Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt
ungeduldig.
Reede studierte die Anzeigen und nickte bedächtig. »Es sieht gut aus.« Auf Reedes Drängen hin hatten sie unter Gundhalinus Anleitung an dem geborgenen Schiffsantrieb kleinere Reparaturen durchgeführt und nun ihre Probe des Stardrive-Plasmas hineinpraktiziert. Am liebsten hätte Gundhalinu damit gewartet, bis sie in die Zivilisation zurückgekehrt waren, doch Reede gab ihm keine Ruhe, wohl wissend, daß Gundhalinus Wissensdurst genauso groß war wie der seine, und daß er letzten Endes der Versuchung nachgeben würde, weil auch er darauf brannte, Resultate zu erfahren.
Mit Erfolg hatte Reede Gundhalinu bearbeitet, das Experiment an Ort und Stelle durchzuführen. Soeben war das Stardrive-Plasma in die dafür vorgesehene Matrix gelangt. Auf Monitoren beobachteten sie, wie sich das Plasma in seiner neuen Heimstatt benahm und allem Anschein nach ließ es sich gut kontrollieren. Dafür, daß der Antrieb jahrtausendelang unter Wasser gelegen hatte, befand er sich in einem unglaublich guten Zustand, aber gerade das Stardrive-Plasma bewirkte ja, daß die bekannten Naturgesetze in World's End keine Gültigkeit hatten. Das Stardrive-Plasma hatte
gewollt,
daß dieses Aggregat geborgen würde, denn es gierte danach, gerettet zu werden. »Ich glaube, es ist glücklich«, sagte Reede nach einer Weile.
Gundhalinu trat näher an ihn heran und betrachtete die Bilder auf den Monitoren. »So wie ich ...« Er gab einen Ausruf des Triumphs von sich. »Bei den Göttern, so glücklich war ich noch nie! Habt Dank, ihr Götter!«
»Mir geht es genauso.« Reede rang sich diese Worte ab, wobei er fast an ihnen erstickte; seine Begeisterung war abgeflaut. Er griff nach einem Stück Rohr; in seiner Faust fühlte es sich hart und kalt an, wie ein Stein. Dann wandte er sich wieder Gundhalinu zu. »Denn jetzt brauche ich Sie nicht mehr ...« Er holte aus und zielte auf Gundhalinus Kopf.
Doch Gundhalinu reagierte mit einer Schnelligkeit, als habe er sich durch seinen Dienst bei den Blauen eine Art sechsten Sinn angeeignet. Er brüllte den draußen herumlungernden Soldaten etwas zu und sprang nach hinten, ehe Reede zuschlagen konnte. Aber in dem engen, mit Geräten vollgestopften Raum prallte er gegen einen Tisch.
Das Rohr traf seine Schläfe; unter einem Funken-schauer krachte Gundhalinu in eine Ansammlung elektronischer Apparaturen. Blutend blieb er liegen.
Reede wirbelte herum, als Hundet ins Zelt gestürmt kam. Mit einem Blick erfaßte der Sergeant die Lage und hob das Stunnergewehr, das er bereits im Anschlag gehalten hatte, an die Schulter.
Geschwind wie der Blitz zog Reede ein Messer aus seinem Gürtel und schleuderte es blindlings, auf seinen Instinkt und seine Reflexe vertrauend. Die Klinge bohrte sich in Hundets Brust und stoppte ihn mitten im Lauf. Einen scheinbar endlosen Augenblick lang schwankte der Mann hin und her, bis die Beine unter ihm nachgaben, und er mit dem Gesicht nach unten zu Boden stürzte. Reede brauchte nicht mal einen Herzschlag lang, um Hundet zu erreichen, der in einer sich rasch ausbreitenden Blutlache lag. Mit der Stiefelspitze rollte er ihn auf den Rücken.
Tot.
Hundets Augen stierten ihn wie haßerfüllt an, als er sich bückte und ihm das Messer aus der Brust zog. Ungerührt wischte er die Klinge am Hemd des Toten ab und steckte sie in das Futteral zurück. Dann hob er das Gewehr auf und prüfte die Batterie. Er stellte die maximale Feuerstärke ein, mit der man einen Menschen aus beträchtlicher Entfernung lähmen und aus kurzer Distanz töten konnte. Mit der Waffe in der Hand ging er nach draußen.
Auf dem freien Platz zwischen den Zeltkuppeln stand Soldat Saroon und umklammerte unsicher sein Gewehr. Mit angespannter, besorgter Miene beobachtete er Niburu und Ananke, die das Labor im Auge behielten. Als Reede mit Hundets Stunner aus der Kuppel trat, veränderte sich jählings der Ausdruck auf ihren Gesichtern.
»Keine Bewegung!« brüllte Reede, aber den Befehl hätte er sich sparen können. Saroon stand da wie gelähmt, als er begriff, was passiert sein mußte. Er schaute drein wie jemand, der sich verkauft und verraten fühlt. Das Gewehr zitterte in seinen Händen, während er Ananke und Niburu ungläubig anstarrte.
»Waffe fallenlassen!« sagte Reede und machte eine Bewegung mit seinem Gewehr. Saroon schleuderte den Stunner von sich und riß die Arme hoch. Verstohlen schielte er zum Zelt hinüber, in der aberwitzigen Hoffnung, jemand käme heraus. »Niburu«, sagte Reede, »Ananke.
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