Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt
werd' dir helfen, du Dreckskerl! Und wenn ich mit dir fertig bin, weißt du nicht mehr, wo vorn und hinten ist!« Tilhen rückte vor und stellte sich neben Zarkada.
»Heh, wir wollten doch nur einen Spaß machen, mehr nicht«, wiegelte der Arbeiter ab; mit erhobenen Händen tänzelte er rückwärts. »Willkommen in Kharemough, ihr ausgefurzten elitären Arschlöcher. Hoffentlich gefällt es euch hier. Fremde!« Er spuckte aus und verdrückte sich, während der Rest der Bande bereits das Weite suchte.
Eine Hand lässig in die Tasche geschoben, sah Gundhalinu ihnen hinterher; die Berührung der massiven Stunnerpistole beruhigte ihn. Die Stimmen der Arbeiter klangen schon wie aus weiter Ferne, ihr Lachen dröhnte noch als Echo durch den Schacht und verstummte dann ganz.
Donne ging weiter, und die anderen folgten ihr schweigend. Vhanu starrte in die Gesichter der Menschen, an denen sie vorbeikamen, wie wenn er nach etwas suchte und nicht fand. Gundhalinu merkte, daß er immer noch damit rechnete, man könnte an geringfügigen Unterschieden in ihrer Erscheinung erkennen, daß sie beide nicht hierher gehörten; keiner der Arbeiter würdigte ihn hingegen eines zweiten Blicks.
»Wie weit ist es noch, Donne?« fragte Gundhalinu, dessen Nervosität mit jedem Fremden, der vorbeikam, wuchs.
»Bis zur Speichersektion, gleich da drüben, Kommandant.« Donne zeigte in die Richtung.
Gundhalinu stieß sich von der Wand ab und riskierte einen schnelleren und weiteren Sprung. Das wiederholte er, ohne sich darum zu kümmern, ob die anderen ihm folgten; er konzentrierte sich auf zwei winzige rote Punkte, die ihre Position immer noch nicht verändert hatten.
Er konnte es nicht fassen, daß es so weit gekommen war; an einem solchen Ort mußte er seine Brüder suchen und sie wegen einer unglaublich dummen und abgefeimten Tat zur Rede stellen. Er spürte, wie blinder Zorn in ihm aufstieg und wie ein mörderisches Fieber in ihm wütete. Er dachte nur noch daran, wie er seine Brüder finden und bestrafen wollte. Dieses Mal würde er keine Rücksicht walten lassen, er mußte hart bleiben. Immer wieder hatte er sie gewarnt, diese undankbaren, törichten, ehrlosen Narren.
Er erreichte das Untergeschoß des Speichers. Nirgendwo waren Arbeiter zu sehen, der Platz schien seit Monaten nicht mehr betreten worden zu sein. Er spähte an der Gebäudefassade empor und sah auf der schmutziggrauen Metallfläche die rot und gelb leuchtenden Codes, die ihm jedoch nichts sagten. Das fünf Stoccwerke hohe Tor für Frachteingänge war geschlossen; aber über dem Boden befand sich, wie ein Rattenloch, ein schmaler Durchgang für Menschen. Er zückte den Stunner und prüfte noch einmal mit pedantischer Genauigkeit die Ladung der Batterie.
Ohne sich umzudrehen, merkte er, wie Donne und die anderen ihn einholten. Donne wollte ihn zurückhalten, als er sich anschickte, loszugehen; mit einem Blick bedeutete sie ihm, er solle lieber einen anderen vorlassen. Doch er schüttelte den Kopf. Das Kontrollpaneel neben der schmalen Tür zeigte an, daß sie unverschlossen war; als er gegen die schwarzgestrichene Fläche drückte, schwenkte sie kreischend nach innen auf und gab den Blick in eine finstere Höhlung frei. Vorsichtig, aber ohne zu zögern, trat er über die Schwelle. Sein Herz raste, sein Gehirn summte unter einem Adrenalin-stoß, aber dieser Zustand hatte nichts mit Angst zu tun. Seine weitausholenden Schritte erzeugten ein hohles Echo, das von den Geräuschen seiner Gefährten überlappt wurde.
»HK!« brüllte er, als er nichts sah und nichts hörte. »SB!« Die anderen folgten ihm durch eine grottenartige Lagerhalle, die halb voll war mit geheimnisvoll beschrifteten Fässern; danach gelangten sie in eine Kaverne, in der hausgroße Container gestapelt waren. Die grünen Lichter, die ihre Position in dem Gelände wiedergaben, holten die beiden stagnierenden roten Punkte unerbittlich ein. Wieder brüllte er die Namen seiner Brüder, ohne eine Antwort zu erhalten. Er fragte sich, was, im Namen von tausend Ahnen, sie tun mochten, warum reagierten sie nicht? Wieso liefen sie nicht fort? Sie rührten sich nicht vom Fleck, stumm, wartend, auf frischer Tat ertappt. Dennoch demütigten sie ihn zusätzlich, indem sie ihn zwangen, zu ihnen zu kommen.
Als er die nächste Lagerhalle betreten wollte, stieß er sich zu fest ab und prallte gegen den metallenen Türrahmen; der Schmerz blendete ihn vorübergehend, und er blinzelte. Die Hand, mit der er den Stunner
Weitere Kostenlose Bücher