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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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– gerade noch rechtzeitig entdeckte er die Registriernummer auf der Stirn des jungen Arbeiters, die ihn als einen Unklassifizierten kennzeichnete. Gundhalinu schluckte die Worte hinunter, die er hatte sagen wollen, und jählings malte sich auf den Zügen des Jungen nackte Angst ab; in einer Demutsgeste warf er sich flach auf den Boden. Gundhalinu blickte auf sein schwarzes, zerstrubbeltes Kraushaar hinunter und schwieg.
    Dem Gesetz nach durften Techniker und Unklassifizierte nicht direkt miteinander sprechen; es bedurfte eines Dolmetschers von mittlerem Rang, um eine Verständigung zu bewirken. Selbst eine Entschuldigung war beiden Seiten untersagt; und egal, wer recht hatte, der Unklassifizierte zog immer den kürzeren.
    »Paß doch auf, du dummer Bastard!« Ein Nontech-Vorarbeiter packte den Jungen am Kragen seines Overalls und zerrte ihn aus dem Weg. »Er bittet Sie um Vergebung, Kommandant-sathra«, sagte der Vorarbeiter und stieß den Jungen zur Seite; aufstöhnend prallte er mit dem Gesicht gegen eine Steinmauer, in die das Antlitz eines ihrer gemeinsamen Vorfahren eingemeißelt war.
    »Es war meine Schuld«, sagte Gundhalinu und zerknüllte das Papier in der Hand. Der junge Arbeiter schaute ihn an, und Gundhalinu sah, daß seine Wange blutete; auch auf der Wand war ein Blutfleck. Seine Augen blickten jetzt vollkommen teilnahmslos.
    »Nein, Sathra, er war schuld.« Der Vorarbeiter schüttelte den Kopf. »Du ...« Unter dem scharfen Anschnauzer zuckte der Junge zusammen. »Du bist gefeuert!« Der Junge ließ den Kopf hängen und ging fort, ohne sich einmal umzusehen.
    »Sir«, sagte der Vorarbeiter selbstgefällig; unter Bücclingen zog er sich zurück.
    »Danke«, murmelte Gundhalinu im Weitergehen, weil es von ihm erwartet wurde.
    »Götter!« stöhnte Vhanu und blickte dem jungen Arbeiter wütend hinterher. »Warum läßt man solche Leute überhaupt an diesen teuren Projekten arbeiten?«
    »Weil ihre Arbeitskraft fast nichts kostet«, antwortete Gundhalinu, während sie auf den Tram-Stop zusteuerten. »Vhanu, haben Sie sich schon einmal vorgestellt, wie es wäre, wenn Sie als Niedriggeborener leben müßten?«
    Vhanu sah ihn an. »Ganz gewiß nicht.«
    Gundhalinu drückte auf einen Leuchtknopf, um die Tram zu rufen. »Angenommen, Sie wären in eine niedrige Kaste hineingeboren worden. Glauben Sie, das würde Ihnen gefallen?«
    Vhanu lachte. »Lieber möchte ich sterben.«
    »Das dachte ich mir; früher habe ich genauso geredet.« Gundhalinu erinnerte sich an die Zeit, als seine eigenen Überzeugungen genauso felsenfest und simpel waren. Ihm fiel das Stück Papier wieder ein, das der Arbeiter ihm in die Hand gedrückt hatte. Er wandte sich ab und las, was darauf stand. Dann fing er an zu fluchen.
    »Was ist los, Kommandant?«
    Gundhalinu gab ihm die Nachricht. Vhanu las und prallte zurück, als er das geheime Symbol am Schluß der Botschaft erkannte. »Survey ...?« Verständnislos fragte er: »Was hat das zu bedeuten?«
    »Ärger.«
    Vhanu blickte den Korridor entlang, in dem der Tagelöhner verschwunden war. »Soll ich den Sicherheitsdienst benachrichtigen?«
    »Nein.« Gundhalinu nahm ihm den Zettel ab und zerknüllte ihn in der Faust. »Das ist eine Familienangelegenheit. Rufen Sie ein Shuttle, ich muß rüber nach Hub Zwei.«
    »In den Starport-Komplex? Und was wird aus dem Treffen mit Jarsakh-bhai und dem Aufsichtsrat? Außerdem wollten Sie ...«
    »Sagen Sie alles ab!« Die Tram kam, und er faßte nach dem Türgriff. »Sagen Sie ... sagen Sie, in der Familie sei ein Notfall eingetreten; dann haben Sie nicht mal gelogen.« Er stieg ein. »Ich melde mich bei Ihnen.«
    Vhanu zwängte sich durch die Tür, bevor sie sich schloß. »Kommandant.« Flüchtig berührte er Gundhalinus Arm. »Ich verstehe zwar nicht, was los ist, aber Sie sollten nicht allein gehen.«
    Gundhalinu nickte; er wußte nicht, ob er ärgerlich oder froh sein sollte, daß Vhanu ihn auf diesen Punkt ansprach.
    »Sind es wieder einmal Ihre Brüder?«
    »Ja.« Gundhalinu setzte sich hin, und die Tram fuhr ab. »Was haben sie getan?«
Dieses Mal.
    »Das weiß ich noch nicht, aber es muß schlimm sein. Es ist mir auch egal, was sie angestellt haben – bei allen unseren Ahnen, meine Geduld ist am Ende. Jetzt wird nichts mehr vertuscht. Ich lasse sie festsetzen und degradieren!« Aus trüben Augen sah er Vhanu an. »Ob ich das wirklich fertigbringe ...?«
    »Bis jetzt waren Sie immer nachsichtig«, entgegnete Vhanu ruhig.
    »Aber jetzt werde

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