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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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sich krampfhaft abmühte, sein Leben zu retten. Es wußte ja nicht, daß der Tümpel, in dem es sein Heil suchte, in wenigen Tagen auch nur noch ein Schlammloch sein würde, daß alle Anstrengungen vergeblich waren.
Er
konnte es sehen, aber das Fischding nicht. Wenn dieser Tümpel austrocknete, würde es weiterwandern, bis zum nächsten Wasserloch, das ein bißchen tiefer war ... oder der Canyon würde überflutet ... oder es krepierte ...
Überleben.
Vielleicht war alles sinnlos, aber das Ding würde blindlings weiterkrabbeln und um sein Überleben kämpfen. Indem er es beobachtete, verspürte er eine Mischung aus Achtung, Staunen und Ekel.
    Dann versetzte er ihm einen kräftigen Tritt. Es rutschte fast anderthalb Meter weit über den Schotter in Richtung des Tümpels. In stummer Qual lag es zappelnd auf der Seite und schwenkte die Flossen wie Wimpel; schließlich richtete es sich wieder auf und kroch weiter, als sei nichts geschehen. Reede wandte sich ab und setzte seinen Weg fort, während er die Fäuste abwechselnd ballte und wieder öffnete.
    Nach der nächsten Biegung blieb er wie angewurzelt stehen und riß vor Staunen die Augen auf. Vor ihm lag der Feuersee, obwohl er hätte schwören können, daß er noch gar nicht so weit gelaufen war. Der Anblick traf alle seine Sinne wie ein Schlag; es waren nicht nur die Hitze und das Licht, sondern Eindrücke, die sein Gehirn noch nicht einmal ansatzweise zu fassen vermochte. Durch sämtliche Sinnesorgane drang dieses Wunder auf ihn ein, mit den Augen, der Nase, den Ohren und der Haut nahm er es wahr ...
    »,Sie können es fühlen.«
    Es dauerte eine Weile, bis er begriff, daß nicht eine Halluzination oder der Feuersee zu ihm sprach, und daß die schemenhafte Gestalt, die plötzlich an dem steinigen Ufer neben ihm stand, tatsächlich Gundhalinu war.
    Reede blinzelte und sah ihn benommen an. »Ja ...«, antwortete er mit erstickter Stimme. Er fragte sich, ob der Feuersee wohl auf jeden so wirkte, doch eine Ahnung sagte ihm, daß es nicht so war.
    »Was sehen Sie?« drängte Gundhalinu. »Was hören Sie?«
    Überrascht antwortete Reede: »Licht ... Töne ... eine Art weißes Rauschen. Ich kann es nicht beschreiben.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe ein Gefühl, als sollte mir etwas mitgeteilt werden, doch weil mir
irgend etwas
fehlt, kann ich es nicht verstehen.« Das Sprechen fiel ihm schwer, als hätte er einen Fremdkörper im Mund, den er am liebsten ausspeien würde, und etwas schien sein Gehirn zu umklammern. »Götter, was fasele ich da?« sagte er ärgerlich. »Ich weiß selbst nicht, was ich eigentlich sagen will. Was sehen Sie denn?«
    »Gespenster«, erwiderte Gundhalinu. Leicht enttäuscht blickte er über den Feuersee. »Ich sehe die Vergangenheit und die Zukunft, wie sie einander abwechseln ... die Kanäle des Meta-Raums, die sich öffnen und schließen.«
    Reede lachte unsicher. »Sie haben mehr Phantasie als ich.«
    »Das ist keine Einbildung ... es ist das Sibyllenvirus.« Es schien Gundhalinu schwerzufallen, Reede anzusehen. »Das Virus läßt den Feuersee eindringen ... es ist, als würden tausend Wahnsinnige in meinem Schädel kreischen. An diesem Ort habe ich Mühe, normal zu reagieren. Die Adhani-Disziplinen helfen mir, logisch zu denken; seit ich in die höheren Ebenen der Survey-Loge aufgestiegen bin, habe ich noch mehr Biofeedback und Kontroll-Methoden gelernt.« In einer sinnlosen Geste strich er sich mit den Händen über die zerdrückte Montur.
    Reede schnitt eine Grimasse. »Ich könnte das bestimmt nicht aushalten«, murmelte er.
Nicht zusätzlich zu allem anderen den Träumen, den zerborstenen Spiegeln, der Leere, der Einsamkeit ...
    Gundhalinu sah ihn aufmerksam an. »Sie spüren die Phänomene intensiver als jeder andere ... mit Ausnahme einer Sibylle. Aber nur ein Teil ihres Gehirns nimmt sie wahr, der andere Teil hört nichts, und das ist Ihr Schutz:«
    Reede schlug Gundhalinu heftig gegen die Brust und stieß ihn um. »Verflucht!« Der pockennarbige, spiralig verschlungene Untergrund, auf dem Gundhalinu stand, schien plötzlich aus Millionen schreiender Münder und toter Augen zu bestehen – Seelen, die in einer unvorstellbaren Hölle auf Erden gefangen waren.
    Langsam rappelte sich Gundhalinu hoch. Er schüttelte den Kopf, wie jemand, der aus dem Schlaf erwacht, und sah Reede verständnislos an. »Was, zum Teufel, hatte das zu bedeuten?« wollte er wissen. Reede zwang sich dazu, den Boden nicht länger anzustarren. »So dürfen

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