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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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es getan, er hätte ihnen versichern können, daß Starbuck ein Verräter war, der Außenweltberater der Königin dieser Welt, der damit beschäftigt war, ihre Interessen gegen die der Hegemonie zu vertreten. Er hätte ihnen sagen können, daß Starbuck der Jäger war, der seine außerirdischen Hunde rief und sie auf Geheiß der Königin zur Jagd den Mers hinterherhetzte. Er hätte ihnen sagen können, daß Starbuck der Liebhaber der Königin war, was er bleiben würde, bis einer daherkam, der schneller und verschlagener als er selbst war, und der würde dann der neue Starbuck werden - denn die Königin war traditionell die Inkarnation der Meeresmutter, sie hatte soviel Liebhaber wie das Meer Inseln. All das hätte der Wahrheit entsprochen, wie noch einige weitere Einzelheiten. Er hätte ihnen sogar sagen können, daß er der Starbuck war, der die vertraulichen Mitteilungen sammelte, die er benötigte, um der Königin bei Verhandlungen eine Position der Stärke zu sichern - und wahrscheinlich hätten sie daraufhin gelacht, wie er selbst auch.
    Denn im Grunde genommen hätte jeder von ihnen Starbuck sein können, dazu mußte er lediglich ein Außenweltler sein. Und nicht einmal der beste. Starbucks Anonymität wurde durch das Gesetz und das Ritual sichergestellt, er existierte über und jenseits jeglicher Autorität, mit Ausnahme der der Königin.
    Starbuck wandte sich um und betrachtete über den Rand eines Glases hinweg seine Kleidung, die unordentlich auf einem Regal der Spiegelglaswand neben der Spiegelglastür lag: die bewußt gewählte schwarze Seide und das Leder seiner formellen Hofkleidung, sowie der traditionelle Helm, der seine wahre Identität verbarg und der Herne mit einem Dutzend anderer, machtgieriger Vorgänger austauschbar gemacht hatte. Der Helm selbst war mit einer Vielzahl geschwungener Stahlstreben verziert, wie das Geweih eines Hirschs - ein Symbol der ganzen arroganten Macht, die ein Mann jemals auf sich vereinigen konnte. Das hatte er jedenfalls gedacht, als er ihn zum erstenmal aufgesetzt hatte. Erst viel später hatte er erkannt, daß er einer Frau gehörte, wie auch die wirkliche Macht - und er.
    Plötzlich ließ er sich wieder auf dem umgeschlagenen Bettlaken nieder und betrachtete seine unzähligen Spiegelbilder, die ihn ihrerseits zahllos ansahen.
Sah er hier den Rest seines Lebens?
Er runzelte die Stirn und verdrängte den Gedanken, dann fuhr er mit den Fingern durch seine schwarzen Locken. Er war nun schon seit mehr als zehn Jahren Starbuck, und er würde weiter Starbuck sein ... bis zur Veränderung. Er besaß Macht, das gefiel ihm, und bisher hatte es ihn noch nie gekümmert, wer die wahre Machtquelle war.
    Nie gekümmert?
Er betrachtete seine kräftigen Arme und seinen Körper, der dank des Privilegs immer noch straff und jugendlich war. Und dank des Abschlachtens der Mers .. . Nein, das Abschlachten spielte überhaupt keine Rolle, im Endeffekt trug es nur unwesentlich zum größeren Ziel bei. Aber die Quelle, ja, auf die kam es an. Auf die kam es an - Arienrhod. Sie besaß alles, was Macht und Einfluß über ihn hatte - Schönheit, Reichtum, absolute Kontrolle ... ewige Jugend. Als er sie das allererste Mal anläßlich einer Audienz gesehen hatte, mit ihrem früheren Starbuck an ihrer Seite, da hatte er gewußt, daß er töten würde, um sie zu besitzen und von ihr besessen zu werden. Er dachte an ihren Körper, der gegen seinen gepreßt war, die Fülle ihres Haars, das rote Juwel ihres bitteren Mundes ... an den Geschmack von Macht und Privilegien und verkörperter Hingabe.
    Und daher erschien es ihm keinesfalls übertrieben, daß er ohne nachzudenken vom Bett und auf die Knie glitt, als die Tür aufging und seine Vision Wirklichkeit wurde.
     

3
    »... Die Zeit der Veränderung rückt näher! Der Sommerstern weist uns den Weg zum Heil ...«
    Mond stand zusammengekauert in der Dämmerung am Dock, sie zitterte in der Kälte, die von dem kalten Nebel und ihrem inneren Elend verursacht wurde. Der Atem, den sie angehalten hatte, bis es schmerzte, kondensierte beim Ausatmen zu einem weißen Wölkchen und verflüchtigte sich alsbald wie ein Geist, wie eine fliehende Seele im grauen Nebel des Meeres.
Ich werde nicht weinen.
Sie strich sich über die Wange.
    »Wir müssen uns auf das Ende und einen neuen Anfang vorbereiten!«
    Sie wandte sich um und sah an Gran vorbei und über den nebelverhangenen Korridor des Piers, als das irre Brüllen des alten Mannes wie eine Woge über die

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