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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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die Zone mit niedriger Schwerkraft; in einer Kurve begann der Boden leicht anzusteigen. Gundhalinu merkte, wie er ins Rutschen und Schlingern kam und paßte seine Bewegungen den veränderten Schwerkraftbedingungen an.
    Die Gravitation änderte sich hier an jeder Stelle, von einem Augenblick zum anderen. Es hing davon ab, welche Aktivitäten gerade irgendwo in den Fabriken und Lagerhallen im Gange waren. Durch seine Arbeit in den Schiffwerften war Gundhalinu an Umgebungen mit geringer oder gar keiner Schwerkraft gewöhnt. Während er sich gleichmäßig vorwärtsbewegte, beobachtete er auf dem Monitor in seinem Heim die beiden roten Lichtpunkte.
    Neben ihm fluchte Vhanu, der mit variabler Gravitation offenbar keine Erfahrung hatte. Kommentarlos sahen Donne und die beiden anderen Männern zu, wie er sich abquälte. Mit langen, weitausholenden Schritten eilten sie voran, und zwangen ihn, sich ihrem Tempo anzupassen. Gundhalinu fand, hier könne Vhanu etwas Nützliches lernen.
    In den Eingeweiden des Starport-Wulstes kamen die Zonen geringer Schwerkraft an bestimmten Knotenpunkten vor. Man nutzte sie um schweres Material zu lagern und zu verarbeiten, das man sonst gar nicht von der Stelle hätte bewegen können. Hier gab es auch labyrinthartige Wohnquartiere; behelfsmäßige Buden klebten wie Nester hoch an den Wänden, zwängten sich in Spalten zwischen steil emporragenden Wällen, existierten in jeder Ritze, die sich in dieser grauen, hallenden, dämmrigen Maschinenlandschaft auftat. Hier hausten die niedrigsten gesellschaftlichen Schichten. Im Vorbeigehen sah er, wie ein Kind durch einen Spalt in einer provisorischen Tür lugte; sein Herz krampfte sich zusammen, und er sah rasch wieder weg. In Kharemough wurden die meisten Güter der Hochtechnologie für die Hegemonische Gemeinschaft produziert, und die Herstellung fand beinahe ausschließlich im Weltraum statt; das bedeutete, daß hier der größte Teil der Kharemoughis und Tausende von Zugewanderten lebten, zusammengepfercht auf engstem Raum, manchmal unter unvorstellbar primitiven Bedingungen. Nur die reichsten und mächtigsten Leute leisteten es sich noch, auf der Oberfläche des Planeten zu wohnen.
    Gundhalinu rieb sich die Arme, denn an Orten wie diesen herrschte eine beißende Kälte. Plötzlich blieben sie vor einer automatisch schließenden Pforte stehen, und Donne tippte einen Code ein. Über ihnen trieb ein Schleppzug vorbei, das dumpfe Dröhnen seiner Motoren hallte unheimlich von den überall vorkommenden metallischen Oberflächen wider.
    Andere Geräusche drangen in sein Bewußtsein: fernes Rufen, das Mahlen schwerer Maschinen, Schneidewerkzeuge kreischten, und Vibrationen, die eine so tiefe Frequenz ausschickten, daß er sie mehr mit dem Körper wahrnahm als hörte, verursachten ihm Zahnschmerzen. Hier wurde pausenlos gearbeitet, es herrschte ein ständiger Lärm, der zwar variierte, aber niemals aufhörte; die Geräusche im Ringwulst klangen verzerrt, und die zurückgeworfenen Echos hörten sich unnatürlich an, wie wenn an diesem Ort nicht nur die Schwerkraft, sondern auch die Schallwellen entstellt und verformt würden.
    Wie tolpatschige Schwimmer bewegten sie sich weiter, vorbei an Arbeitern, die wie Schatten in ihr Blickfeld drifteten, allein oder in kleinen Grüppchen, mit müden, ausdruckslosen Gesichtern und stumpfen Augen. Meterdicke Schienen eines Transportwegs führten zu einer Schleuse, die so gewaltig war, daß ein kleines Raumschiff hindurchgepaßt hätte.
    Unvermittelt stieg die Schwerkraft wieder an, und sie stolperten eine steile Treppe hinauf, um droben wieder zu taumeln und gegeneinanderzuprallen, weil die Gravitation genauso plötzlich nachließ. Als Gundhalinu Vhanu stützte, sah er Verwirrung in seinen Augen, die in Panik umzuschlagen drohte. »Es geht schon immer besser«, murmelte er. Vhanu nickte, atmete tief durch und bewegte sich ohne Hilfe weiter.
    Eine Rotte Unklassifizierter Arbeiter holte sie ein; Gundhalinu schnappte spöttisches Lachen und gemurmelte Beleidigungen auf. »Heh, frisches Fleisch!« grölte einer. »Soli ich dir vielleicht zur
Hand
gehen?« Jemand stieß Vhanu den Ellbogen in die Rippen und schleuderte ihn gegen eine Wand.
    Vhanu erlangte das Gleichgewicht wieder; seine Hand zuckte an die Tasche, in der er versteckt die Waffe trug, und auf seinem Gesicht malte sich blanke Wut. Gundhalinu schritt ein und hielt ihn zurück, während Zarkada den Angreifer packte und in die Gruppe seiner Kumpanen stieß. »Ich

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