brennenden Fahrzeugen deckten unseren Rückzug. Bald hatten wir unsere vorgeschobenen Beobachtungsposten passiert, wo die

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